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8. Juni 2018
Als eine der größten politischen Forderungen der Apotheker sieht der bayerische Kammerpräsident Thomas Benkert das Rx-Versandverbot. Deshalb empfahl er auf der Kammerversammlung den Apothekerinnen und Apothekern ausdrücklich, die Online-Petition von Apotheker Christian Redmann zu unterzeichnen, die zum Ziel hat, dass sich der Bundestag mit dem Rx-Versandverbot befassen soll. Auch Apothekerin Jutta Rewitzer setzt sich vehement dafür ein, die 50.000 notwendigen Unterschriften so rasch wie möglich zu erreichen, „um dem Minister auch zu zeigen, wir sehr wir dahinter stehen.“ Mein liebes Tagebuch, wie wahr! Wenn wir Apothekers nicht einmal selbst die paar Unterschriften zusammenbekommen, dann sieht das nicht besonders gut aus. Allerdings, es gibt Gegenwind aus den eigenen Reihen: Die ABDA selbst hat ihre Unterstützung für die Online-Petition verwehrt. Man kann es schier nicht glauben: ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sagte, dass eine Petition nicht das richtige politische Mittel sei. Mein liebes Tagebuch, kann man es noch hasenfüßiger ausdrücken? Oder ist Schweigen vielleicht besser? Und was weitergehende Protestaktionen für ein Rx-Versandverbot angeht, die einige bayerischen Apothekerinnen und Apotheker in die Diskussion einbrachten, so will man in der bayerischen Verbandsetage nichts davon wissen. Verbandschef Hans-Peter Hubmann ist überzeugt, dass Protestmaßnahmen „genau den Druck erzeugen würden, den wir nicht brauchen“. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe den Apothekern bislang in keinem Punkt eine Absage erteilt, so Hubmann, es gebe derzeit daher keinen Anlass für solche Maßnahmen. Mein liebes Tagebuch, das kann man so glauben, muss man aber nicht. Ist denn Spahns Hinhalten, Untätigkeit und Vertrösten auf den Sankt-Nimmerleinstag nicht Grund genug? Was wären denn die richtigen Maßnahmen à la Hubmann? Kuschelkurs mit Spahn? Ich bezweifle, dass Stillhalten und Duckmäusertum uns weiterhilft. Wenn man sieht, wie Ärzteverbände agieren, welche Forderungen dort erhoben werden oder wie man gar bei Tarifverhandlungen agiert, kann das nur heißen: Die Politiker verstehen diese Sprache, aber sicher nicht die vornehme Zurückhaltung.
Andererseits, wer jetzt glaubt, Hubmann kuschelt gerne, der irrt – jedenfalls wenn es um den GKV-Spitzenverband geht, da kennt er kein Pardon. Den nämlich will er gleich ganz abschaffen: „Lösen Sie diesen Spitzenverband auf“, tönte er vollmundig auf dem Bayerischen Apothekertag in Augsburg und sonnte sich im Beifallsgewitter. Das kann man ja auch nur beklatschen, wenn man so einen Verband auflösen will, der den Apothekenmarkt völlig umkrempeln, das Fremd-. und Mehrbesitzverbot abschaffen und darüber hinaus noch 1 Milliarde einsparen will. Na ja, mein liebes Tagebuch, das machen Bayern und auch die Franken schon mal ganz gerne: So richtig auf den Tisch hauen, solange nur der Tisch wackelt und es niemandem richtig weh tut. Auch Hubmann weiß, dass so eine Forderung politischer Ulk ist und nichts mit der Realität zu tun hat, aber einfach gut ankommt. Ehrlich gesagt, mein liebes Tagebuch, es hätte uns allerdings schon wesentlich besser gefallen, wenn er öffentlichkeitswirksam die Online-Petition unterzeichnet hätte. Das ist glaubwürdiges Einstehen für die Sache und nicht nur Polittheater.
Auch beim Bayerischen Apothekertag dabei: Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD. Zum Thema GKV-Positionspapier und seinen Forderungen, beim Apothekenhonorar 1 Milliarde einzusparen, nahm sie die ABDA in die Pflicht: „So ein Papier hätte ich auch gerne einmal von der ABDA. Ich kenne keine ausgearbeiteten Vorschläge aus den Reihen der ABDA, wie man sich das Honorar vorstellt.“ Mein liebes Tagebuch, wie wahr. Wo bleiben denn endlich die richtungsweisenden Vorschläge, wo’s mit unserem Honorar langgehen soll? Da hilft auch das Stammeln von Hubmann nicht weiter, der Dittmar nur kleinlaut antworten konnte, dass die AG Honorierung bei der ABDA seit sieben Jahren an neuen Vergütungsideen arbeite. Man komme Schritt für Schritt voran. Mein liebes Tagebuch, seit sieben Jahren! ist das der ewige Marsch der Honorierungs-AG in die Wüste von Absurdistan? Irgendwie nicht befriedigend, oder?
Neuer Name, neuer Schwung: Der Bundesverband klinik- und heimversorgender Apotheker (BVAK) hat sich umbenannt und heißt nun Bundesverband der Versorgungsapotheker (BVVA). Grund für die Renovierung: Der Verband hat sein traditionelles Aktionsfeld der Klinik- und Heimversorgung erweitert, hinzugekommen ist die Palliativ- und Substitutionsversorgung. „Wir kümmern uns um alles, was die Apotheke abseits der normalen Offizin übernimmt – ausgenommen die Zyto-Versorgung“, erklärte es der Verbandsvorsitzende Klaus Peterseim. Sein Verband wolle auch Ideengeber und Motor in der strategischen Weiterentwicklung des Berufsstands in der Spezialversorgung sein. Und zur Digitalisierung setzt Peterseim seine eigene Meinung gleich obendrauf und zitiert den BAK-Präsident Kiefer, der meint, nach dem Beschluss der Bundesärztekammer zur ausschließlichen Fernbehandlung ändere sich bei Apotheken nichts, da ja keine Rezepte ausgestellt würden. Damit liegt Kiefer wohl falsch, meint Peterseim. Er ist viel mehr davon überzeugt dass es das Papierrezept nicht mehr lange geben wird, vielleicht noch bis Weihnachten, aber viel länger nicht mehr. Mein liebes Tagebuch, vielleicht auch noch bis Weihnachten 2019 – aber, im Ernst, es wird sich mit Sicherheit hier bald einiges bewegen. Und die Apotheker sollten Konzepte haben, wie sie mit diesen Entwicklungen umgehen, auch mit Telemedizin und der elektronischen Patientenakte. Genau so ist es, Herr Peterseim. Der BVVA könnte da Schwung hineinbringen, nein, er sollte!
11 Kommentare
Ronald Reagan‘s Ausruf ...
von gabriela aures am 10.06.2018 um 18:49 Uhr
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H.MÜLLER
von Dr.Diefenbach am 10.06.2018 um 17:00 Uhr
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ABDA Haushalt/G.Möller
von Dr.Diefenbach am 10.06.2018 um 16:51 Uhr
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Klare Kante!
von Gunnar Müller, Detmold am 10.06.2018 um 15:14 Uhr
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Ein Knaller der Woche fehlt noch ...
von Reinhard Herzog am 10.06.2018 um 13:19 Uhr
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AW: Ein Knaller der Woche fehlt noch
von Karl Friedrich Müller am 10.06.2018 um 13:42 Uhr
AW: So´ne und solche Knaller der Woche
von Wolfgang Müller am 10.06.2018 um 20:58 Uhr
Knaller
von Reinhard Rodiger am 10.06.2018 um 10:57 Uhr
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H.Ströh
von Dr.Diefenbach am 10.06.2018 um 9:50 Uhr
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Feuerwerk
von Ulrich Ströh am 10.06.2018 um 9:01 Uhr
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Erstes Landarzt-Gesetz im NRW-Landtag eingebracht
von Thesing-Bleck am 10.06.2018 um 8:36 Uhr
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