Kurzsichtigkeit vorbeugen

Atropin-Augentropfen statt Brille?

Stuttgart - 08.10.2018, 10:15 Uhr

Wie kann man eine Kurzsichtigkeit bei Kindern hinauszögern oder verhindern? Im Freien spielen soll helfen. Helfen Atropin-Augentropfen auch? ( r / Foto: Photocreatief / stock.adobe.com)

Wie kann man eine Kurzsichtigkeit bei Kindern hinauszögern oder verhindern? Im Freien spielen soll helfen. Helfen Atropin-Augentropfen auch? ( r / Foto: Photocreatief / stock.adobe.com)


Atropin-Augentropfen in der Praxis

Laut dem Übersichtsartikel aus dem Ärzteblatt von 2017 sei für die klinische Praxis folgendes festzuhalten: 0,01-prozentige Atropin-Augentropfen sind aktuell vermutlich die sinnvollste Form der Progressionsminderung bei Myopie. Unbekannt sei jedoch, bis zu welchem Alter eine Behandlung mit Atropin-Augentropfen sinnvoll ist, wie lange die Therapie durchgeführt werden soll und wie der weitere Verlauf nach Beendigung der Therapie ist. Unbewiesen sei auch, ob eine Atropinbehandlung als präventive Maßnahme sinnvoll sein könnte, um eine spätere Myopie zu verhindern – so wie es für den Faktor Tageslicht gezeigt wurde.

Im Internet findet sich ein Merkblatt des Uniklinikums Tübingen zum Thema Atropin-Augentropfen „Praktische Tipps: Prophylaxe der Myopie-Progression“. Dort steht:„Der Wirkstoff Atropin kann in einer niedrigen Konzentration die Entwicklung einer zunehmenden Kurzsichtigkeit verringern.“ Die zu verordnende Rezeptur wird so angegeben:      

Atropin 0,01%

0,1 ml Atropin POS 0,5% Augentropfen 

0,245 g Edetathaltige Benzalkoniumchlorid-Lösung 0,1% (pH 4,6) NRF S. 18 

NaCL 0,9% Lösung ad 5 ml


Dosierung: 1 x abends, jeweils in den unteren Bindehautsack 

Die Tropfen können durch den pH-Wert etwas brennen (Nötig für Stabilität des Atropins)

Warnhinweis: Atropin ist in größeren Mengen giftig. Daher sollten die Tropfen unbedingt sicher und geschützt vor Kindern aufbewahrt werden!

Die Verdünnung auf 0,01 Prozent würde verwendet, um die Pupillenweite und Naheinstellungreaktion möglichst wenig zu beeinflussen, also die Nebenwirkungen zu minimieren. Das untersuchte Anwendungsalter wird mit sechs bis 15 Jahren angegeben. Der Effekt könne mittels einer genauen Messung der Augenlänge objektiviert werden (nicht häufiger als 1x pro Jahr).

Auch vom Universitätsklinikum Freiburg, gibt es von der Klinik für Augenheilkunde eine Patienteninformation zum Thema „Kurzsichtigkeit (Myopie) im Kindes- und Jugendalter“ (Stand 2016) im Internet.

Darin erfährt, man, dass Myopie weltweit die häufigste Sehstörung ist und dass die Häufigkeit zunimmt. Sie beginnt im Kindesalter zwischen sechs und zwölf Jahren. In Europa sei jeder zweite jüngere Mensch kurzsichtig, in Asien sollen es sogar 80 Prozent sein. Bei Verdacht oder Vorliegen einer Myopie ist immer eine augenärztliche Untersuchung geboten.

Laut der Patienteninformation ist die Wirkung von Atropin zur Minderung des Fortschreitens der Kurzsichtigkeit durch klinische Studien belegt: „Seit über 100 Jahren ist bekannt, dass Atropin-Augentropfen Myopieprogression verlangsamen“, liest man dort. Erst seit wenigen Jahren sei bekannt, dass auch hochverdünntes Atropin (0,01 Prozent) die Myopieprogression mindert. 

Im Vergleich mit anderen Maßnahmen schneiden die Atropin-Augentropfen laut der Freiburger Augenklinik am besten ab: 

Geschätzte Minderung der Zunahme von Kurzsichtigkeit 

  • 75 Prozent durch 0,01-prozentige Atropin Augentropfen
  • 25 Prozent durch 45 Minuten pro Tag Zeit im Freien bei Tageslicht
  • 30 Prozent durch Multifokale Kontaktlinsen

Kosten

Weil für die Atropin-Augentropfen keine Arzneimittelzulassung besteht, sind sie nicht über die gesetzlichen Krankenkassen erstattungsfähig und können nur über ein Privatrezept verordnet werden. Die Kosten sollen sich auf circa 300 bis 500 Euro pro Jahr belaufen. In der Regel könnten Apotheken mit Reinraum aus kommerziell erhältlichen 0,5-Prozent-Atropin-Augentropfen die erforderlichen 0,01-prozentigen-Atropin-Augentropfen herstellen. Aufgrund der langfristigen Anwendung über Jahre wird in der Freiburger Patienteninformation empfohlen, die Tropfen unkonserviert als EDO (Einmaldosis-Ophtiolen) zu verwenden.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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