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Interview mit der „Apotheken Umschau“
Friedemann Schmidt erklärt das Apothekensterben
Warum sinkt die Apothekenzahl immer weiter? Ist es wirklich der Versandhandel, dessen zunehmende Marktanteile die Apotheken erdrücken? Sind es die „aussterbenden“ Landärzte? Im Interview mit der „Apotheken Umschau“ erklärt ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, warum es aus seiner Sicht zum „Apothekensterben“ kommt. Einen einzelnen Grund sieht auch Schmidt nicht, in jedem Fall sei aber die Politik mitverantwortlich. Und: Wenn die Apotheker nicht wieder an ihre eigene Zukunft glauben, werde der Versandhandel das Feld übernehmen.
Dass die Apothekenzahl seit Jahren sinkt, ist unumstritten: Während es 2010 noch mehr als 21.400 Apotheken in Deutschland gab, lag die Zahl im vergangenen Jahr bei 19.748 – der tiefste Stand seit 1990. Die Apothekenzahl sinkt regional unterschiedlich schnell, einige ländliche Regionen sind besonders betroffen, wie etwa Baden-Württemberg oder Schleswig-Holstein, wo etwa 10 Prozent der Apotheken weggefallen sind, teils auch für die Versorgung immens wichtige Solitärapotheken.
Über die Ursachen dieser Entwicklung wird gestritten. Die Apotheker machen auch den Versandhandel dafür verantwortlich, weil zumindest die EU-Versender nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung preislich gesehen freie Fahrt haben. In der Tat konnte beispielsweise DocMorris sowohl im Rx- als auch im OTC-Bereich in den vergangenen Monaten stark zulegen. Der Marktanteil des Versandhandels im Rx-Bereich liegt aber nach wie vor bei rund einem Prozent. Die EU-Versender selbst bestreiten auch, dass sich das groß ändern wird und behaupten, dass es andere, teils gesellschaftliche Gründe für die sinkende Apothekenzahl gibt, wie etwa die demografische Entwicklung, den Weggang der Ärzte aus ländlichen Regionen oder der zu hohe Wettbewerbsdruck innerhalb der Apothekerschaft.
Schmidt: Apotheker finden keine Nachfolger
In einem Interview mit der „Apotheken Umschau“ hat ABDA-Präsident Friedemann Schmidt nun seine Sicht der Dinge erklärt. Einer der Gründe, warum die Selbstständigkeit nicht mehr so attraktiv wie früher für die Pharmazeuten ist, liegt aus seiner Sicht in einer demografischen Entwicklung. „Die Apotheker der Babyboomer-Generation nähern sich dem Rentenalter und finden oft keine Nachfolger“, erklärt der ABDA-Präsident. Auch qualifizierte Fachkräfte wie pharmazeutisch-technische Assistenten und pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte seien zunehmend schwerer zu finden. Durch den Ärzteschwund werde das noch weiter verschärft.
Ein großes Problem sieht der ABDA-Präsident aber auch in der gesellschaftlichen Debatte rund um das Thema „Apotheke“. Schmidt wörtlich: „Während in der Öffentlichkeit noch immer die Mär von den Apothekenpreisen kursiert, sind wir schon lange von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt.“ Und weiter: „Kein Wunder, dass junge Kollegen kein Vertrauen mehr in die Zukunft haben.“ Hinzu komme immer häufiger die Diskussion, „wozu es denn überhaupt noch Apotheken vor Ort braucht, wo man doch heute alles im Internet bestellen kann.“
Schmidt: Mehr Perspektiven für Selbstständige
Eine große sachliche Baustelle sieht Schmidt nach wie vor in dem Zustand, der sich durch das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung ergeben hat. Immer noch hofft der ABDA-Präsident auf die Umsetzung des Koalitionsvertrages, in dem Union und SPD festgehalten hatten, dass sie sich für ein Rx-Versandverbot einsetzen wollen. „Um bei rezeptpflichtigen Medikamenten wieder einheitliche Preise herzustellen, brauchen wir ein generelles Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel“, so Schmidt.
Diese Forderung der Apotheker hat die Politik aber nach wie vor nicht umgesetzt. Vielleicht auch deswegen kommt der ABDA-Präsident zu dem Schluss, dass die Politik zumindest eine Teilschuld an der sinkenden Apothekenzahl hat. „Wenn so viele Apotheker keine Perspektive mehr für eine Existenz als Selbstständige sehen, liegt das nicht nur am scharfen Wettbewerb, sondern leider auch an den politischen Rahmenbedingungen“, erklärt der ABDA-Präsident in dem Interview.
„Sonst haben wir dem Versand bald nichts mehr entgegenzusetzen“
An den neuen Bundesgesundheitsminister hat Schmidt aber noch
weitere Forderungen: „Neben der Beschränkung des Versandhandels auf
verschreibungsfreie Medikamente
brauchen wir neue Modelle, wie
sinnvolle zusätzliche Versorgungsleistungen der Apotheken finanziert werden
können. Und wir brauchen mehr Ausbildungsplätze für den Nachwuchs.“ Der Apothekerberuf
müsse für junge Leute wieder attraktiver werden. Und weiter: „Ohne Vertrauen in
die Zukunft werden wir dem Versandhandel bald nichts mehr entgegensetzen
können.“ Wie die Apotheker dieses Vertrauen zurückgewinnen sollen, dazu äußert sich Schmidt nicht.
Im Umschau-Interview kommt auch Apotheker Erik Modrack zu Wort, der im Vorstand der Landesapothekerkammer Hessen sitzt. Auch Modrack warnt davor, dass der Versandhandel die Funktion der Apotheken insbesondere in ländlichen Regionen immer weiter übernehmen will: „Der Versandhandel braucht das Apothekensterben, damit dann in unterversorgten Gebieten ein Markt für ihn entsteht“, sagt er. „Daher ist jedes vor Ort eingelöste Rezept auch eine Stimme für die Apotheke vor Ort.“
5 Kommentare
Friedemann und das Vertrauen
von Heiko Barz am 16.05.2018 um 17:23 Uhr
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Apothekensterben
von Dr. Schweikert-Wehner am 16.05.2018 um 10:44 Uhr
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Apotheker ist plural und zielt auf den Apothekerstand
von Mehr Mut zur Gemeinschaft am 16.05.2018 um 9:31 Uhr
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Der Fisch stinkt vom Kopf !!!
von Thorsten Dunckcel am 16.05.2018 um 9:21 Uhr
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Mein lieber FS,
von gabriela aures am 15.05.2018 um 22:34 Uhr
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