Brandenburg

Kammerpräsident Dobbert attackiert Spahn und Schmidt

Berlin - 22.11.2018, 14:00 Uhr

Brandenburgs Kammerpräsident Jens Dobbert ist sauer: Er traut den Angeboten von Jens Spahn (CDU) nicht und versteht ebenso wenig das Vorgehen der ABDA im Versandhandelskonflikt. (Foto: Schelbert)

Brandenburgs Kammerpräsident Jens Dobbert ist sauer: Er traut den Angeboten von Jens Spahn (CDU) nicht und versteht ebenso wenig das Vorgehen der ABDA im Versandhandelskonflikt. (Foto: Schelbert)


Brandenburgs Kammerpräsident Jens Dobbert ist dafür bekannt, dass er sowohl mit der Politik als auch mit der eigenen Standesvertretung auf Bundesebene hart ins Gericht geht. Auch bei der gestrigen Kammerversammlung in Potsdam nahm Dobbert kein Blatt vor den Mund: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe den Apothekern ein „vergiftetes Angebot“ unterbreitet. Und: Für die jüngsten Äußerungen von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt zum Rx-Versandverbot hat der Präsident wenig Verständnis.

Am gestrigen Mittwoch kamen in Potddam die Delegierten der Brandenburger Landesapothekerkammer zusammen. Themen auf der Tagesordnung gab es einige, die Veranstaltung startete – wie gewohnt – mit einer kernigen Rede von Kammerpräsident Jens Dobbert. Der Apotheker aus Forst beschäftigte sich hauptsächlich mit den derzeitigen Diskussionen rund um den Versandhandelskonflikt, den Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu diesem Thema und der Strategie der ABDA.

Dobbert verwies darauf, dass auch er bei den vergangenen Sitzungen des ABDA-Gesamtvorstandes in Details eingeweiht wurde, die die Gespräche zwischen dem Bundesgesundheitsministerium und der ABDA betreffen. Allerdings sei ein striktes Stillschweigen vereinbart worden. Zu den vom Branchendienst Apotheke Adhoc kolportierten Gerüchten, dass es ein 350-Millionen-Euro-Paket für die Apotheker geben solle, sagte Dobbert: „Glauben Sie bitte nicht alles, was in den letzten Tagen in Online-Medien zu lesen war. Hier wurden Berichte gestreut, wonach die Apotheker sich auf ein 350-Millionen-Euro-Paket geeinigt haben sollen. Wir müssen wohl damit leben, dass es immer wieder Menschen gibt, die von einer gewissen persönlichen Profilierung getrieben werden.“

Dobbert: Das Impf-Angebot war vergiftet

Der Kammervorstand hat den Versandhandelskonflikt und die Möglichkeiten für die Apotheker laut Dobbert intensiv beraten. Dabei ging es auch um die Rede von Spahn auf dem diesjährigen Apothekertag. Dobbert sagte dazu: „Spahn unterbreitete uns ein vergiftetes Angebot und drohte mit dem 2HM-Gutachten. (…) Um es noch einmal deutlich zu sagen, ein CDU-Politiker droht den Apothekerinnen und Apothekern mit einem SPD-Gutachten. Ich glaube, so etwas gab es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nicht.“

Aber was meinte der Kammerpräsident mit „vergiftetem Angebot“? Dobbert erklärte, dass es um die Äußerung Spahns ging, dass er sich auch durchaus vorstellen könne, dass Apotheker impfen. Zur Erinnerung: Die Hausärzte reagierten auf diesen Vorschlag, indem sie umgehend nach dem DAT das Dispensierrecht forderten. Dobbert fragt sich: „Ist das der Arbeitsstil unseres Gesundheitsministers? Er wirft den Heilberuflern irgendwelche Brocken hin und lehnt sich entspannt zurück, um zu schauen, wie sich Apotheker und Ärzte zerfleischen.“ In der Sache ist Dobbert übrigens klar: Er ist gegen Impfungen in der Apotheke. „Unsere Profession sind  Arzneimittel und keine Dienstleistungen, in denen wir nicht entsprechend ausgebildet sind“, erklärte er.

Fragen an die ABDA

Doch nicht nur Spahn bekam in der Rede des Kammerpräsidenten sein Fett weg. Wieder einmal kritisierte er auch die Arbeit der ABDA aufs Schärfste. Zur Erinnerung: Erst im Sommer hatte Dobbert die ABDA heftig angegriffen– unter anderem für eine Beitragserhöhung und ihr vorgeworfen, „gemeinschaftlich abgetaucht“ zu sein. Und vor zwei Jahren hatte die Kammer die Beiträge an die ABDA gekürzt – ebenfalls aus Unzufriedenheit mit der Standesvertretung. Nun stört sich Dobbert an den jüngsten Äußerungen von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. Der war in den vergangenen Tagen und Wochen bei vielen Kammer-Veranstaltungen aufgetreten und hatte sich selbstkritisch dazu geäußert, dass die ABDA alles auf die Karte Rx-Versandverbot gesetzt hat. Laut Schmidt könnten so andere Forderungen der Apotheker – wie etwa nach einem höheren Honorar – platzen. Und: Das Rx-Versandverbot bringe den Apothekern auch nicht mehr Geld in die Apotheke.

Dobbert wiederholte einige Zitate des ABDA-Präsidenten, wie etwa, dass man der „Versuchung Rx-Versandverbot“ erlegen sei, als der damalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ein Gesetz in Aussicht stellte. Weitere Schmidt-Zitate, an denen sich Dobbert stört, sind: „Die Politik unterstellt den Apothekern Besitzstandswahrung, man spricht von einer Verweigerung, sich an die Digitalisierung anzupassen. Dadurch hat auch unser Bild in der Öffentlichkeit Schaden genommen.“ Oder: „Vielleicht sollten wir neue Instrumente entwickeln, um unabhängiger vom Arzneimittelpreis zu werden. Man könnte auch mehr auf pharmazeutische Dienstleistungen setzen, da gleiche Preise hier einfacher zu erhalten seien.“ Und: „Mit dem Rx-Versandverbot werden wir keine wirtschaftliche Verbesserung erreichen.“

Dobbert: Wollen wir den Berufsstand für ein paar Euro verkaufen?

Dobberts Kommentar dazu: „Sehen wir hier womöglich eine Abkehr vom Arzneimittel hin zu pharmazeutischen Dienstleistungen? Soll das der Plan B sein, den wir dem Minister vorschlagen wollen? Eine Abkehr von der Forderung der Gleichpreisigkeit ist aus Sicht des Vorstandes der Landesapothekerkammer Brandenburg der falsche Weg.“ Brandenburgs Kammerpräsident formulierte daher einige Fragen an die ABDA:

  1. War die ABDA Führung in den letzten zwei Jahren wirklich so blockiert, dass sie nicht in der Lage war einen sogenannten „Plan B“ zu entwickeln?

  2. Werden mit den jetzigen Ausführungen Entschuldigungen gesucht, warum neben der Forderung der Gleichpreisigkeit die ABDA-Führung nicht in der Lage war, unseren Berufsstand mit eigenen Vorschlägen weiterzuentwickeln?

  3. Wollen wir wirklich für ein paar Euro, die uns womöglich angeboten werden, unseren Berufsstand verkaufen?

Kammer-Mitglieder diskutieren

Dobbert sagte, ihm sei es wichtig gewesen, auch die Basis in die Diskussionen zum Erhalt der Gleichpreisigkeit einzubeziehen. Die Kammer Brandenburg hat daher Anfang November eine Diskussionsveranstaltung in Potsdam veranstaltet, auf der sich die Mitglieder über mögliche Alternativen zum Rx-Versandverbot austauschten. Die vorgeschlagenen Lösungen wurden aufgeschrieben und nun in einem Brief an ABDA-Präsident Friedemann Schmidt geschickt.

Am gestrigen Mittwoch stellte Dobbert die Ideen seiner Kollegen aus Brandenburg vor. Die Gleichpreisigkeit habe bei allen „ganz oben auf der Forderungsliste“ gestanden, gefolgt von Forderungen nach einer besseren Vergütung. Ähnlich wie es auch schon Nordrheins Kammerpräsident Lutz Engelen mit dem „Sicherstellungsauftrag“ gefordert hatte, haben auch die Brandenburger Apotheker Kriterien vorgeschlagen, nach denen eine Belieferung von Versandapotheken in gewissen Fällen ausgeschlossen werden könnte.

Vorschlag: Versand von Belieferung ausschließen

Laut Dobbert sei es um „Versorgungsrichtlinien für die Arzneimittelversorgung aus Apotheken“ gegangen und um „Gruppen von Arzneimitteln“, die aus der Versorgung über den Versand ausgeschlossen werden könnten. Zu diesen Arzneimittelgruppen sollten gehören: BtM, Arzneimittel mit Transportrisiko, Arzneimittel bei deren Anwendung ein Suchtrisiko besteht, Arzneimittel der Kühlkette, erläuterungsbedürftige Arzneimittel, Arzneimittel, die zur Behandlung eines akuten lebensbedrohlichen Zustands eingesetzt werden können, Arzneimittel, die einen Mehrverbrauch erzeugen können, sowie alle Arzneimittel, deren verzögerter Einsatz der Gesundheit des Patienten schadet.

„Tacheles“, das Meinungsmagazin der Brandenburger Kammer

Zum Abschluss seiner Rede stellte Dobbert noch eine Neuigkeit im Bereich PR/Öffentlichkeitsarbeit vor. Die Kammer Brandenburg wird ab sofort vier Mal im Jahr ein „Meinungsmagazin“ veröffentlichen, das den politischen Entscheidungsträgern zugesendet werden soll. Der Name des Magazins: „Tacheles“. Dobbert erklärte dazu: „Die Apothekerschaft leidet in den Berichterstattungen über unseren Beruf in den Medien meistens an nicht zutreffenden oder falschen Formulierungen. Das hat oft damit zu tun, dass die Verfasser der Berichte über das Apothekenwesen nicht viel wissen, sich ihr Wissen anlesen oder aus dem Internet heraussuchen.“ Mit „Tacheles“ wolle man sich die Möglichkeit erhalten, die „nicht durch dritte verfälschte Meinung“ der Apotheker an die entscheidenden Stellen zu transportieren. Die Apotheker konnten sich die Nullnummer des Magazins am gestrigen Mittwoch im Potsdamer Apothekerhaus auch schon anschauen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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5 Kommentare

Ist ja wirklich ....

von gabriela aures am 23.11.2018 um 22:40 Uhr

...herzerwärmend, wenn Einzelne immer mal wieder die Gepflogenheiten der ABDA kritisch begleiten.
Brandenburg, Hamburg und manchmal NR ätzen ganz offen gen Lindenstraße, andere Länder etwas subtiler.

Kommt da mal was dabei raus oder ist jetzt wieder bundesweit geordnete Ruhe bis zu den Kammerversammlungen im Frühjahr/Frühsommer ?

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„Tacheles“ ... nur nicht aus Berlin ...

von Christian Timme am 23.11.2018 um 7:12 Uhr

Da hat die ABDA einen „kernigen“ Pressesprecher ... aber Jens Dobbert kann es besser. Mit „Tacheles“ wird der ABDA der Spiegel der Transparenz präsentiert. Jetzt müsste man in Berlin „nur noch lesen können“ ...

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AW: „Tacheles“ ... nur nicht aus Berlin

von Heiko Barz am 23.11.2018 um 13:20 Uhr

Eh...? Welchen Pressesprecher?

Bevor ich mich verkaufe..

von Peter Bauer am 22.11.2018 um 17:10 Uhr

Ich verzichte lieber auf ein solches "Angebot" ,bevor ich mich verkaufe.Ich will nicht impfen ,ich will eine auskömmliche Bezahlung für meine gute(!) Arbeit.Leider werden die paar Kaminzimmerapotheker der Abda vor Herrn Spahn wieder kuschen,wenn der mit erhobenem Zeigefinger drohen wird:wer nicht hören ,muss fühlen.
Ich frage mich,wie wir es immer schaffen solche "tollen" Menschen an die ABDAspitze zu hieven.Vielleicht macht mal endlich einer mal seinen Mund auf und sagt mal NEIN ,auch wenn es hinterher finanziell wehtut!
Solange wir das nicht machen,bekommen wir Apotheker immer nur hinten reingetreten.Und mal ehrlich:Ich würde die Apothekerschaft im jetzigen berufspolitischen Zustand auch nicht für voll nehmen,wenn ich mich so umschaue.

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Es war...

von Christiane Patzelt am 22.11.2018 um 14:05 Uhr

...wie immer erfrischend und er bleibt mein liebster Kammerpräsi! Wenn wir andere damit anregen könnten, sich zu bewegen, wäre schon geholfen - wir haben es echt verdient, vernünftig vertreten zu werden—im Kleinen, wie auch im Großen!

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