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Keine „Gleichberechtigung“ beim Ertragen der Nebenwirkungen?
Die Probleme auf dem Weg zur Zulassung eines Verhütungsmittels für Männer scheinen vielschichtiger als bei anderen Medikamenten zu sein und werfen offenbar mehr Fragen auf als bei der Entwicklung eines Kontrazeptivums für Frauen. Aus Sicht der Zulassungsbehörden könnte sich beispielsweise die Frage stellen, ob eine gesunde Person ein Medikament einnehmen sollte mit dem Ziel, ein „Ereignis“ bei einem anderen Menschen zu verhindern.
Von einigen Wissenschaftlern wird der Verdacht geäußert, dass Männer bei der Beurteilung der Nebenwirkungen mehr „mit Samthandschuhen“ angefasst werden als Frauen. Beispielsweise nach dem vorzeitigen Abbruch einer der größten Studien zu einem hormonellen Kontrazeptivum für Männer, an der auch deutsche Wissenschaftler beteiligt waren. Man hatte 320 gesunden Freiwilligen alle acht Wochen 200 mg Norethisteronenanthat plus 1000 mg Testosteronundecanoat intramuskulär verabreicht. Das Ziel war, die Spermienanzahl auf unter eine Million pro Milliliter Samenflüssigkeit zu senken. Dieser Wert bildet die Grenze zur Unfruchtbarkeit. Trotz hoher Effektivität und guter Akzeptanz – mehr als 80 Prozent der Teilnehmer würden die Methode anwenden, wenn sie zugelassen wäre – wurde die Studie wegen häufiger Nebenwirkungen vorzeitig abgebrochen. Dazu zählten beispielsweise Akne, Lokalreaktionen an der Einstichstelle oder Depressivität. Einige Studienleiter sahen den vorzeitigen Stopp kritisch. Eine von ihnen sagte beispielsweise, dass zwar unerwünschte Wirkungen auftraten, sie jedoch mild waren und gut toleriert wurden. Ein anderer Wissenschaftler äußerte sich dahingehend, dass die Nebenwirkungen denen von Kontrazeptiva für Frauen ähnelten. Sind Männer vielleicht nicht gewillt, Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen? Der Androloge Prof. Michael Zitzmann aus Münster, der gemeinsam mit anderen Studienleitern den Stopp der Studie befürwortet hatte, erläuterte gegenüber der DAZ Anfang 2017, seine Meinung.
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Viele Forscher sind dennoch optimistisch, dass im Laufe der nächsten zehn Jahre ein Verhütungsmittel für Männer die Marktreife erlangt. Sie schätzen ein, dass das gesellschaftliche Klima eine gute Basis dafür bietet. „Unsere Gesellschaft entwickelt sich auf vielen Gebieten in Richtung mehr Gleichberechtigung. Und das ist der nächstliegende Schritt“, zitiert Sifferlin einen Probanden einer klinischen Studie für ein neues Kontrazeptivum. Viele Experten wünschen sich jedoch mehr Engagement vonseiten der Pharmafirmen. Denn die Studien sind kostspielig, weil nicht nur die Männer, sondern auch ihre Partnerinnen teilnehmen.
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