CDU-Konzept zum Versandhandel

SPD erfreut über CDU-Abkehr vom Rx-Versandverbot, Grüne skeptisch

Berlin - 25.04.2018, 09:00 Uhr

Die SPD freut sich, dass die Union eine Alternative zum Rx-Versandverbot vorlegt, die Grünen sehen den Plan von Michael Hennrich (CDU) skeptisch. (Foto: dpa)

Die SPD freut sich, dass die Union eine Alternative zum Rx-Versandverbot vorlegt, die Grünen sehen den Plan von Michael Hennrich (CDU) skeptisch. (Foto: dpa)


In der SPD-Bundestagsfraktion kommt das neue Versandhandels-Konzept aus der Unionsfraktion gut an. CDU-Experte Michael Hennrich hatte vorgeschlagen, dass Kassen und EU-Versender statt dem Rx-Versandverbot Verträge abschließen und die Einsparungen an die Apotheken ableiten. SPD-Apothekenexperte Edgar Franke sieht die Forderungen seiner Fraktion erfüllt. Die Grünen werfen Hennrich vor, die Apotheker hintergangen zu haben und befürchten, dass die Verträge den Apothekern schaden könnten.

In der politischen Diskussionsrunde beim heutigen DAV-Wirtschaftsforum in Potsdam dürfte es wie so oft in den vergangenen anderthalb Jahren um den Versandhandels-Konflikt gehen. Der CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich hatte angekündigt, im Rahmen der Diskussion auf sein „neues“ Konzept hinzuweisen: Hennrich hatte zuvor erklärt, dass er vom Rx-Versandverbot abrücke und nunmehr Verträge zwischen Kassen und EU-Versendern favorisiere. Diese Verträge müssten die Versender verpflichtend abschließen, um versorgen zu dürfen. Die Kassen müssten ihre Einsparungen laut Hennrich an die Apotheken weiterleiten.

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Am gestrigen Dienstag hatte die Linken-Arzneimittelexpertin Sylvia Gabelmann als erste reagiert und den Vorschlag als „Kniefall vorm Versandfreund Jens Spahn“ bezeichnet. Nun hat auch der SPD-Gesundheitsexperte Edgar Franke reagiert. Franke ist Berichterstatter für Apothekenthemen in seiner Fraktion. Gegenüber DAZ.online begrüßte er, dass Hennrich nun vom Verbot abrückt. Er sieht die Forderungen seiner Fraktion aus der vergangenen Legislaturperiode nun erfüllt. „Ich begrüße ausdrücklich, dass die Union, in Person von Herrn Hennrich, nun endlich alternative Optionen zu einem geplanten Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aufzeigt.“

Franke: Verbot nicht durchsetzbar

Und weiter: „Schon vor über einem Jahr hat die SPD-Bundestagsfraktion mehrfach angemerkt, dass ein Verbot weder zeitgemäß noch rechtlich durchsetzbar ist. Stattdessen haben wir konstruktive und realisierbare Vorschläge für eine Neuordnung im Interesse der Patienten und der flächendeckenden  Versorgung  –  insbesondere im ländlichen Raum – auf den Tisch gelegt, die auch die Apotheken vor Ort stärken würden.“ Zur Erklärung: Gemeinsam mit seiner Fraktionskollegin Sabine Dittmar hatte Franke im vergangenen Jahr vorgeschlagen, Rx-Boni für alle Marktteilnehmer begrenzt zuzulassen und das Apothekenhonorar umzustrukturieren.

Franke erklärte zu seinen weiteren Plänen: „Wie nun auch Herr Hennrich, plädieren wir schon seit langem für eine Lösung der Bonusthematik über das fünfte Sozialgesetzbuch. Nun gilt es diese Option innerhalb der Koalition zu prüfen, um eine dauerhafte, rechtlich saubere und auch im Zeitalter der Digitalisierung angemessene Lösung zu erarbeiten.“ Allerdings könnte es sein, dass sich Franke hier zu früh freut. Denn erst vor wenigen Wochen erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der Union, Karin Maag, dass ihr das Rx-Versandverbot weiterhin eine Herzensangelegenheit sei. Und: Auch das Bundesgesundheitsministerium prüft weiterhin eine Umsetzung des Verbotes – schließlich steht es im Koalitionsvertrag.

Im Übrigen legt auch Franke mit diesem Statement einen Kurswechsel hin: Schließlich hatte auch der SPD-Politiker vor wenigen Wochen noch gesagt, dass er das Rx-Versandverbot nun umsetzen wolle, weil es im Koalitionsvertrag stehe.

Schulz-Asche: Union verspricht Apothekern das Blaue vom Himmel

Auch bei den Grünen gibt es grundsätzliche Zustimmung zu Hennrichs Kurswechsel: „Michael Hennrich erkennt im Interview mit DAZ.online völlig zu Recht, dass die aktuelle Situation untragbar ist: Seit eineinhalb Jahren passiert im Apothekenbereich nichts, weil sich die Union mit dem Versuch eines Verbots von einem Prozent des Marktes verschreibungspflichtiger Arzneimittel aufhält“, erklärte Kordula Schulz-Asche gegenüber DAZ.online. Allerdings sei auch der neue Vorschlag „rechtlich schwierig“.

Schulz-Asche verweist erneut auf das Honorar-Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi), das aus Sicht der Grünen „zwei ganz wesentliche Aussagen“ enthalte: „Erstens: 7600 von 16.000 Apotheken befinden sich in finanziellen Schwierigkeiten. Zweitens: Der Rx-Versandhandel hat mit dieser Situation nichts zu tun.“ So wie die Linken-Politikerin Gabelmann attackiert Schulz-Asche den CDU-Politiker aber auch für seine Wahlversprechen. „Anstatt verantwortungsvolle Politik zu betreiben, wird von der Union den Wählerinnen und Wählern das Blaue vom Himmel versprochen. Das ging im Bundestagswahlkampf sogar so weit, dass die CSU einen Brief an alle 3000 bayerischen Apotheken schrieb, in dem sie für das bei Apothekern beliebte Versandverbot warb und dabei um Spenden bat.“

Grüne: Hennrich-Vorschlag könnte Apotheken schaden

Was Hennrichs Vorschlag, die Kassen und die EU-Versender zu Verträgen zu zwingen, betrifft, ist Schulz-Asche skeptisch. „Schon von 2004 bis 2010 rechneten die ausländischen Versandapotheken über den von Hennrich ins Spiel gebrachten §140e SGB V direkt mit den Krankenkassen ab, erhielten hier jedoch im Gegenzug auch keine Herstellerrabatte in Höhe von 7 Prozent des Arzneimittelpreises. Die Situation ist heute jedoch eine andere: Ausländische Versandapotheken gehören dem Rahmenvertrag der Kassen und des Apothekenverbands mittlerweile an und erhalten den Herstellerrabatt. Außerdem gibt es ein EuGH-Urteil, in dem wettbewerbliche Benachteiligungen ausländischer Versender ausdrücklich gerügt wurden.“

Schulz-Asche befürchtet außerdem, dass die Apotheker mit solchen Verträgen eben nicht unterstützt würden, sondern dass sie ihnen schaden könnten. Denn der Spielraum für die Vergabe von Rx-Boni, aber auch der Anreiz von Kassen, besonders günstige Versorgungsverträge mit einzelnen Versandapotheken abzuschließen, sei heute noch viel größer als damals. Hennrich lasse es zudem offen, wie es technisch funktionieren soll, die Einsparungen zwangsweise an die Apotheken abzuleiten. Schulz-Asches Fazit: „Nachdem zu dem Rx-Versandverbot von der Union nie ein rechtlich machbares Konzept vorgelegt wurde, wäre ich daher auch hier sehr skeptisch, was die Umsetzung dieses neuen Vorschlages angeht.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Glatter Betrug schon vor jeder Verhandlung über RX

von Ratatosk am 25.04.2018 um 18:29 Uhr

Auch die schrumpfende SPD wird noch erkennen, daß alleine Großkapitalfunktionäre für eine Volkspartei nicht genügen.
Auch hier glatte Lüge, da im Koalitionvertrag anderes steht, aber für Politiker von CDU und SPD gilt wohl nur noch Eigenwohl. Die Wahlvorhersagen sprechen schon Bände.

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Hennrich

von Conny am 25.04.2018 um 10:13 Uhr

Lügenbaron ! Und die SPD? Diese Splitterpartei ist das Allerletzte! Aber wer Nahles wählt , was soll man von so einer Gurkentruppe erwarten.In einem Land indem ich gut und gerne lebte.

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Erfolgreich

von Christiane Patzelt am 25.04.2018 um 9:21 Uhr

die Apothekenlandschaft abrasiert, dass sich die SPD darüber freut, spricht Bände! Haben alle noch sehr viel Schröderblut in sich fließen, korumpierbarer Haufen, der sich Politiker nennt!
Es ist echt nicht zum Aushalten, wie sehr sich DocMorris schon in die Parteibücher geschrieben hat. Mein besonderer Dank geht an Frau Dittmar und Herrn Franke. Deren Gesichter werden auf jedes Kündigungsschreiben abgebildet, weil ich mir mein weibliches Personal nicht mehr leisten kann.

Aber Hauptsache wir feiern einmal im Jahr „equal-pay-day“ und beschweren uns dann über Großkonzerne, die Weibsvolk schlecht bezahlen und familienunfreundliche Arbeitszeiten und Pinkeln in Flasche „anbieten“. Kannste dir echt nicht ausdenken, is aber so...

Danke für wieder mal gar nichts!

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Benachteiligt

von Anita Peter am 25.04.2018 um 9:13 Uhr

"Außerdem gibt es ein EuGH-Urteil, in dem wettbewerbliche Benachteiligungen ausländischer Versender ausdrücklich gerügt wurden.“

So ist das heutzutage, wenn sich alle an die gleichen Spielregeln halten müssen, dann ist angeblich einer benachteiligt. Für die anderen Mannschaften in der Bundesliga gilt jetzt die Abseitsregel nicht mehr, nur noch für den FC Bayern, sonst sind die anderen benachteiligt.

Die Versender haben sogar Vorteile! Saudische Kapitalgeber, freie Einkaufskonditionen, kein pharmazeutisches Personal usw usw.....

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