Experten fordern Weiterentwicklung

Brauchen innovative Arzneimittel innovative Zulassungsverfahren?

Remagen - 22.06.2018, 15:45 Uhr

Arzneimittelentwicklung hat sich verändert, müssen sich deswegen auch die verfahren zur Zulassung ändern? (Foto: imago)

Arzneimittelentwicklung hat sich verändert, müssen sich deswegen auch die verfahren zur Zulassung ändern? (Foto: imago)


Vorteile eines strengen regulatorischen Systems

Interessanterweise forderten jedoch viele große Hersteller von Originalarzneimitteln einen gemäßigteren Kurs, schreibt Pharma Boardroom weiter. Die Pharmaindustrie sehe auch klare Vorteile eines effizienten, strengen regulatorischen Systems, wie das der FDA, denn damit kämen Therapien mit einem gewissen Maß an Sicherheit und Wirksamkeit auf den Markt. „Die Menschen argumentieren häufig, die FDA sei zu restriktiv“, erklärt Roger Perlmutter, Leiter der Abteilung für Forschung und Entwicklung von MSD. „Aber wir haben eigentlich das Gefühl, dass die Balance stimmt, denn wir halten es für ausnehmend wichtig, dass die Arzneimittel ein gut charakterisiertes Nutzen-Risiko-Profil besitzen.“ 

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FDA zum Umdenken bereit

Wie auch immer, die Einsicht, dass es so wohl nicht weiter gehen kann, ist auch bei den Zulassungsbehörden vorhanden: „Wir müssen dringend etwas tun, um den gesamten Prozess kostengünstiger und effizienter zu gestalten“, sagt FDA Commissioner Scott Gottlieb. „Andernfalls werden wir den praktischen Nutzen des wissenschaftlichen Fortschritts in Form von neuen und besseren Medikamenten nicht realisieren können. Wir akzeptieren, dass Business as usual keine Lösung mehr ist und dass wir uns als Organisation entwickeln müssen, um mit den neuesten Trends Schritt zu halten“, fügt der Chef der US-Zulassungsbehörde an. Deshalb engagiere sich die FDA für die Modernisierung der Art und Weise, in der klinische Daten erhoben werden. Hierbei hält Gottlieb den vermehrten Einsatz adaptiver Ansätze mit kombinierten Studien-Phasen oder nahtlose Studien ebenfalls für vorstellbar. 

Auch in Europa ist diese Idee übrigens nicht neu. So hat die Europäische Arzneimittelagentur bereits im März 2014 ein Pilotprojekt zu adaptiven Wegen (adaptive pathways) für die Arzneimittelentwicklung und die Generierung klinischer Daten auf den Weg gebracht. Hiermit sollen zunächst Arzneimittel für einen ungedeckten medizinischen Bedarf schneller zum Patienten kommen.

Kritiker wie beispielsweise der stellvertretende Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Stefan Lange, warfen ein, dass hiermit der bestehende Zulassungs-Konsens aufgekündigt würde und hoch verzerrte Daten entstehen könnten.  Wenn die Arzneimittelbehörden mit Konzepten wie „Adaptive Pathways“ schnelle Zulassungen zum Regelfall machen wollen, gefährdeten sie die Sicherheit, so Lange im Interview mit DAZ.online.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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