Folgen der Glyphosat-Affäre

Wegen Monsanto-Urteil: Bayer-Aktie fällt um 12 Prozent

Berlin - 14.08.2018, 16:00 Uhr

Die Übernahme von Monsanto kommt Bayer weiterhin teuer zu stehen - die neue Konzerntochter muss 289 Millionen US-Dollar Schmerzensgeld zahlen. (b / Foto: Imago)

Die Übernahme von Monsanto kommt Bayer weiterhin teuer zu stehen - die neue Konzerntochter muss 289 Millionen US-Dollar Schmerzensgeld zahlen. (b / Foto: Imago)


Zum Wochenbeginn ist die Bayer-Aktie auf den niedrigsten Stand seit Mai 2016 gefallen. Am vergangenen Freitag wurde die Konzerntochter Monsanto zu 289 Millionen Dollar Schmerzensgeld verurteilt. Dass allein in den USA weitere 5000 Verfahren wegen des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat laufen, hat zum Kursverfall beigetragen. Der Ausgang dieser weiteren Herbizid-Klagen ist noch offen.

Monsantos Produkte sind seit Jahren hochumstritten. So steht das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat unter Verdacht, Krebs auszulösen. Am vergangenen Freitag fiel in den USA ein aufsehenerregendes Urteil: Im Falle des 46-jährigen, an Lympdrüsenkrebs erkrankten Dewayne Johnson war ein Geschworenengericht in Kalifornien der Ansicht, Monsanto habe nicht ausreichend vor den Gesundheitsrisiken durch Glyphosat gewarnt, und verurteilte das Unternehmen aus St. Louis zu 289 Millionen Dollar Schmerzensgeld.  

Die Jury habe Monsanto klargemacht, dass die „Jahre der Täuschung“ vorbei seien, sagte Klägeranwalt Brent Wisner nach der Urteilsverkündung gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. „Es ist unethisch. Es ist falsch. Menschen verdienen so etwas nicht“, erklärt Kläger Johnson. Seine Verhandlung wurde vorgezogen, weil die Ärzte mit seinem baldigen Tod rechnen.

Rund 5000 weitere Glyphosat-Klagen

Dieser Prozess in den USA war der erste, der sich mit dem Krebsrisiko durch Glyphosat befasste, und erfuhr daher große öffentliche Aufmerksamkeit. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung stehen in den USA 5000 weitere Klagen gegen Monsanto wegen Gesundheitsrisiken durch Glyphosat an.

Der aktuelle Glyphosat-Prozess sowie die Sorge der Anleger um den Ausgang der weiteren Verfahren sorgten für Unruhe an der Börse. Zu Beginn dieser Woche fiel der Aktienkurs des Pharmariesen Bayer, der Monsanto  für rund 63 Milliarden Dollar übernommen hatte, um bis zu 12 Prozent.

Damit erreichte der Kurs seinen Tiefststand seit zwei Jahren. Mit der Übernahme hat Bayer den Firmennamen Monsanto, der in der öffentlichen Wahrnehmung negativ besetzt ist, zwar gestrichen. Doch es ist fraglich, ob diese formale Maßnahme das Imageproblem verringert oder möglicherweise auf den Mutterkonzern überträgt.

Bayer-Monsanto verteidigt Unkrautvernichter

Der Pharma-Agrarkonzern streitet einen Zusammenhang zwischen Krebsgefahr und Glyphosat ab und hat mehreren Medienberichten zufolge angekündigt, in Berufung zu gehen und den umstrittenen, glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup auch in Zukunft „nachdrücklich“ zu verteidigen.

In einer öffentlichen Stellungnahme heißt es zwar, Monsanto habe „Mitgefühl mit Herrn Johnson und seiner Familie". Die Gerichtsentscheidung ändere jedoch nichts an der Tatsache, dass mehr als 800 wissenschaftliche Studien und Bewertungen - einschließlich derjenigen der US-Umweltbehörde EPA, der Nationalen Gesundheitsinstitute und anderer Behörden weltweit - den Befund unterstützten, dass Glyphosat nicht krebserregend sei.

Ausgang der Klagewelle noch offen

Noch ist unklar, wie die weiteren Klageverfahren ausgehen. So ist US-Bundesrichter Vince Chhabria, bei dem viele Sammelklagen gebündelt sind, skeptisch, ob die Beweislage einen Zusammenhang wirklich eindeutig belegen kann. Auch in dem aktuellen Fall ist es durchaus möglich, dass die Schadensforderungen anteilig oder vollständig zurückgenommen werden, sollte der Chemieriese in der nachfolgenden Instanz Erfolg haben.

Gegensätzliche Risikobewertungen

Die offiziellen Risikobewertungen zu Glyphosat sind widersprüchlich. So hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO das Herbizid 2015 als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" eingestuft. Die US-Umweltschutzbehörde dagegen erklärte 2017, dass die Chemikalie für Menschen wahrscheinlich nicht krebserregend ist.

In der EU war die Zulassung von Glyphosat im vergangenen November für weitere fünf Jahre verlängert worden. In Deutschland hat Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) vor einigen Wochen angekündigt, den Gebrauch von Glyphosat einschränken beziehungsweise in öffentlichen Anlagen verbieten zu wollen.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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