Rote-Hand-Brief

Nur noch zertifizierte Kliniken erhalten HES

Stuttgart - 13.08.2018, 15:50 Uhr

Trotz Kontraindikation erhalten Patienten mit Sepsis, Nierenfunktionsstörung oder kritisch Kranke HES. ( r / Foto: doucefleur / stock.adobe.com)

Trotz Kontraindikation erhalten Patienten mit Sepsis, Nierenfunktionsstörung oder kritisch Kranke HES. ( r / Foto: doucefleur / stock.adobe.com)


Trotz strenger Indikationsstellung und der bereits 2013 eingeführten Beschränkungen für die Anwendung von Hydroxyethylstärke (HES)-haltigen Arzneimitteln zur Infusion erhalten nach wie vor hypovolämische Patienten mit Kontraindikation (Sepsis) HES. Grund für EMA und BfArM zu reagieren – sie verschärfen die Maßnahmen erneut, um Todesfälle künftig zu vermeiden, und informieren darüber in einem Rote-Hand-Brief.

Noch immer setzen Ärzte Hydroxyethylstärke(HES)-haltige Arzneimittel zur Infusion bei Patienten mit bestehender Kontraindikation ein. Das zeigen laut der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Arzneimittelanwendungsstudien.

HES nicht bei Sepsis, Nierenfunktionsstörung und kritisch Kranken

Zur Patientengruppe, die keinesfalls mit HES-Präparaten behandelt werden dürfen, zählen Patienten mit Sepsis, Nierenfunktionsstörungen oder allgemein kritisch kranke Patienten. „Eine solche kontraindizierte Anwendung ist mit einem Risiko für schwerwiegende Gesundheitsschäden einschließlich erhöhter Mortalität verbunden,“ informieren nun die Zulassungsinhaber von Hydroxyethylstärke(HES)-haltigen Arzneimitteln zur Infusion in Abstimmung mit EMA und BfArM in einem Rote-Hand-Brief und kündigen gleichzeitig strengere Maßnahmen an, die helfen sollen, dies künftig zu verhindern.

Wichtige Kontraindikation für HES

  • Sepsis
  • Kritisch kranke Patienten
  • Nierenfunktionsstörung oder Nierenersatztherapie
  • Dehydrierte Patienten
  • Verbrennungen
  • Intrakranielle oder zerebrale Blutung
  • Hyperhydrierte Patienten einschließlich Patienten mit Lungenödem
  • Schwere Gerinnungsstörungen
  • Schwere Leberfunktionsstörungen

EMA verschärfte bereits 2013 risikominimierende Maßnahmen

Hydroxyethylstärke(HES)-haltige Arzneimittel zur Infusion sind indiziert bei Patienten mit Hypovolämie aufgrund eines akuten Blutverlustes, wenn kristalloide Lösungen nicht ausreichen. Diese strenge Indikation gilt seit 2013. Zusätzlich wurden damals neue Kontraindikationen bei Patienten mit Sepsis, bei kritisch kranken Patienten und bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung oder Nierenersatztherapie in die Produktinformation aufgenommen und Warnhinweise ergänzt.

Die neuen Maßnahmen bei HES

Hintergrund war eine vorangegangene Sicherheitsüberprüfung. Diese wurde aufgrund von klinischen Daten initiiert, die ergaben, dass Patienten mit Sepsis, Nierenfunktionsstörungen oder kritisch kranke Patienten unter HES-Therapie eine erhöhte Mortalität aufweisen. Die Zulassungsinhaber waren 2013 angehalten, Anwendungsstudien durchzuführen, um zu überprüfen, ob die eingeführten zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen den gewünschten Erfolg bringen. Dem war nicht so: Ungefähr 9 Prozent der mit HES-haltigen Arzneimitteln zur Infusion behandelten Patienten waren kritisch krank waren, ungefähr 5 bis 8 Prozent der Patienten litten an einer eingeschränkte Nierenfunktion und ungefähr 3 bis 4 Prozent der Patienten wiesen eine Sepsis auf. Die EMA sah sich im Oktober 2017 gezwungen, das Nutzen-Risiko-Verhältnis von HES zur Infusion erneut zu evaluieren.

HES nur noch an akkreditierte Zentren und Kliniken

Die Zulassungsinhaber müssen für HES-haltige Arzneimittel zur Infusion nun ein Programm für den kontrollierten Zugang einführen. Künftig dürfen die Hersteller nur an speziell akkreditierte Krankenhäuser/ Zentren diese Arzneimitteln liefern. Voraussetzung für die Akkreditierung ist, dass relevante medizinische Fachkräfte, die diese Arzneimittel verschreiben oder anwenden, eine Pflichtschulung zu deren sicheren und wirksamen Anwendung erhalten. Außerdem sollen laut Rote-Hand-Brief „prominente Warnhinweise auf den Behältnissen und Verpackungen dieser Lösungen“ aufgebracht werden.

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Zusätzlich weisen die Hersteller noch auf die strenge Indikationsstellung hin, und „dass HES in der niedrigsten wirksamen Dosis (< 30 ml/kg) über den kürzest möglichen Zeitraum (< 24 Stunden) angewendet werden sollte. Die Behandlung sollte von einer kontinuierlichen hämodynamischen Überwachung begleitet werden, damit die Infusion beendet werden kann, sobald die entsprechenden hämodynamischen Zielparameter erreicht worden sind.“



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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