Gesundheitspolitik

Lauterbach fordert „Entökonomisierung“ – aber nicht für den Apothekenmarkt

Berlin - 07.11.2018, 07:00 Uhr

Karl Lauterbach meint, dass die Entökonomisierung in einigen Gesundheitsbereichen Sinn macht, aber nicht im Apothekenmarkt. (b/ Foto: Imago)

Karl Lauterbach meint, dass die Entökonomisierung in einigen Gesundheitsbereichen Sinn macht, aber nicht im Apothekenmarkt. (b/ Foto: Imago)


SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach brüstet sich mit den gesundheitspolitischen Vorhaben, die die Große Koalition in dieser Legislaturperiode bereits umgesetzt hat. Insbesondere die Tendenz zur „Entökonomisierung“ der Pflege lobt der Medizin-Professor. Auf Nachfrage stellt Lauterbach aber klar: Für den Apothekenmarkt sieht er diese Entökonomisierung nicht – schließlich handele es sich bei den Apothekern nicht um Angestellte in einem Abhängigkeitsverhältnis.

Dass Karl Lauterbach, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD, und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ganz gut miteinander können, ist im gesundheitspolitischen Berlin bekannt. Und so nutzte Lauterbach eine seiner regelmäßig stattfindenden Pressekonferenzen zur aktuellen gesundheitspolitischen Lage unter anderem auch dafür, um zumindest indirekt klarzustellen, welchen Favoriten er im Kampf um den CDU-Vorsitz hat. Der Minister sei in der Zusammenarbeit „zuverlässig, schnell und kollegial“. Ohnehin arbeite man in der Gesundheitspolitik „sehr effizient und schnell“ und könne im Gegensatz zu den meisten anderen Politikbereichen schon mit erheblichen Erfolgen glänzen, so Lauterbach.

Einer dieser Erfolge seien die vorgelegten Reformpläne im Pflegebereich. Diese würden „Spuren hinterlassen“, prophezeit der SPD-Politiker. Als Beispiel dafür nennt Lauterbach das Pflegepersonalstärkungsgesetz, das der Bundestag am kommenden Freitag beschließen will. Seit der Einführung der Fallpauschalen in den Kliniken sei dies das „wichtigste Pflegegesetz“, so der Mediziner. Ein Teil des Gesetzes: Die Große Koalition will die Bezahlung der Krankenhauspfleger von der Klinikvergütung abkoppeln. Kurzum: Die Kliniken können die Vergütung der Pfleger künftig separat bei den Kassen abrechnen.

Lauterbach erklärt, dass man die Kliniken weiterhin dazu verpflichten werde, Zahlen und Daten zur Pflege im eigenen Haus künftig im Internet zu veröffentlichen. Der Effekt: Die Patienten wählen sich bei planbaren Eingriffen die Klinik aus, die Kliniken finden sich in einem Pflege-Wettbewerb wieder und investieren in die Pflege. Und dann fällt bei der Pressekonferenz am gestrigen Dienstag ein Satz, bei dem auch bei vielen Apothekern die Alarmglocken läuten dürften: „In der Gesundheit besteht seit etwa 20 Jahren der Trend zur Ökonomisierung. Die Pflege ist der erste Bereich, den wir nun aus der Ökonomisierung herausnehmen. In manchen Berufen mit großem Personalbedarf ist die Entökonomisierung die einzige Möglichkeit, die Situation zu verbessern.“

„Spahn und ich machen noch was im Apothekenmarkt“

Derselbe Karl Lauterbach sagte mitten im Versandhandelskonflikt und nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung im vergangenen Jahr: „Man kann doch die Leute nicht zwingen, in die Apotheke zu gehen. Der Versandhandel ist etabliert und bei vielen Menschen sehr beliebt. Gerade für Chroniker ist er eine sehr angenehme und bequeme Alternative.“ 

DAZ.online fragte also nach, ob der Apothekenmarkt sich nicht auch für eine solche Entökonomisierung eigne – schließlich herrsche auch hier ein hoher Personalmangel und die größten Versender im Markt sind reichlich „ökonomisiert“.

Lauterbachs Antwort:


Ich habe gesagt, dass die Entökonomisierung für einige Berufe der richtige Weg sein könnte. Bei Apothekern handelt es sich um Freiberufler, Apotheker sind stolze freie Unternehmer. Andere Berufsgruppen, wie etwa die Krankenpflegerinnen und –pfleger, sind in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt. Das ist nicht vergleichbar.“

Karl Lauterbach (SPD)


Dennoch versprach der SPD-Politiker, dass „Spahn und ich uns auch noch zum Versandhandel und zum Apothekenmarkt Gedanken machen“. Ziel sei es, die Arzneimittelversorgung durch Apotheken in der Fläche zu erhalten. Dazu würden „im Hintergrund“ Gespräche geführt. Wann er und Spahn was im Apothekenmarkt vorhaben, verriet Lauterbach aber nicht.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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6 Kommentare

Arzneimittelqualität

von Kritiker am 08.11.2018 um 8:51 Uhr

Bzgl Anhebung und Sicherung der Arzneimittelqualität und von Schaffung von Tranzparenz erwartungsgemäß kein Wort. Unsere selbsternannten Eliten wollen den möglicherweise lediglich die Spitze des Eisbergs darstellenden Valsartan Skandal anscheinend aussitzen.

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Keine Ahnung von Nix

von Ratatosk am 07.11.2018 um 19:19 Uhr

Ein echter lauterbacher Nonsense !
Man keinen zwingen in die Apotheke zu gehen.
Warum muß ich zum Elektriker, Rechtsanwalt etc. ? Als rein ökonomischer Betrieb würden wir sehr viel unrentalbles nicht machen ! Dieser Beitrag zeigt die ganze katastrophale Unkenntnis dieser Materie durch den Professore. Durch diese Leute taucht die SPD sicher bald in den einstelligen Berieich, dann kann er diesen Unsinn ungehört im Wald seinem Lieblingsbaum vorsingen, oder was er immer vorziehen mag.

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So so Herr Lauterbach,

von Stefan Haydn am 07.11.2018 um 14:00 Uhr

ich wusste gar nicht dass es sich in der Apotheke nur um Freiberufler und selbständige Apotheker handelt.

Soweit ich informiert bin, sind in den öffentlichen Apotheken ca. 150000 Angestellte beschäftigt.
Die haben also kein Recht auf eine angemessene Entlohnung für ihre Arbeit?

Erkennen Sie den Fehler in ihrer Aussage? Falls nicht, sollte auch dem Letzten klar sein, warum ihre Partei in Deutschland keiner mehr wählt und offenbar für überflüssig hält.

Ich bin übrigens für die Ökonomisierung der Abgeordnetenvergütung.
Bezahlung nach messbarer Leistung und Sitzungsanwesenheit, sowie Umsetzung von Gesetzgebungsvorhaben und Vollhaftung für politisches Versagen.
Gleichzeitig auch für die Halbierung der Bundestagsmandate.

Das könnte lustig werden, aber vielleicht mal endlich zum WOHLE der Bürger gereichen.

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AW: So so Herr Lauterbach

von Frederik Weiss am 07.11.2018 um 17:24 Uhr

In deutschen Apotheken arbeiteten 2017 rund 158.000 Personen. Darunter neben 51.000 Apothekern 66.000 PTA, 33.000 Angestellte/Helfer, über 5.000 Apothekerassistenten/Pharmazie-Ingenieure. Der Frauenanteil lag im Schnitt bei ca. 90%. Es ist unverantwortlich, ständig zu versuchen, ein (noch) funktionierendes, hoch qualifiziertes System zu gängeln. Im Gesundheitswesen gäbe es eine Menge anderer "Ansatzpunkte", die aus welchen Gründen auch immer von den Spahns und Lauterbachs verdrängt werden.

So wird es kommen

von Dr. Schweikert-Wehner am 07.11.2018 um 11:51 Uhr

Karl und Jens werden sich was überlegen und was die ABDA dazu meint ist unerheblich. Na dann gute Nacht.

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Doch !

von Dr. Stephan Hahn am 07.11.2018 um 9:52 Uhr

Auch Krankenpfleger und -pflegerinnen haben Chefs, die ebenfalls stolze freie Unternehmer sind, wenn sie nicht sogar selbst sebstständig sind!. Haben wir etwa keine Angestellten, die ebenfalls nach einer auskömmlichen Bezahlung ihrer Arbeit lechzen??

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