Zyto-Apotheken

Ersatzkassen wollen mit Retaxationen noch warten

Berlin - 21.08.2018, 09:00 Uhr

Zyto-Apotheken müssen mit Retaxationen für November und Dezember 2017 rechnen. (b / Foto: Imago)

Zyto-Apotheken müssen mit Retaxationen für November und Dezember 2017 rechnen. (b / Foto: Imago)


Kürzlich hat die AOK Hessen Abrechnungen der hessischen Zyto-Apotheken aus den Monaten November und Dezember 2017 beanstandet. Dass diese Retaxationen kommen werden, war absehbar – sie sind eine Folge des rückwirkenden Schiedsspruchs zur Hilfstaxe vom Januar dieses Jahres. Dennoch sind sie für die betroffenen Apotheken einschneidend und ärgerlich. Was können sie nun von anderen Kassen erwarten? 

Nachdem sich GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) im vergangenen Jahr nicht auf neue Preise für individuell hergestellte parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie einigen konnten, kam die Schiedsstelle zum Zug. Diese beschloss im Januar dieses Jahres eine neue Anlage 3 der Hilfstaxe. Zum Beschluss gehört auch, dass die neuen Preise beziehungsweise Abschläge rückwirkend ab November 2017 gelten sollen.

Zwar mussten Zyto-Apotheker theoretisch schon ab Herbst 2017 mit geringeren Abrechnungspreisen rechnen – denn der Gesetzgeber hatte DAV und GKV-Spitzenverband bis Ende August vergangenen Jahres Zeit gegeben, sich auf neue Preise zu einigen. Doch bekanntlich verstrich diese Frist ergebnislos. Und dass die Schiedsstelle tatsächlich eine Rückwirkung anordnete, dürfte die betroffenen Apotheker dann doch überrascht haben – schließlich geht es hier um erkleckliche Beträge.

Klage gegen Schiedsstellenbeschluss noch nicht entschieden

Nicht zuletzt diese Rückwirkung greift der DAV in seiner Klage gegen den Schiedsspruch an, die derzeit am Landessozialgericht Berlin-Brandenburg anhängig ist und über die Mitte Oktober entschieden werden soll.  Doch bevor geklärt ist, ob der Schiedsspruch der Prüfung durch die Gerichte standhält, erhielten diesen August in Hessen die ersten Zyto-Apotheken Abrechnungsbeanstandungen: Die AOK Hessen will für die Monate November und Dezember 2017 Geld zurück.  Mag die Abrechnung zum Zeitpunkt ihrer Erstellung auch korrekt gewesen – nach dem Schiedsspruch war sie es nicht mehr. Und seit 1. März ist die schiedsstellenkonforme elektronische Abrechnung der neuen Abschläge auch möglich.  

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Damit stellt sich für Zyto-Apotheken die Frage: Wie werden die anderen Kassen verfahren?  Wann ist mit den nächsten Rückforderungen für Zyto-Zubereitungen infolge des Schiedsspruchs zu rechnen?

Gespräche mit dem DAV über „akzeptables“ Vorgehen

Der Ersatzkassenverband vdek erklärte auf Nachfrage: „Für die Ersatzkassen ist es noch zu früh, konkrete Schritte bezüglich der Retaxation von Medikamenten zur Krebsbehandlung (Zytostatika) einzuleiten“. Er verweist auf den anhängigen Rechtsstreit. Diese Klage habe keine aufschiebende Wirkung, so dass der Schiedsspruch weiterhin gültig sei. Die Ersatzkassen wollten das Urteil des Landessozialgerichts allerdings erst abwarten. „Zurzeit befinden sie sich in Gesprächen mit dem DAV als Vertragspartner, um eine für beide Seiten akzeptable Vorgehensweise zu entwickeln“. Dies bestätigten auch Barmer, DAK und TK gegenüber DAZ.online..

Dennoch dürfen die Rechnungsbeanstandungen für November und Dezember 2017 spätestens Ende November erfolgen. Die Ersatzkassen verweisen darauf, dass sie bei der Retaxierung grundsätzlich an die vorgegebenen gesetzlichen und vertraglichen Fristen gebunden seien. Der Arzneiversorgungsvertrag zwischen DAV und dem vdek sieht vor, dass unrichtige Abrechnungen innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Kalendermonats berichtigt werden müssen, in dem die Lieferung erfolgte. 

Verzicht auf Verjährungseinrede als Chance?

Laut Barmer haben DAV und GKV-Spitzenverband keine Einigung erzielen können, auf die Geltendmachung der Verjährung zu verzichten, bis das gerichtliche Verfahren zur Hilfstaxe endgültig abgeschlossen ist. Das würde es ermöglichen, dass die Kassen im Falle einer Entscheidung pro Schiedsspruch ihre Retax-Ansprüche nicht verlieren, wenn sie sie erst später einfordern. Dem DAV würde ein solches Vorgehen allerdings entgegenkommen. Ein Sprecher erklärte gegenüber DAZ.online: „Der DAV erachtet eine Aussetzung der vertraglichen Fristen für Rechnungsbeanstandungen bis zum Vorliegen der Entscheidung im Hauptsacheverfahren vor dem LSG Berlin-Brandenburg für sinnvoll und unterstützt entsprechende Vorschläge einzelner gesetzlicher Krankenkassen (-verbände)“.

Auch einige AOKen setzen offenbar darauf, dass betroffene Apotheker auf die Einrede der Verjährung verzichten. Der AOK-Bundesverband erklärte, die Ortskrankenkassen müssten sich nach dem Hilfstaxen-Schiedsspruch Ansprüche sichern, damit diese nicht verfristen. Auf Landesebene gebe es jedoch regional unterschiedliche Verträge mit den Landesapothekerverbänden, durch die auch unterschiedliche Vorgehensweisen und Fristen bei der Retaxierung bedingt seien. „Die Spannbreite reicht dabei von fristwahrender Retaxierung bis hin zu Einigungen mit zytostatikaherstellenden Apotheken, dass die Forderungen aus dem Schiedsspruch nicht verjähren“. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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