Cochrane-Review zur COPD-Therapie

Prophylaktische Gabe von Antibiotika senkt die Exazerbationsrate

Remagen - 07.11.2018, 16:15 Uhr

Weniger Exazerbationen bei COPD-Patienten durch prophylaktische Antibiose. (c / Foto: drubig-photo / stock.adobe.com)

Weniger Exazerbationen bei COPD-Patienten durch prophylaktische Antibiose. (c / Foto: drubig-photo / stock.adobe.com)


COPD-Patienten prophylaktisch mit Antibiotika zu behandeln, könnte ein sinnvoller Ansatz sein, um Exazerbationen zu verhindern. Schließlich werden diese häufig durch bakterielle Infektionen ausgelöst. Ein aktueller Cochrane-Review hat die wissenschaftliche Datenlage dazu analysiert und kommt zu dem Schluss, dass das wirklich etwas bringt, warnt aber trotzdem vor einer unkritischen Anwendung.

Patienten mit einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) erleben häufig sogenannte „Exazerbationen“, die von Experten als „Infarkt des COPD-Patienten“ bezeichnet werden. Die Lungenfunktion verschlechtert sich plötzlich und für kurze Zeit drastisch. Beschwerden, wie Atemnot, Auswurf, Enge im Brustraum werden abrupt schlimmer. Die Betroffenen fühlen sich mehrere Tage krank und leistungsschwach. Exazerbationen können zu einem weiteren irreversiblen Verlust der Lungenfunktion sowie zu Arbeitsunfähigkeiten, Krankenhauseinweisungen, einer verminderten Lebensqualität oder sogar zum Tod führen. Deshalb ist es wichtig, sie schnell zu erkennen oder sogar zu versuchen, sie zu vermeiden.

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14 Studien mit 4.000 Patienten

Da die akuten Verschlechterungen oft durch bakterielle (oder virale) Infekte der Atemwege ausgelöst werden, könnte die prophylaktisch Gabe von Antibiotika ein sinnvoller Ansatz in der Langzeit-Therapie der COPD sein. Ob diese für die Patienten wirklich etwas bringt, hat ein neuer Cochrane-Review untersucht.

Der Review evaluiert 14 randomisierte kontrollierte Studien (RCT), die die prophylaktische Antibiotikagabe bei knapp 4.000 COPD-Patienten mit Placebo verglichen. Die Studienteilnehmer mit einem Durchschnittsalter von 65 bis 72 Jahren hatten meist eine mittelschwere bis schwere COPD. In den Studien wurde untersucht, ob die regelmäßige, kontinuierliche Gabe (jeden Tag) oder die intermittierende (dreimal pro Woche) beziehungsweise die gepulste Gabe (zum Beispiel für fünf Tage alle acht Wochen) bei den Betroffenen die Häufigkeit von Exazerbationen reduziert und zur Verbesserung der Lebensqualität beiträgt. Neun Studien testeten die kontinuierliche Verabreichung von Makrolid-Antibiotika, zwei die intermittierende Antibiotikaprophylaxe und zwei die gepulsten Therapien. Eine Studie hatte drei Arme mit allen drei Ansätzen. Die untersuchten Antibiotika waren Erythromycin, Clarithromycin, Doxycylin, Roxithromycin, Azithromycin und Moxifloxacin. Die Studiendauer variierte zwischen drei und 36 Monaten.

Nutzen nur für Makrolide gezeigt

Insgesamt führten die kontinuierliche und die intermittierende prophylaktische Antibiotikagabe zu einem klinisch signifikanten Vorteil hinsichtlich der Verringerung der Exazerbationen. Die Zahl der Teilnehmer, die eine oder mehrere Verschlechterungen erlebten, lag bei 61 Prozent in der Kontrollgruppe im Vergleich zu 47 Prozent in der Behandlungsgruppe (acht Studien, 2.716 Teilnehmer). Auch die Häufigkeit der Exazerbationen pro Patient und Jahr verringerte sich mit der prophylaktischen Behandlung. Sechs der sieben Studien, die die Zeit bis zur ersten Exazerbation betrachteten, berichteten eine Verlängerung (das heißt einen Nutzen) mit Antibiotika, die in vier Studien als statistisch signifikant bezeichnet wurde. Alle Untersuchungen mit einer kontinuierlichen und intermittierenden Antibiotikagabe verwendeten Makrolide, daher gilt der Nutzen nur für diese Antibiotika, und zwar, wenn sie mindestens dreimal pro Woche gegeben werden. Die Auswirkungen der gepulsten Antibiotikagabe bleiben laut Auskunft der Cochrane-Autoren ungewiss und bedarf weiterer Forschung.

 Höhere Lebensqualität, aber auch Nebenwirkungen

Weiterhin fanden sie Hinweise darauf, dass die vorbeugende Antibiotikabehandlung möglichweise die Lebensqualität verbessert. Keine signifikanten Auswirkungen zeigten sich demgegenüber auf die sekundären Zielparameter Häufigkeit der Krankenhausaufenthalte, Veränderung der Einsekundenkapazität (Forced Expiratory Volume, FEV1) als Diagnoseparameter der Lungenfunktion, schwerwiegende unerwünschte Ereignisse oder All‐cause-Mortalität. Die unerwünschten Ereignisse variierten je nach verwendetem Antibiotikum. Azithromycin war in der Behandlungsgruppe mit einem signifikanten Hörverlust verbunden, der aber in vielen Fällen reversibel oder teilweise reversibel war. Eine Studie mit gepulster Moxifloxacin-Gabe berichtete über eine deutlich höhere Anzahl von unerwünschten Ereignissen im Behandlungsarm durch den deutlichen Anstieg gastrointestinaler Nebenwirkungen. Sechs verzeichneten die Entwicklung von Antibiotika-Resistenzen, jedoch konnten die Cochrane-Autoren die Ergebnisse nicht kombiniert interpretieren.

Nutzen und Risiko sorgfältig abwägen

Dies klingt unter dem Strich alles recht positiv, aber die Cochrane-Reviewer geben einige Aspekte einschränkend zu bedenken: Die analysierten Studien enthielten meist Teilnehmer mit häufigen Exazerbationen und mindestens mittelschwerer COPD sowie in der Regel ältere Patienten. Die Ergebnisse gälten nur für diese Gruppe und seien möglicherweise nicht generalisierbar. Außerdem sei die prophylaktische Gabe von Antibiotika auch mit Nachteilen verbunden, so zum Beispiel mit zusätzlichen Nebenwirkungen oder auch Gefahren hinsichtlich der allgemeinen Resistenzentwicklung, vor allem, wenn die Präparate regelmäßig für Monate oder Jahre gegeben werden. Nutzen und Risiko der Therapie sollte daher sorgfältig abgewogen werden, so ihre abschließende Empfehlung.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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