Miniserie Selbstverwaltung der Apotheker

Wer macht was in der Berufspolitik? Teil 1: Die Kammern

Süsel - 09.10.2018, 10:15 Uhr

Wer sind diese Menschen eigentlich, die da beim DAT abstimmen? (Foto: Schelbert)

Wer sind diese Menschen eigentlich, die da beim DAT abstimmen? (Foto: Schelbert)


Ab dem morgigen Mittwoch trifft sich die Standesvertretung der Apotheker zum Deutschen Apothekertag. Vertreter von Kammern und Verbänden diskutieren drei Tage lang die Belange des Berufsstandes. Die berufliche Selbstverwaltung hat für das Selbstverständnis des Apothekerberufs in Deutschland zentrale Bedeutung. Doch wie funktioniert sie überhaupt? In welcher Beziehung stehen die Institutionen und Organe zueinander? Im ersten der Teil unserer Miniserie geht es um den Apotheker als Freiberufler und die Kammern.

Die einzige Beziehung zur beruflichen Selbstverwaltung, die alle Apotheker gleichermaßen betrifft, ist die Pflichtmitgliedschaft in der Apothekerkammer des Bundeslandes, in dem sie ihren Beruf ausüben. Bei nicht berufstätigen Apothekern ist der Wohnort maßgeblich. Die Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer ist zugleich ein Grundpfeiler der so genannten freien Berufe. Diese wiederum bilden einen Mittelweg zwischen der staatlichen Wahrnehmung von Aufgaben und der Gewerbefreiheit. Der Staat könnte im Gesundheitswesen auch selbst als Leistungserbringer tätig werden, so wie in Schweden bis vor einigen Jahren alle Apotheken zu einer staatlichen Kette gehörten. Das andere Extrem ist die komplette Freiheit, ein Gewerbe nach eigenem Ermessen auszuüben. Die freien Berufe dagegen arbeiten frei von Weisungen, aber gebunden an Regeln der beruflichen Selbstverwaltung. Der Staat erlaubt den Berufsangehörigen, ihre Belange selbst zu organisieren, setzt ihnen dabei aber auch einen verpflichtenden Rahmen. Dazu gehört die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern. Denn Kammern können verbindliche Regeln nur durchsetzen, wenn alle Berufsangehörigen dort Mitglieder sind. Könnten diese sich durch Austritt den Regeln entziehen, wären die Regeln sinnlos. Doch mit einer Pflichtmitgliedschaft wirken die Vorschriften der Kammern als Verbraucherschutzinstrumente für die Bürger, die die Leistungen der freien Berufe in Anspruch nehmen. Obwohl diese Idee in das 19. Jahrhundert zurückreicht, ist dies ein sehr modernes Konzept, weil es den staatlichen Eingriff reduziert und den Berufsangehörigen relativ große Freiheit bietet. Damit unterscheiden sich die Kammern fundamental vom Konzept der mittelalterlichen Zünfte, bei denen die Zunftmitglieder über die Aufnahme neuer Mitglieder entschieden und damit einen Markt abschotten konnten. Die Kammern mit Pflichtmitgliedschaft sind ein Gegenentwurf zu den Zünften und sichern allen Berufsangehörigen die Möglichkeit zur Berufsausübung. Wer Analogien zwischen Kammern und Zünften unterstellt, verkennt diesen entscheidenden Unterschied.


„Die Freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt. Zur Charakteristik freier Berufe gehören Professionalität, Gemeinwohlverpflichtung, Selbstkontrolle, Eigenverantwortlichkeit.“ 

 Bundesverband der Freien Berufe, www.freie-berufe.de


Die Kammern sind Körperschaften öffentlichen Rechts. Da sie dem Landesrecht unterliegen, sind sie auf Landesebene organisiert. Ihre Rechtsgrundlage sind die Heilberufekammergesetze der Länder, in denen auch die Pflichtmitgliedschaft aller Apotheker geregelt ist. Die Organe und Aufgaben der Kammern richten sich nach diesen Landesgesetzen und den Satzungen, die sich die Kammern selbst geben. Sie unterscheiden sich daher in Details zwischen den Bundesländern, aber die Grundidee ist stets gleich. Für das Selbstverständnis der Kammern ist entscheidend, dass sie für selbstständige und angestellte Apotheker zuständig und deren Belangen gleichermaßen verpflichtet sind. Diese haben bei Abstimmungen dasselbe Stimmrecht. Im Mittelpunkt der Kammerarbeit stehen die Apotheker und nicht die Apotheken – darum heißen sie Apotheker- und nicht Apothekenkammern. Es gibt 17 Landesapothekerkammern für die 16 Bundesländer, Nordrhein-Westfalen ist in die zwei Kammergebiete Nordrhein und Westfalen-Lippe aufgeteilt.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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