Miniserie Selbstverwaltung der Apotheker

Wer macht was in der Berufspolitik? Teil 2: Die Verbände

Süsel - 10.10.2018, 09:00 Uhr

Auf dem DAT sind Kammern und auch Verbände vertreten. (m / Foto: Schlebert)

Auf dem DAT sind Kammern und auch Verbände vertreten. (m / Foto: Schlebert)


Organisationen in der Kompromissfalle

Dennoch bleiben die meisten Apotheker mit besonderer Interessenlage bisher Mitglieder der „klassischen“ Verbände und sie sind in den Kammern ohnehin Pflichtmitglieder. Letztlich stellt sich damit in Kammern und Verbänden eine Grundfrage des demokratischen Systems: Wie weit darf die Mehrheit ihre Interessen durchsetzen, wenn diese einer Minderheit zuwiderlaufen? Dies gilt besonders für die Kammern mit ihrer Pflichtmitgliedschaft und dem Auftrag, das Miteinander der Berufsangehörigen zu fördern. Einem Mitglied, das nicht austreten darf, kann wohl kaum zugemutet werden, eine Organisation zu finanzieren, die gegen seine eigenen Interessen handelt. So stellt sich beispielsweise die Frage, ob eine Kammer sich gegen den Versandhandel positionieren kann, obwohl ihr auch Versandapotheker angehören (müssen). Allerdings sind die Kammern im Interessenausgleich erfahren, denn sie haben seit jeher den Spagat zwischen selbstständigen und angestellten Apothekern zu meistern. Für Verbände stellt sich dies anders dar, weil deren Mitglieder austreten können, wenn sie sich nicht angemessen vertreten fühlen. Doch hängt die Leistungsfähigkeit eines Verbandes von seiner Mitgliederzahl ab. Daher wird jeder Verband versuchen, einen breiten Kompromiss zu finden, dem möglichst viele Apotheker zustimmen können. Der systemimmanente Zwang zum Kompromiss wirft die Frage auf, ob manche Ansprüche an die politische Arbeit der Kammern und Verbände überzogen sind, weil diese Organisationen nicht jede Position „kompromisslos“ verfolgen können.

Umsatzverteilung gerät zunehmend in Schieflage

Zusätzlich erschwerend wirkt die wirtschaftliche Struktur der Apothekenlandschaft. Die Umsatzverteilung der Apotheken wird immer stärker rechtsschief. Wenige sehr große Apotheken ziehen den Durchschnitt nach oben, aber die Mehrheit der Apotheken ist unterdurchschnittlich groß. Da in Kammern und Verbänden die Mehrheit der Stimmen entscheidet, sind dort eher die vielen kleinen Apotheken maßgeblich. Wenn sich die Inhaber großer Apotheken nicht hinreichend vertreten fühlen, haben aber gerade sie die finanziellen Mittel, eigene Verbände zu organisieren und als Interessenvertretung zu positionieren. Diese Möglichkeit wiederum sollte die Verbände davon abhalten, die Minderheit der sehr großen Apotheken aus dem Auge zu verlieren.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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