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8. November 2018
Also, mein liebes Tagebuch, dass das mal klar ist: Am liebsten, am allerliebsten hätten wir bitte gerne das Rx-Versandverbot. Eigentlich führt daran gar kein Weg vorbei, denn nur so hat der ganze Spuk mit den Boni und Rabatten der Versender und allem Unheil, was da sonst noch in der Luft liegt, ein Ende. Und die Gleichpreisigkeit bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wäre wieder hergestellt. Und das geht nur mit einem Rx-Versandverbot. Aber leider gibt es da einige Aber. Das größte Aber: Spahn glaubt nicht daran, dass es politisch und EU-rechtlich machbar ist (obwohl Juristen und sogar CDU-Gesundheitsmann Hennrich von einer Machbarkeit überzeugt sind; es stellt sich dann nur die Frage, wie lang das dauern würde). Aber egal, Spahn will das Rx-Versandverbot im Innersten seines Herzens nicht. Sein Credo: Versandverbote passen nicht in die Zeit. Daher hat er die obersten Apothekers ins Gebet genommen und die fangen jetzt offiziell an – horribile dictu – darüber nachzudenken, welche Pläne B, C, D, welche Alternativen, welche Substitute es noch geben könnte, Gleichpreisigkeit auf anderen Wegen zu erreichen (wird nicht möglich sein) oder – und jetzt wird’s spannend – zumindest irgendwie einen Ersatz für entgangene Rx-Umsätze zu bekommen. Und diese Alternative müssten sie dann noch für die Basis in Zuckerwatte verpacken, um es ihr schonend zu verklickern und sie dafür sogar zu begeistern.
Am Mittwoch trat das kleine Konzil zusammen, die Chefs und Chefinnen der 34 Mitgliedsorganisationen haben sich in Berlin getroffen, um nach möglichen Alternativen zum Rx-Versandverbot Ausschau gehalten. Dass es dabei, ganz platt, auch ums Geld ging, liegt auf der Hand. Geredet wurde über Umstrukturierungen im Apothekenmarkt, über neue Honorarkomponenten. Was dabei herausgekommen ist? Klar, alles geheim, nix Genaues weiß man nicht, nur wenige haben ein bisschen geplaudert und vage Andeutungen herausgelassen. Was klar ist: Noch lange ist da kein fertiges Konzept eingetütet. Im Prinzip schwirrt da derzeit erst einmal das gesamte Konglomerat an Möglichkeiten durch den pharmazeutischen Äther wie neue Vergütungskomponenten für Apotheker, ein Strukturfonds für kleine Landapos, ein Fonds für pharmazeutische Dienstleistungen (welche Leistungen sollten das sein?), mehr Honorar für Nacht- und Notdienst, andere Einkaufsbedingungen beim Großhandel (Spannen und Rabatte), außerdem die Suche nach Möglichkeiten, wie man die Boni-Tätigkeit der EU-Versender außerhalb eines Rx-Versandverbots einschränken könnte und noch dies und das. Wobei die Diskussionen über eine Strukturkomponente für versorgungsrelevante (Land-)Apotheken wohl den meisten Raum einnahmen. Ob es letztlich darauf hinauslaufen wird, dass Spahn uns Apothekers eine Summe X schmackhaft macht, die wir über Fonds welcher Art auch immer, über Mehrarbeit, über Präventionsarbeit erwirtschaften müssten – kann sein, kann aber auch nicht sein. Noch ist das alles nichts anderes als eine wilde Spekulation, selbst die Summe von 350 Mio. Euro, die da durch den Medienäther geistert – nix als Spekulation.
Mein liebes Tagebuch, nur mal angenommen, es käme tatsächlich eine Summe X als „Ausgleich“ fürs abgelehnte Rx-Versandverbot, was würde dann passieren? Der Ausgleichsbetrag würde sich in den politischen Mühlsteinen rasch auf deutlich weniger zerreiben – man denke nur daran, was passiert, wenn diese Summe in die Bild-Zeitung gelangt oder wenn die Krankenkassen ihr Hassfeuer dagegen abballern. Und für die Opposition ist das eine Steilvorlage, gegen mehr Honorar für Apotheker zu stimmen. Außerdem Unsicherheitsfaktor Spahn – was ist, wenn er sein Gesundheitsministeramt abgibt, weil er sich zu Höherem berufen fühlt? Was machen sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin?
Also, mal mit kühlem Kopf betrachtet und auf das Niveau eines „Big Deal“ von ABDA und Spahn heruntergebrochen: Mit Spahn gibt es kein Rx-Versandverbot, man sucht nach einem Ersatz, an dessen Ende ein Verlustausgleich für uns Apothekers, sprich Geld, steht. Die Frage ist dann: Sagt die ABDA ja dazu oder lehnt sie das ab? Mein liebes Tagebuch, mal anders gefragt: Welche Alternativen haben wir denn? Was bleibt uns sonst? Wenig bis nix. Na siehste, mein liebes Tagebuch, da kommt man doch in Versuchung, solche Art von Deals gut zu finden. Fazit: Wir werden zustimmen – und sollten findige Juristen einen Klageweg hin zum Rx-Versandverbot vor den EuGH beschreiten, umso besser – da sagen wir doch nicht Nein dazu. Und wie geht es nun tatsächlich weiter: Bald mehr in diesem Theater – nach dem 11.11.!
16 Kommentare
politiccccs
von Dr.Diefenbach am 12.11.2018 um 11:43 Uhr
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Buchpreisbindung
von Christian Giese am 11.11.2018 um 12:45 Uhr
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Das "Weihnachtsgans-Szenario" im Detail
von Wolfgang Müller am 11.11.2018 um 12:07 Uhr
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AW: Das "Weihnachtsgans-Szenario"
von Karl Friedrich Müller am 11.11.2018 um 13:24 Uhr
AW: Das "Weihnachtsgans-Szenario"
von Wolfgang Müller am 11.11.2018 um 16:01 Uhr
Fehler
von Reinhard Rodiger am 11.11.2018 um 11:58 Uhr
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Sonntachmorjen un´ nur saure Jurken
von Bernd Jas am 11.11.2018 um 11:57 Uhr
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Weggabelungen ...
von Reinhard Herzog am 11.11.2018 um 11:03 Uhr
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AW: Weggabelungen
von Karl Friedrich Müller am 11.11.2018 um 11:24 Uhr
AW: Weglaufungen
von Bernd Jas am 11.11.2018 um 12:19 Uhr
Gebrauchter Polo Diesel gegen RXVV ...
von Christian Timme am 11.11.2018 um 10:28 Uhr
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Linsengericht oder schlechter Ruf ?
von Christian Giese am 11.11.2018 um 10:22 Uhr
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Honig ums Maul
von Conny am 11.11.2018 um 9:36 Uhr
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AW: Conny mit dem kleinen e
von G. Wagner am 11.11.2018 um 18:00 Uhr
No big deal in Sicht!
von Ulrich Ströh am 11.11.2018 um 8:40 Uhr
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von Anita Peter am 11.11.2018 um 8:16 Uhr
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