Grüne und FDP

Politiker sehen ärztliches Dispensierrecht kritisch

Berlin - 20.10.2018, 09:00 Uhr

Ärzte, die Arzneimittel an Patienten abgeben? Bislang gibt es dafür in der Politik keinen klaren Zuspruch. (j/picunique / stock.adobe.com)

Ärzte, die Arzneimittel an Patienten abgeben? Bislang gibt es dafür in der Politik keinen klaren Zuspruch. (j/picunique / stock.adobe.com)


Was das ärztliche Dispensierrecht betrifft, stellt sich die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche klar auf die Seite der Apotheker. Sie ist überzeugt: „Hausärzte können nicht einfach einen Teil der Arzneimittelversorgung übernehmen“.

Ulrich Weigeldt, Vorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, schaffte es heute mit der Forderung nach einem Dispensierrecht für Ärzte auf die Titelseite der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Offensichtlich war er animiert vom Vorschlag des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU), mit den Apothekern über das Impfen reden zu wollen.

Die FAZ zitierte im selben Artikel den CDU-Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses Erwin Rüddel. Er zeigte sich sowohl für die Arzneimittelabgabe durch Ärzte als auch das Impfen durch Apotheker offen. Man dürfe sich neuen Versorgungsformen nicht verschließen. Allerdings sagte Rüddel der FAZ auch, dass Ärzte nicht überfordert werden sollten. Momentan sehe er nicht die Kapazitäten für zusätzliche Leistungen.

Schulz-Asche: Pharmazeutische Kompetenz ist unverzichtbar

Klarer Gegenwind kommt derweil aus der Opposition. So erklärte Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, zu Weigeldts Vorstoß: „Bei circa 50.000 zugelassenen verschreibungspflichtigen Arzneimitten, von denen ein großer Teil auch noch vor Ort vorrätig gehalten wird, können nicht einfach Hausärzte einen Teil dieser Versorgung übernehmen“. Und weiter: „Gerade bei Mehrfachmedikationen ist für Patienten auch die pharmazeutische Kompetenz unverzichtbar, welche Apotheker im dezidierten Studium erlernen“.

Schulz-Asche verweist auch auf die strikte Trennung von Verschreibung und Abgabe: Ihr Sinn sei, die Patienten vor ökonomischen Interessen bei der Behandlung schützen. „Der Veterinärbereich mit den Antibiotikaresistenzen zeigt uns ja die negativen Folgen“. Die Abgabe von Medikamenten durch Ärzte sollte sich der Grünen zufolge auch in Zukunft nur auf Fälle beschränken, in denen dies im Patienteninteresse ist. Bislang ist das etwa der Fall bei Arzneimitteln, die direkt in der Praxis angewendet werden, etwa Spiralen beim Frauenarzt oder auch Impfstoffe für Schutzimpfungen. Schulz-Asche denkt aber auch daran, den Entlassungsprozess von Patienten aus dem Krankenhaus zu überarbeiten. Ihr Appell an Apotheker und Ärzte ist letztlich: „Zusammenarbeit ist das Zauberwort."

Ullmann (FDP) contra Weigeldt

Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Andrew Ullmann – selbst Mediziner – meldete sich per Twitter im Sinne der Apotheker zu Wort: „Wenn ärztliche oder politische Kollegen fordern, dass Ärzte Arzneimittel verteilen sollen, dann zeugt das von wenig Wissen über die Ausbildung und Aufgaben eines Pharmazeuten. Die Bürger verdienen eine professionelle gesundheitliche Versorgung“.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


6 Kommentare

AW: Arzneimittelverteilung

von Simon Teichert am 22.10.2018 um 18:56 Uhr

Das machen die doch schon seit Jahrzehnten, mit den bald neuen Mitteln.
Außerdem müßte ihr das POSITIV sehen, jede größere Praxis und die Praxisgemeinschaften werden dann Apotheker einstellen, unterbezahlt, auch für Personen mit Integrationshintergrund geeignet, auch unterbezahlt, aber es schafft neue Arbeitsplätze.
SETZT EUCH ZUR WEHR, STREIKT, TUT EUCH ZUSAMMEN.
Die Bahn hat's auch mit Hilfe der Politik nicht geschafft.
ABER IHR MÜST AUF DIE STRASSE.
Sonst gibt es etwas Mittelstand weniger.
Hier in Mecklenburg ist gut zu sehen wie lehre Geschäfte ausschauen.
Aber dafür fahren tonnenweise Transporter rum, auch unterbezahlt.
Nur so nebenbei, bei den Versandapotheken reicht doch auch einer aus und wenn mal Fragen oder Probleme sind kann ich doch immernoch in die nächste Apotheke um mit einem Menschen, der das gelehrt hat Live zu reden, sind dann für mich höchstens 60 km, weil in den Kleinstädten wird's wohl keine mehr geben.
Daher nochmal mein Appell:
"MOBILISIERT DIE STRASSE"
verdammt nochmal.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Dispensierrecht für Ärzte

von Matthias Beschnidt am 22.10.2018 um 12:46 Uhr

Warum werden wir von Leuten regiert, die nicht einmal verstehen, warum Arzt UND Apotheker jeweils eigene Approbationen auf Grundlage sehr unterschiedlicher Studiengänge und Fachausbildungen haben!?

Warum geht man wohl in Krankenhäusern (endlich!) wieder dazu über, eigene Krankenhaus-Apotheker einzusetzen!? Weil es komplett unterschiedliche Kompetenzen erfordert!

...und das erkenne ich als Weder-Mediziner Noch-Apotheker sofort. Wieso muss also so etwas (Sinnloses) die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit beanspruchen, wo es doch ganz andere Probleme im Gesundheitswesen zu regeln gäbe!?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Dispensierrecht für Ärzte

von Reiner Gradinger am 22.10.2018 um 11:56 Uhr

Wer so etwas fordert,hat von tuten und blasen keine Ahnung und nur von Geldgier getriggert

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Arzneimittelverteilung

von Peter Bauer am 20.10.2018 um 9:23 Uhr

Mal ehrlich:Viele Ärzte haben heute überhaupt kein Wissen über die Abgabemodalitäten von Arzneimittel in der Apotheke und viele! Rezepte sind so fehlerhaft ausgestellt,dass in der Apotheke nur mit viel Mehrarbeit überhaupt eine Arzneimittelabgabe stattfinden kann.
Eine Arztpraxis hat schlichtweg nicht die personellen,logostischen Möglichkeit und Fähigkeiten bei den momentanen Vorgaben ein Dispensierrecht auszuüben.Genausowenig wie ich in der Apotheke impfen will und kann.Ein Dispensierrecht für Ärzte kann nur jemand fordern,der keinerlei Ahnung von der Praxis hat.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Arzneimittelverteilung

von David Becker am 22.10.2018 um 11:53 Uhr

Annähernd das selbe wollte ich auch anführen.
Über die logistischen Möglichkeiten hinaus sind Ärzte in ihren Praxis-IT ausstattungen nicht annähernd in der Lage Arzneimittel so auszugeben, dass nicht 80% der Praxen innerhalb von 5 Jahren Insolvenz aufgrund von Kassen-Retax anmelden müssten.

Wie schnell die Ärzte sind wenn es darum geht System-technische Neuerungen in den Praxisaltag zu integrieren sieht man doch regelmäßig an den Fristverlängerungen zu jeder Arzt-Telematik-Maßnahme.

Dispension durch Ärzte ist eine lächerliche Drohgebährde von Helikoptervertretern die keine Ahnung von Details haben.

AW: Arzneimittelverteilung

von Dr. Arnulf Diesel am 22.10.2018 um 15:11 Uhr

Vielleicht haben die Ärzte nicht das Wissen zur Abgabe von Arzneimitteln, aber ein bessere Lobby als wir - was nicht der Fehler der Ärzte ist, sondern unser eigener. Wenn das ärztliche Dispensierrecht kommt, dann wird die ärztliche Standesvertretung in den Vertrag schreiben lassen, daß alle Arten von Retaxen ausgeschlossen sind, denn die Abgabe war ja medizinisch notwendig und ärztlich überwacht. Und aufwändige Sonderleistungen wie das Einziehen der Zuzahlung entfällt auch, das wird die Kasse brav selbst machen. Securepharm - wenn wir blöden Apotheker uns sowas aufdrücken lassen, verdienen wir es auch nicht anders.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.