Modellprojekte bei Opioid-Missbrauch

Nasales Naloxon als Take-Home für Laien

Stuttgart - 21.06.2018, 13:10 Uhr

In den USA wurde nasales Naloxon
schon im November 2015 zugelassen,
im Februar 2016 kam es auf den US-Markt und seit Oktober 2016 ist es in Kanada
sogar ohne Verschreibung erhältlich. (Foto: ZUMA Press / imago)  

In den USA wurde nasales Naloxon schon im November 2015 zugelassen, im Februar 2016 kam es auf den US-Markt und seit Oktober 2016 ist es in Kanada sogar ohne Verschreibung erhältlich. (Foto: ZUMA Press / imago)  


Fördert ein Naloxon-Nasenspray ein riskantes Konsumverhalten?

Dirk Schäffer von der Deutschen Aids-Hilfe kann den Einwand, dass mit dem Verbreiten von Naloxon auch ein riskanterer Konsum befördert werden könnte, nicht ganz von der Hand weisen. Es sei jedoch von Einzelfällen auszugehen. Dass sich dadurch viele tödliche Überdosen verhindern lassen, überwiegt für ihn bei den Argumenten.

Das Niveau an Drogentoten beschreibt Schäffer gegenüber der dpa als „unerträglich hoch“, obwohl das Hilfesystem in Deutschland gut ausgebaut sei – 1333 Menschen starben in Deutschland 2016 an einer Überdosis. Wie bereits in den Vorjahren war vor allem der Konsum von Opioiden/Opiaten allein oder in Verbindung mit anderen Drogen/Substanzen todesursächlich. 2017 waren es immer noch 1272 Drogentote.

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Eigentlich müsse in jedem Haushalt, in dem Opioide konsumiert werden, ein Notfallmedikament bereitstehen, sagte Ärztin Kerstin Dettmer. Damit Naloxon hierzulande aber breiter und auch von Laien eingesetzt werden kann, reiche die neue Darreichungsform als Nasenspray allein nicht. Es müsste auch die Verschreibungspflicht aufgehoben werden, damit auch Ersthelfer wie Angehörige, Sozialarbeiter oder Pflegekräfte wirklich helfen können.  

Das Naloxon-Nasenspray allein reicht nicht

Die Deutsche AIDS-Hilfe begrüßt zwar die Modellprojekte, betont aber auch die Notwendigkeit von Drogenkonsumräumen in Städten wie München, Nürnberg und Augsburg. Die CSU lehnt dies aber weiterhin ab. Bislang habe noch niemand einen Nachweis führen können, dass Drogenkonsumräume die Zahl der Drogentodesfälle senken, heißt es.

Auch die Substitution mit Methadon als Ersatzdroge soll weiter verbessert werden. 



dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Take home message

von norbert brand am 22.06.2018 um 8:26 Uhr

das Problem ist nicht, daß bis jetzt das Antidot Naloxon nicht ausreichend verfügbar war, nein, das Problem ist nach wie vor, daß Opioide als Drogen mißbraucht werden. A la longue wird dieses Nasenspray keinen einzigen Drogentoten weniger bringen. Im Gegenteil, man kann munter weiter spritzen, denn jetzt kann ich mich dank Naloxon "zurückbeamen" (lassen).

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Take home message - Abusus non tollit usum...

von Andreas P. Schenkel am 24.06.2018 um 18:51 Uhr

... sed confirmat substantiam. Sagt der Lateiner auf schlau. Und meint damit:
Missbrauch hebt den echten Gebrauch nicht auf, welcher hier, soweit ich das richtig verstanden habe, die Applikation des Nasensprays durch einen Ersthelfer sein soll, durchgeführt am in Not geratenen Opioid-Konsumenten. Doppelkonsum wie beschrieben wird es sicherlich auch geben. Vor Jahrzehnten pflückten einige Jugendliche im kilometerweiten Umkreis um die Apotheke meines Vaters den Omas die Geranien einer bestimmten Farbe aus den Fensterkästen und Vorgärten, weil irgendein Granatensimpel verbreitet hat, dass man einen krassen Trip erlebt, wenn man die Dinger rauche. Einer der Leichtgläubigen wurde von seinen panischen Kumpels in präkomatösen Zustand (sehr wahrscheinlich Kohlenmonoxid aus der Verschwelung) in die Apotheke geschleppt und hat es gerade so überlebt. Merke: Es gibt immer einen, der auf eine weitere bescheuerte Idee zum High-werden kommt.

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