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24. Juli 2018
Er ist zufrieden, unser ABDA-Präsident, damit, wie der Valsartan-Rückruf verlaufen ist: „Dieser Rückruffall ist im Vergleich auch sehr gut, sehr eindeutig und sehr schnell verlaufen. Das war in der Vergangenheit nicht immer so“, sagt Friedemann Schmidt im Gespräch mit der Leipziger Volkszeitung. Mit welchem anderen Rückruffall er ihn vergleicht, sagt er zwar nicht, aber immerhin gut, eindeutig und schnell ist er verlaufen. Mein liebes Tagebuch, er meint natürlich nur unseren Einsatz in den Apotheken, und der klappte wirklich ratzfatz. Aber das ist schließlich unser Job, das muss so laufen. Insofern ein nettes Eigenlob. Allerdings hakte es auf anderen Ebenen, etwa bei den Infos aus dem BfArM, die Konfusion bei manchen Herstellern, die Unklarheiten, wo und wie lange die belasteten Chargen überhaupt verarbeitet wurden, dann die mangelnde Information der Ärzte, die zwar ihren Patienten etwas raten sollten – weiter einnehmen, absetzen oder umstellen –, aber keine Grundlagen für eine Entscheidung hatten, und nicht zuletzt die widersprüchlichen Infos in der Tagespresse. Aber dies alles trifft nicht die Apotheker und insofern, ja, bei uns ist’s gut gelaufen. Was der Präsident der Leipziger Volkszeitung in diesem Gespräch auch sagt: Die Hersteller konnten nicht sofort sagen, ob ihre Ware betroffen ist, weil Wirkstoffe auch oft über Zwischenhändler bezogen werden. Das vorhandene Valsartan wird nicht ausreichen, alle Patienten umzustellen. Die wenigen europäischen Produktionsstätten werden nicht so schnell liefern können – da ist Schmidt zurecht nicht sehr optimistisch. Auf diesem Gebiet habe man heute fast schon eine Monopolsituation, „das ist keine gute Entwicklung“, so Schmidt. Und er rechnet mit weiteren Rückrufen dieser Art, weil die Qualitätsprobleme mit Arzneimitteln größer werden, letztlich eine Folge des Preisdrucks. Der ABDA-Präsident: „Wir haben mittlerweile eine Menge Wirkstoffe in Deutschland, bei denen die Krankenkassen im Cent-Bereich pro Tablette bezahlen. Das ist sehr, sehr wenig und hat auch negative Auswirkungen auf die Qualität.“ So ist es, mein liebes Tagebuch. Alles richtig. Und wenn solche Statements nicht nur auf Einladung und Nachfrage der Leipziger Volkszeitung zustande kämen, sondern von der ABDA selbst und eigeninitiativ mal in die Welt gesandt würden, hätten wir eine aktive Standespolitik.
Übrigens, mein liebes Tagebuch, von wegen alles halb so schlimm. Mittlerweile gibt es Untersuchungsergebnisse aus dem Zentrallaboratorium der Deutschen Apotheker und eine vorläufige Stellungnahme der Arzneimittelkommission zum toxikologischen Risiko der NDMA-Verunreinigungen. Das Risiko der Einnahme der verunreinigten Valsartan-Präparate ist besorgniserregend hoch, eine weitere Exposition ist unbedingt zu vermeiden. Dank an die Arbeit des ZL! Mein liebes Tagebuch, ob das in der Politik und bei Krankenkassen einen Umdenkungsprozess einleitet? Ich bin mir da immer noch nicht sicher. Es wird noch schlimmer kommen müssen.
Unser lieber Herr Spahn, ein Wirbelwind. Nach dem Motto „Nicht nur reden, sondern handeln“ hat er flugs sein „Terminservice-und Versorgungsgesetz“ (TSVG) auf den Weg gebracht, als Omnibusgesetz. Das heißt, er hat dem Gesetzentwurf noch ein paar andere Regelungen huckepack mit drauf gesetzt. Gut möglich, dass er dabei den Omnibus zu wörtlich genommen hat: Den Kassenärztlichen Vereinigungen will er u. a. die Möglichkeit geben, mobile Praxen und Patientenbusse durch die Gegend zu schicken. Mein liebes Tagebuch, sie blitzen immer wieder auf, die Busse. Hat Spahn die Idee von seinem DocMorris-Freund übernommen? Oder stehen Busse schlechthin für Flexibilität, Mobilität und gehören sie zu der Universallösung von Politikern gegen die Unterversorgung auf dem Land? Wir wissen es nicht. Fakt ist, die Idee treibt sie um. Und wenn wir nicht wollen, dass schon bald Flotten von Apothekerbussen durchs Land rollen sollen, dann sollte sich unsere Standespolitik mal genauso flugs Gedanken dazu machen, wie man den Botendienst der Apotheke besser und flexibler aufstellt (weg mit dem alten Zopf des „begründeten Einzelfalls“), wie man Fragen der Rezeptsammelstellen besser regelt und wie man telepharmazeutische Angebote salonfähig macht.
Spahn hat seinem TSVG aber auch Regelungen mit auf den Weg gegeben, die uns Apothekers unmittelbar angehen. So soll beispielsweise das Großhandelsfixum von 70 Cent nicht für Rabatte freigegeben werden. Was Spahn bei seinem Omnibusgesetz vergessen hat: das Rx-Versandverbot! Na sowas, mein liebes Tagebuch, wie kann er nur! Das wäre die Gelegenheit gewesen, wenn er’s ernst gemeint hätte. Ach ja, das Omnibusgesetz wäre auch eine tolle Gelegenheit gewesen, die Importquote abzuschaffen. Hoffen wir, dass dieser Bus noch nicht abgefahren ist.
19 Kommentare
Hmhm
von Peter Lahr am 30.07.2018 um 10:20 Uhr
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Pararealitäten.
von Reinhard Rodiger am 29.07.2018 um 15:18 Uhr
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Fakten zählen ...
von Reinhard Herzog am 29.07.2018 um 14:14 Uhr
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AW: Fakten zählen
von Wolfgang Müller am 29.07.2018 um 14:50 Uhr
Was ist eigentlich noch Arzneimittelsicherheit?
von Heiko Barz am 29.07.2018 um 12:06 Uhr
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AW: Aus niedrigstpreisigen Rabattpresslingen zusammengepanscht
von Bernd Jas am 29.07.2018 um 16:08 Uhr
Valsartan
von Wagner, Ralf am 29.07.2018 um 11:39 Uhr
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Die drei Affen in Schockstarre?
von Wolfgang Müller am 29.07.2018 um 10:57 Uhr
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AW: Die drei Affen in Schockstarre
von Reinhard Rodiger am 29.07.2018 um 13:17 Uhr
AW: Alle Affen in Schockstarre
von Bernd Jas am 29.07.2018 um 15:55 Uhr
PR
von Dr.Diefenbach am 29.07.2018 um 10:49 Uhr
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AW: PR
von Peter Ditzel am 29.07.2018 um 12:40 Uhr
Anzeichen von Heldentum...?
von Gunnar Müller, Detmold am 29.07.2018 um 9:16 Uhr
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Heiße Temperaturen
von Peter Ditzel am 29.07.2018 um 9:02 Uhr
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Schönes Wetter
von Ulrich Ströh am 29.07.2018 um 8:56 Uhr
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AW: Schönes Wetter
von Wolfgang Müller am 29.07.2018 um 12:10 Uhr
AW: Schönes Wetter
von Bernd Jas am 29.07.2018 um 15:23 Uhr
AW: Schönes Wetter
von Wolfgang Müller am 29.07.2018 um 16:35 Uhr
AW: Und die Sonne schien ins Wasser
von Bernd Jas am 29.07.2018 um 18:37 Uhr
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