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Fremdkapital, Online-Rezepte, Homöopathie, Impfen in Apotheken
Das sind die wichtigsten Beschlüsse des Ärztetages für Apotheker
Der diesjährige Deutsche Ärztetag in Erfurt nähert sich am heutigen Freitagnachmittag seinem Ende. Die wichtigste Entscheidung mit Strahlkraft ins gesamte Gesundheitswesen dürfte sicherlich die Abschaffung des Fernbehandlungsverbotes in der Musterberufsordnung sein. Doch auch für Apotheker und die gesamte Arzneimittelbranche gab es einige wichtige Beschlüsse. Eine Übersicht.
- Ärzte wollen keine impfenden Apotheker. Als einer der letzten Beschlüsse des diesjährigen Ärztetages wurde am heutigen Freitagnachmittag beschlossen, dass der Ärztetag sich gegen das Impfrecht für Apotheker ausspricht. „Bis heute ist es juristisch nicht einmal
denkbar, dass geschulte Medizinische Fachangestellte (MFA) ohne ärztliche
Anwesenheit in der Praxis allein Impfungen verabreichen dürfen. Anaphylaxie,
Synkope, Lokalreaktionen sowie Angstreaktionen müssen adäquat beherrscht
werden", heißt es in dem Antrag. Außerdem würden während der „Apothekerausbildung" (gemeint ist das Pharmaziestudium) nicht ausreichend Kenntnisse vermittelt, die Apotheker für das Impfen bräuchten.
- Online-Beratungen erlaubt. Mit großer Mehrheit beschloss der Ärztetag eine Neufassung des § 7 Absatz 4 der (Muster-) Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte. Konkret soll die ausschließliche Fernbehandlung auch ohne vorherigem persönlichen Erstkontakt „in Einzelfällen“ und wenn es medizinisch-therapeutisch zu vertreten ist, erlaubt sein. Als nächster Schritt soll die vom Ärztetag beschlossene Neufassung in die rechtsverbindlichen Berufsordnungen der Landesärztekammern übernommen werden.
- Konkretisierung der Online-Behandlung. In weiteren Entschließungen bemühte sich der Ärztetag, die Rahmenbedingungen für die ausschließliche Fernbehandlung festzulegen. So sei es notwendig, Beratungen und Behandlungen aus der Ferne in die bestehenden Versorgungsstrukturen einzubinden. Die Abgeordneten des Ärztetages sprachen sich gegen den Aufbau eines neuen eigenständigen Versorgungsbereichs einer telemedizinischen Primärversorgung aus, insbesondere in Form kommerziell betriebener Callcenter. Ferner forderte der Ärztetag, dass die Fernbehandlung im vertragsärztlichen Sektor nur durch Vertragsärzte im Rahmen des Sicherstellungsauftrags erfolgt. „Kapitalorientierte Gesellschaften dürfen im vertragsärztlichen Sektor nicht in Konkurrenz zu Vertragsärzten treten oder gar Betreibereigenschaften für medizinische Versorgungszentren erhalten“, heißt es in einer Entschließung des Ärztetages. Mehrheitlich abgelehnt von den Delegierten wurde dagegen, so das Ärzteblatt weiter, die Ausstellung einer Krankschreibung per Telefon oder Videokonferenz bei unbekannten Personen.
- Streit um Online-Rezepte. Heftige Diskussionen gab es insbesondere um das Ausstellen von Arzneimittel-Verordnungen im Rahmen von ausschließlichen Fernbehandlungen: Dieser Punkt wurde nochmals an den Vorstand verwiesen. Nach einem Bericht des Ärzteblatts lehnte eine Mehrheit der Abgeordneten diese Option zunächst ab (Entschließungsantrag IV-03). Mit der Begründung, dass Fernbehandlung ohne die Möglichkeit der Therapie „eine Rolle rückwärts“ sei, wurde jedoch eine erneute Lesung beantragt. Es werde in Baden-Württemberg in Modellprojekten „heftig“ daran gearbeitet, auch Verschreibungen bei einem telemedizinischen Erstkontakt online zu ermöglichen, und das Sozialministerium habe dafür bereits grünes Licht gegeben. Diese Argumentation fruchtete offenbar: Mit 117 zu 91 Stimmen wurde der entsprechende Entschließungsantrag in 2. Lesung schließlich an den Vorstand überwiesen.
Homöopathie, mehr Macht in der gematik, Arzneimittel-Datenbanken
- Zusatzbezeichnung Homöopathie bleibt. Die ärztliche Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ wird es auch in Zukunft geben. Die Delegierten des Ärztetages beschlossen zwar eine ausführliche Novellierung der Musterweiterbildungsordnung, in der die Beibehaltung einiger Disziplinen beschlossen und die Aufnahme anderer Fachrichtungen abgelehnt wurde. Die Streichung der Homöopathie erfolgte trotz einer ausführlichen Debatte jedoch nicht. Die Kritiker-Gruppe „Münsteraner Kreis“ hatte sich im Vorfeld dafür ausgesprochen, Weiterbildungen in diesem Bereich zu stoppen. Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte sieht das anders. „Wir freuen uns, dass die deutsche Ärzteschaft den therapeutischen Nutzen und die ärztliche Weiterbildung in Homöopathie bestätigt hat“, erklärte Cornelia Bajic, Erste Vorsitzende des DZVhÄ. „Qualitativ hochwertige Studien belegen heute die Wirksamkeit der Homöopathie und haben dazu einen entscheidenden Beitrag geleistet“, so Bajic.
- Gegen die EU-Nutzenbewertung. Die Delegierten beschlossen einen Grundsatzantrag des BÄK-Vorstandes, in dem sich die Mediziner gegen die EU-Nutzenbewertung für Arzneimittel und Medizinprodukte aussprechen. Die EU-Kommission hatte vor einigen Wochen einen Richtlinienentwurf vorgelegt, nachdem es in der EU nur noch eine, für alle Mitgliedstaaten verbindliche Nutzenbewertung geben soll. Aus Sicht der Ärzte überschreite die EU hier ihre Kompetenzen.
- Vereinheitlichung von Arzneimittel-Datenbanken. Spannend ist auch die beschlossene Forderung nach einer „Harmonisierung“ der Arzneimittel-Datenbanken. Die Mediziner beschweren sich darüber, dass die vielen Datenbanken-Anbieter zu viele unterschiedliche, teils divergierende Versionen im Markt haben. Es müsse ein Gesetz geschaffen werden, mit dem Anbieter und Behörden verpflichtet werden, ihre Informationen und Datenbanken zu vereinheitlichen.
- Mehr Macht für Apotheker und Ärzte in der gematik. Die Mediziner fordern außerdem neue Entscheidungsstrukturen in der gematik, also der Gesellschaft, in der Leistungserbringer und Kassen zusammenkommen, um die Digitalisierung des Gesundheitswesens zu erarbeiten. Beide Bänke haben bislang jeweils 50 Prozent Stimmrecht, was aus Sicht der Ärzte zu häufigen Blockaden bei Abstimmungen führt. Die Ärzte fordern nun, dass die Mehrheitsverhältnisse zu Gunsten der Heilberufler verschoben werden.
Gegen Großkonzerne, neues Arztinformationssystem
- Weniger Fremdkapital im Gesundheitswesen. In einem Grundsatzantrag, der unter anderem vom CDU-Bundestagsabgeordneten Rudolf Henke ins Spiel gebracht wurde, fürchten sich die Mediziner vor einem zu großen Einfluss von Großkonzernen im Gesundheitswesen. „Freiberuflichkeit statt Konzernbildung“ heißt der Antrag, in dem der Gesetzgeber aufgefordert wird, einer Entwicklung „Einhalt zu gebieten“, bei der die „Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten in den Hintergrund treten könnten gegenüber den Renditeinteressen von Konzernen, die zum Beispiel auch Medizinprodukte- und Arzneimittelherstellung betreiben oder ausschließlich Renditechancen suchen“. Beispiele dafür sehen die Mediziner im Laborbereich, bei der Dialyse, aber auch in der Radiologie und in der Augenheilkunde.
- Neutrales Arztinformationssystem. Zum geplanten Arztinformationssystem, mit dem die Ärzte schneller an die Beschlüsse zur Nutzenbewertung neuer Arzneimittel kommen sollen, haben die Mediziner ein klares Statement abgegeben: „Es sollte gewährleistet werden, dass nur unabhängige, verständliche und übersichtliche Informationen zur Nutzenbewertung neuer Arzneimittel abgebildet werden. Die Gestaltung des AIS muss eine Zweckentfremdung als Instrument zur Verordnungssteuerung unterbinden.“
5 Kommentare
Homöopathie
von Stefan H. am 08.06.2018 um 0:46 Uhr
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Kommentar von Udo Endruscheit zu Frau Bajic
von Rumpelstilzchen am 13.05.2018 um 12:15 Uhr
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Beschlüsse des Apothekertags für Ärzte ?
von Alfons Neumann am 13.05.2018 um 2:23 Uhr
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Was mag sich der Ärztetag gedacht haben - Frau Bajic spielt Gedankenlesen...
von Udo Endruscheit am 11.05.2018 um 19:30 Uhr
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AW: Was mag sich der Ärztetag gedacht haben
von F. - U. Bünder am 13.05.2018 um 20:28 Uhr
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