Forderungen zur Europawahl

ABDA: Die EU sollte nur ergänzend tätig werden

Berlin - 28.09.2018, 11:50 Uhr

Die Europawahl steht an. Die ABDA hat zur Wahl einige Forderungen formuliert. (s / Foto: Imago)

Die Europawahl steht an. Die ABDA hat zur Wahl einige Forderungen formuliert. (s / Foto: Imago)


Am 26. Mai 2019 findet in Deutschland die nächste Europawahl statt. Schon jetzt bringen sich Parteien und Verbände in Stellung, darunter auch die ABDA. Der geschäftsführende Vorstand der ABDA hat Kernpositionen zur Europawahl beschlossen und veröffentlicht. Darunter ist ein klares Bekenntnis der Apotheker gegen europafeindliche Tendenzen. Was die Gesundheitspolitik betrifft, fordert die Standesvertretung jedoch weniger Einfluss der EU auf die Mitgliedstaaten.

Vom 23. bis 26. Mai 2019 wählen die EU-Bürger zum neunten Mal das Europäische Parlament. Erstmals findet die Wahl ohne britische Beteiligung, also nur in 27 Mitgliedstaaten statt. Das EU-Parlament besteht derzeit aus 705 Abgeordneten und acht Fraktionen. In Deutschland wird am 26. Mai 2019 gewählt.

Die ABDA hat nun ihre Kernpositionen zur Europawahl veröffentlicht. Darin wollen die Apotheker in erster Linie klarstellen, dass sie – trotz der Kritik an der EU-Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre – keine Europakritiker sind. Wörtlich heißt es in dem Papier: „In Anbetracht der zunehmenden und gefährlichen euro- und europafeindlichen Tendenzen in Teilen der Bevölkerung unterstützen wir ein Europa, das die großen Zukunftsaufgaben anpackt und zugleich bewährte Strukturen auf nationaler Ebene schützt. Wir unterstützen ein Europa der Regionen, das dem Prinzip der Subsidiarität folgt.“

ABDA: Subsidiaritätsprinzip muss erhalten bleiben

Grundsätzlich hält die ABDA zudem fest, dass die Apotheker in Deutschland und Europa einen wichtigen Stellenwert in den Gesundheitssystemen haben. „Apotheker als freie Heilberufler leisten einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität der europäischen Wirtschaft. Indem sie ihre Dienstleistung vor Ort erbringen, bieten sie flächendeckend verlässliche Ausbildungs- und Arbeitsplätze und leisten so einen erheblichen Beitrag zur Beschäftigung in Europa“, schreibt die ABDA.

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In ihren Kernpositionen spricht die Standesvertretung allerdings auch zahlreiche Dinge an, die sie stören und vor denen sie warnt. Das größte Anliegen der Apotheker ist es, dass die Souveränität der Mitgliedstaaten in der Gesundheitspolitik erhalten bleibt. Zur Erklärung: Nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung und dem sogenannten EU-Dienstleistungspaket, mit dem die Regulierung der Freien Berufe vereinheitlicht werden sollte, hatte die ABDA zuletzt bemängelt, dass das sogenannte Subsidiaritätsprinzip nicht genug beachtet werde. Dieser Grundsatz schreibt es der EU vor, nur tätig zu werden, wenn die Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht ausreichen und wenn die politischen Ziele besser auf der Gemeinschaftsebene erreicht werden können.

Die ABDA schreibt dazu:


Die Subsidiarität darf nicht unter dem Deckmantel des Binnenmarkts geschwächt werden. Grundlage der europäischen Gesundheitspolitik ist die vorrangige Verantwortung der Mitgliedstaaten. Die EU kann ergänzend tätig werden, indem sie die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten fördert und ihre Tätigkeit – falls und soweit erforderlich – unterstützt. Um die besondere Rolle der Gesundheitspolitik sachgerecht abzubilden, sollte sie auch innerhalb der EU-Kommission entsprechend behandelt werden. Dazu gehört insbesondere, dass es eine eigene Generaldirektion gibt und dass Rechtsbereiche wie das Arzneimittel- und Medizinprodukterecht sowie das Berufsrecht der Heilberufe nicht nur unter Binnenmarktaspekten behandelt werden.“

ABDA-Kernpositionen zur Europawahl


Die Gesundheit der Bevölkerung müsse also eine „mitgliedstaatliche Kompetenz“ bleiben.

Keine OTC-Präparate an Tankstellen

Neben dieser Hauptforderung stellt die ABDA vier weitere Forderungen auf:

  • Sicherung der Unabhängigkeit und der Gemeinwohlverpflichtung des Apothekers durch den Erhalt der Freiberuflichkeit.
  • Sicherstellung eines hohen Patientenschutzes und einer kontinuierlichen Arzneimitteltherapiesicherheit.
  • Verantwortungsbewusste Nutzung der Chancen der Digitalisierung.
  • Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln.

Die EU-Kommission hatte zuletzt einen Bericht über die Situation und die Zukunft des Einzelhandels veröffentlicht. Darin sprach sie sich dafür aus, einschränkende Regulierungen abzuschaffen. Unter anderem sollen die Behörden in den Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass „gleiche Ausgangsbedingungen“ mit dem elektronischen Handel geschaffen werden. Als ein Beispiel für einen solchen Abbau von Markthemmnissen nannte die Kommission in ihrem Bericht Länder, in denen OTC-Präparate auch außerhalb von Apotheken verkauft werden dürfen.

In ihren Kernpositionen kommentiert die ABDA das so: „Wir beobachten mit Sorge Bestrebungen auf EU-Ebene, den Arzneimittelmarkt ausschließlich unter finanziellen und Binnenmarktsaspekten zu betrachten. In diesem Zusammenhang wird die Apothekenpflicht als ‚Handelshemmnis‘ angesehen, dessen Abschaffung ökonomische Vorteile bringe.“ Die Standesvertretung fordert daher Unterstützung „bei der Abwehr von weitreichenden Liberalisierungstendenzen, die das kohärente System aus Preisbindung, Apothekenpflicht sowie Fremd- und Mehrbesitzverbot gefährden“ könnten. Relativ kurz wird auch das Rx-Versandverbot angesprochen, dass nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung weiterhin eingefordert wird.

Lieferengpässe: Wirkstoffproduktion wieder in Europa stattfinden lassen

Des Weiteren beschäftigt sich das ABDA-Papier mit Arzneimittel-Lieferengpässen. Damit sich die Versorgungssituation in Deutschland und Europa verbessert, hat die ABDA die folgenden Vorschläge:

  • Zentrale Erfassung von Hinweisen auf Probleme in der Lieferkette (z.B. Liefer- oder Produktionsausfälle), um rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen und dadurch Versorgungsengpässe zu verhindern.
  • Umsetzung von Maßnahmen, um Lieferengpässen effizient vorzubeugen, die aufgrund der Produktionsverlagerung und Konzentrierung auf einen Wirkstoffhersteller außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zurückzuführen sind.
  • Schaffung von Rahmenbedingungen, damit die Wirkstoffproduktion auch wieder in Europa stattfindet und entsprechende Qualitätsstandards überprüfbar eingehalten werden.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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