Pharmacy Benefit Manager

Trump will US-Arzneimittelkonzerne stärker regulieren

München - 31.07.2018, 17:50 Uhr

Die hohen Preise für Arzneimittel in den USA sind US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge. Um sie zu senken, will er die Macht der Pharmacy Benefit Manager einschränken. ( r / Foto: Imago)

Die hohen Preise für Arzneimittel in den USA sind US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge. Um sie zu senken, will er die Macht der Pharmacy Benefit Manager einschränken. ( r / Foto: Imago)


Die Kosten im US-Gesundheitssystem zählen zu den höchsten weltweit. Eine Ursache dafür sind die sogenannten Pharmacy Benefit Manager (PBM), die als Mittelsmänner zwischen Apotheken und Krankenversicherungen die Konditionen aushandeln und bis zu 20 Prozent der Arzneimittelkosten selbst verursachen. Das US-Gesundheitsministerium hat, unterstützt von Präsident Donald Trump, nun konkrete Pläne vorgestellt, wie deren Einfluss limitiert werden soll.

Sie stellen eine Besonderheit im US-Gesundheitssystem dar – die sogenannten Pharmacy Benefit Manager, kurz PBM genannt. Offiziell setzen sie sich dafür ein, mit den Pharmaunternehmen Rabatte auf Arzneimittel auszuhandeln. Tatsächlich, so der Vorwurf, streichen diese Unternehmen die Rabatte selbst ein und tragen zu einer erheblichen Kostenbelastung des Gesundheitssystems bei. Zum einen würden die PBM bis zu jeden fünften Dollar aus dem Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel abschöpfen, zum anderen würde das System der Rabatte Anreize für höhere Listenpreise schaffen. Dabei geht es um riesige Summen – allein in den vergangenen fünf Jahren haben sich die Rabatte auf 153 Milliarden Dollar verdreifacht, ohne dass sie in dieser Höhe beim Patienten angekommen sind.

Das US-Medium „The American Prospect“ weist in einem aktuellen Beitrag darauf hin, dass diese Vorgehensweise dem Gesundheitssystem als Ganzes schade, aber auch Apotheken und Verbrauchern. Die Publikation zitiert den US-Kartellanwalt David Balto, einen ehemaligen politischen Direktor der US-Handelsbehörde Federal Trade Commission, der die Praxis der PBM mit einem Beispiel verdeutlicht: „Wenn ich Lipitor in der Apotheke kaufe, verdient der PBM daran 50 Dollar. Wenn ich einen Fernseher bei Walmart erwerbe, bekommt Visa, die das Gleiche tun wie ein PBM, nämlich verschiedene Märkte miteinander zu verbinden, einen Dollar.“

Drei Unternehmen dominieren PBM-Branche

Die Profiteure unter den PBM sind an einer Hand abzuzählen; die Branche wird dominiert von lediglich drei Unternehmen, die je nach Lesart 70 bis 85 Prozent des gesamten Marktes kontrollieren. Die wiederum könnten bis Ende des Jahres alle an jeweils einen großen Krankenversicherer gebunden sein und damit noch mächtiger als bisher auftreten: Optum Rx ist bereits eine Division des Versicherers United Health, CVS Caremark hat eine Fusion mit Aetna vorgeschlagen und Express Scripts will mit Cigna fusionieren. Hinzu kommt, dass die PBM-Konzerne auch oft selbst Apothekenketten betreiben. Bestes Beispiel: die CVS-Apotheken, also mit etwa 9700 Standorten die größte Kette des Landes bilden.

Doch die besten Zeiten für die PBM scheinen vorbei zu sein. Bereits im Jahr 2016 wies die Unternehmensberatung Accenture in einem Report mit dem Titel „A tough pill to swallow“ darauf hin, dass die PBM dringend ihr Geschäftsmodell ändern müssten. Über Jahrzehnte hinweg hätten sie eine wichtige Rolle in der Gesundheitsbranche gespielt und gute Gewinne erzielt. Sie verlören jedoch zusehends an Relevanz, da sie die Veränderungen im Ökosystem der Pharmaindustrie nicht mit vollzogen hätten. „Wenn sie ihr Geschäftsmodell nicht schnellstmöglich ändern, werden sie nicht in der Lage sein, ihren Anteil am Gesundheitswesen zu sichern – einem Markt, dessen Umsatzvolumen bald vier Billionen US-Dollar betragen wird“, so Accenture.

Apotheker sollen auf günstigere Alternativen hinweisen dürfen

Tatsächlich hat die Trump-Administration dieser kostentreibenden Industrie den Kampf angesagt. Im Februar 2018 verurteilten Wirtschaftsberater des US-Präsidenten das PBM-Oligopol wegen seiner Marktmacht und forderten dessen Auflösung. Sie wiesen zudem darauf hin, dass die Art und Weise, wie PBMs bezahlt werden, ein großes Problem sein. Im Mai hatte US-Präsident Donald Trump dann in einer mit Spannung erwarteten Rede im Rosengarten des Weißen Hauses seine Vorstellungen zur Senkung der Gesundheitsausgaben mitgeteilt. In den Fokus rückte er dabei die Mittelsmänner der Pharmabranche, richtete seine Angriffe aber auch gegen weitere Marktteilnehmer wie „Arzneimittel-Lobbyisten“. Letztlich stellte Trump fest, dass „jeder in diesem kaputten System – die Pharmahersteller, Versicherungen, Pharmahändler, Pharmacy Benefit Manager und viele andere“ – zum Problem der hohen Gesundheitskosten beitragen würden.

US-Gesundheitsministerium macht Ernst

Nun haben das Gesundheitsministerium Department of Health and Human Services (HHS) und die Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) konkrete Schritte zur Eindämmung der PBMs eingeleitet. So sieht eine vom HHS vorgeschlagene Regelung vor, den sogenannten Safe-Harbor-Schutz für Rabatte der Arzneimittelindustrie abzuschaffen. Ohne diesen „sicheren Hafen“ können PBMs nicht mehr mit Pharmaunternehmen Rabatte aushandeln und diese Arzneimittel dann den Kunden selbst anbieten, ohne gegen das Gesetz zu verstoßen.

„Wenn man den sicheren Hafen abschafft, kann man keine Rabatte verlangen. Man müsste einfach die Kosten für Arzneimittel senken“, verweist „The American Prospect“ auf Aussagen von US-Kartellanwalt Balto. Dies würde eine wichtige Einnahmequelle der PBM-Gewinne stark schrumpfen lassen und Anreize zur Senkung der Listenpreise schaffen. Zwar ist dieser Vorschlag noch nicht in die Realität umgesetzt, dennoch gaben die Aktienkurse der PBM-Aktien bereits nach.

Ein weiterer Trump-Vorschlag zur Senkung der Arzneimittelpreise sieht die Abschaffung einer PBM-Vertragsklausel vor, wonach es Apothekern bislang untersagt ist, Patienten über preiswertere Medikamenten-Optionen zu informieren. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist mittlerweile von einem Senatsausschuss verabschiedet worden.

PBM-Lobbyorganisation lehnt Vorschläge ab

Der Hauptlobbyist der PBMs, die Pharmaceutical Care Management Association, lehnte die Vorschläge in einer Pressemitteilung erwartungsgemäß ab und verkündete, diese würden nicht zu einer Senkung der Arzneimittelpreise beitragen. Zudem würden sie auf einer rechtlich fragwürdigen Grundlage basieren. Gleichzeitig scheinen sich die traditionellen Unterstützer der Branche zunehmend zurückzuziehen. Die Handelsbehörde FTC, die in der Vergangenheit jede PBM-Fusion durchgewinkt hat und die Branche gegenüber der Regulierung verteidigte, verhält sich derzeit jedenfalls auffällig still.

Was bringen die Preissenkungen der Hersteller?

Eine andere Gruppe, nämlich die Pharmahersteller, scheint hingegen recht glimpflich davonzukommen, wenngleich auch sie von Trump wegen hoher Arzneimittelpreise gegeißelt worden ist. Die Maßnahmen der Administration gegen diese Branche fallen trotz anfänglich harter Rhetorik jedenfalls ausgesprochen schwach aus. Zwar hat die Zulassungsbehörde FDA jüngst mitgeteilt, dass sie temporäre Arzneimittelimporte erwägen würde, wenn Pharmaunternehmen Preise für Generika in die Höhe treiben, ohne Alternativen anzubieten. Allerdings hat die Behörde hierzu bislang lediglich eine Arbeitsgruppe gebildet.

Auch die Ankündigungen von einer Reihe großer Pharmaunternehmen, die Preiserhöhungen ihrer Arzneimittel im laufenden Jahr auszusetzen, treffen die Branche nach Einschätzung von Pharmaexperten nicht wirklich. So behalten sich mehrere Unternehmen vor, die Preise im Jahr 2019 wieder zu erhöhen. US-Medien weisen außerdem darauf hin, dass einige Konzerne ihre bereits früher im Jahr umgesetzten Preiserhöhungen nicht zurückgenommen haben.

Erstaunen löst bei Branchenbeobachtern auch das Vorgehen des US-Pharmariesen Merck aus, der Preissenkungen für sieben Medikamente angekündigt hat. Eines davon, Zepatier, verzeichnete im ersten Quartal des Jahres allerdings einen Umsatz von null Dollar – die Einbußen für den Konzern halten sich also in Grenzen. „The American Prospect“ weist ferner darauf hin, dass die anderen sechs Produkte lediglich 0,1 Prozent des Gesamtumsatzes von Merck ausmachen. Dagegen habe das Unternehmen bei seinen Blockbuster-Medikamenten keine Preissenkungen bekanntgegeben.

Konglomerate aufbrechen

Ungeachtet solcher PR-Tricks steigen die Arzneimittelpreise in den USA weiter an. Laut Umfragen glauben zahlreiche Amerikaner nicht, dass die Trump-Regierung genügend tut, um Auswüchse bei den Arzneimittelpreisen unter Kontrolle zu kriegen. Nach Einschätzung von Pharmaexperten könnte die Regierung beispielsweise den Import nicht nur für Generika, sondern für alle Arzneimittelkategorien öffnen. Sie könnte Patentmissbrauchsfälle konsequenter verfolgen und Arzneimittelkonglomerate aufzubrechen, um die Konkurrenz zu beleben. Andere Vorschläge gehen sogar soweit, dass die Regierung das Patentmonopol insgesamt beenden sollte, indem die gesamte pharmazeutische Forschung öffentlich finanziert wird. Auf diese Weise könnten jährlich Hunderte von Milliarden an Kosten für die Verbraucher und das staatliche Gesundheitsprogramm eingespart werden.

Immerhin sehen es Beobachter als kleines Wunder, dass die PBM unter der Trump-Ära überhaupt in die Verantwortung genommen werden. Die aktuellen Schritte seien jedenfalls ein echter Fortschritt gegenüber dem Status quo.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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