Apothekerkammer Westfalen-Lippe

ABDA-Präsident Schmidt im Apotheker-Kreuzfeuer

Münster - 28.11.2018, 14:40 Uhr

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt (hier beim DAT in München) stellte sich bei der
Mitgliederversammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) den  Fragen der Delegierten. (c / Foto: AKWL)

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt (hier beim DAT in München) stellte sich bei der Mitgliederversammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) den  Fragen der Delegierten. (c / Foto: AKWL)


ABDA-Präsident Friedemann Schmidt musste sich am heutigen Mittwoch in Münster heftige Kritik und bohrende Fragen der Mitgliederversammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) gefallen lassen. Die AKWL hatte sich in ihrer letzten Sitzung über den ABDA-Haushalt beschwert und eine schlechte „Beiträge-Leistungs-Bilanz“ moniert. Heute hatten die Apotheker die Möglichkeit, Schmidt selbst zu befragen. Es ging um das wackelnde Rx-Versandverbot, die Struktur der ABDA, den Ablauf des Apothekertages und die ABDA-Beiträge.

Die ABDA steht unter Druck – und das nicht nur in der Politik sondern auch intern. Seit Wochen reist ABDA-Präsident Friedemann Schmidt durchs Land und tritt fast täglich auf Versammlungen von Apothekerkammern und -verbänden auf. Warum tut er das? Unter anderem, weil die ABDA das berechtigte Gefühl hat, dass die Stimmung in einigen Mitgliedsorganisationen kippen könnte. Ein gutes Beispiel ist die AKWL: Im Juni trafen sich die Delegierten zuletzt und kritisierten den ABDA-Haushaltsentwurf: Die entrichteten Mitgliedsbeiträge stünden in keinem ausgewogenen Verhältnis zu den dafür erbrachten Leistungen, so der Konsens der damaligen Diskussion. Es gab eine kurze Befragung zu dem Thema, bei der die Zufriedenheit der Delegierten abgefragt wurde. 52 Prozent der Delegierten in Westfalen-Lippe zeigten sich unzufrieden. Ähnliche Diskussionen und Beschlüsse gab es auch in anderen Kammern und Verbänden.

Auch aufgrund der politischen Lage besteht aber Erklärungsbedarf: Die ABDA ist gerade dabei eine historische Niederlage zu erleiden. Zwei Jahre lang setzte man sich für eine einzige politische Forderung, das Rx-Versandverbot ein. Nun ist die Möglichkeit, dass dieses Verbot kommt, nicht mehr groß. Das muss die ABDA der „Basis“ erst einmal erklären. Und so stellte sich Schmidt am heutigen Mittwoch den Fragen der westfälischen Apotheker. Hier eine Übersicht über einige Diskussionsthemen:

Mehr zum Thema

Gleichpreisigkeit/Apothekenhonorar

Schmidt: Darüber reden wir mit dem Minister

Beschwerde über falsche Berichterstattung

ABDA: Wir bleiben bei der Gleichpreisigkeit

Kommunikation. Einige Apotheker sprachen den Kontakt der ABDA zur Apotheker-Basis an. Es ging um den Informationsfluss, beispielsweise bei Zwischenständen in politischen Debatten. Schmidt sagte dazu: „Wenn man eine Umfrage unter den Verbänden machen würde, bekämen wir sicherlich den Preis der verschlossenen Auster.“ Schmidt wies aber darauf hin, dass Lobbying vom Vertrauen zwischen den Gesprächspartnern lebe.

ABDA-Struktur. Schon beim diesjährigen Apothekertag stellte der AKWL-Apotheker Michael Mantell einen Antrag zur Neustrukturierung der ABDA, der allerdings zurückgezogen wurde. Und auch heute diskutierten die westfälischen Apotheker mit Schmidt einen möglichen Umbau der ABDA. Schon vor dieser Diskussion verteidigte Schmidt die föderale Struktur der ABDA aber deutlich, wobei er eine klare Trennungslinie zwischen den Apothekern und der ABDA zog. Ein Großteil der Unzufriedenheit erkläre er sich nämlich dadurch, dass die Apotheker schlichtweg nicht Mitglied der ABDA sind. „Unsere Kommunikation richtet sich daher nur an unsere Mitglieder – das sind die Kammern und Verbände und nicht Sie! Wir sind kein Verein, in dem alle Apotheken Mitglied sind.“

Warum ist die ABDA so „langsam“? Schmidt und der ebenfalls anwesende ABDA-Pressesprecher Dr. Reiner Kern erklärten hierzu, dass die ABDA sich immer an die Beschlusslage ihrer Gremien halten müsse. Schmidt wies darauf hin, dass die gesundheitspolitische Stoßrichtung der ABDA beispielsweise von der Hauptversammlung und der Mitgliederversammlung bestimmt wird. Kern sagte: „Wir haben einen klaren politischen Auftrag.“ Die teils langsamen Reaktionen seien also „strukturell angelegt“.

Tierarzneimittel, Rx-Versandverbot und Rolle der Mitgliederversammlung

Das Rx-Versandverbot bei Tierarzneimitteln: Schmidt bezeichnete den Beschluss des EU-Parlaments als „absoluten Wertungswiderspruch“. Er erinnerte an die Erlaubnis des Versandhandels hierzulande im Jahr 2004. Auch dieses Gesetz sei „fachlich nicht stichhaltig“ – aber es existiere nun einmal. Politik sei keine Wissenschaft, sondern werde ganz viel „aus dem Bauch heraus“ gemacht.

Versandhandelskonflikt: Schmidt stellte den Apothekern die Pläne für die nächsten Wochen und Monate vor. Am 11. Dezember werde Spahn in der ABDA-Mitgliederversammlung seine Pläne für den Apothekenmarkt vorstellen. Die ABDA rechne damit, dass das Gesetzespaket im Laufe des Jahres 2019 in Kraft treten soll. Über Weihnachten sollen sich die Kammern und Verbände dann darüber beraten. Am 17. Januar kommen die Apotheker dann nochmals in einer Mitgliederversammlung zusammen, um eine gemeinsame Reaktion auf Spahns Paket zu beschließen. Schmidt machte klar, dass er eine spannende Debatte erwarte. Allerdings erwarte er keine Einstimmigkeit, die werde es bei einem solchen Thema nie geben, so Schmidt.

Rx-Versandverbot: Schmidt bestätigte seinen Kurs der vergangenen Wochen. Er sagte erneut, dass es wohl ein Fehler gewesen sei, sich 24 Monate lang sehr stur auf das Rx-Versandverbot zu konzentrieren. Er sprach auch von einer „Blockadehaltung“. Andere Themen seien aus dem Fokus geraten. Als Beispiele nannte Schmidt das Apothekenhonorar, die Honorierung pharmazeutischer Dienstleistungen und die Digitalisierung.

Umgang mit dem Versandhandel: Neu für viele Apotheker dürfte gewesen sein, dass die ABDA und das BMG sich auch darüber unterhalten, wie man den EU-Versandhandel regulatorisch einschränken kann. Schmidt sagte: „EU-Versender in den Niederlanden werden faktisch nicht beaufsichtigt, weder aus Deutschland noch in den Niederlanden, weil sie ja keine niederländischen Patienten versorgen. Das gehen wir gemeinsam mit dem BMG aber an, das soll auf Ministerialebene geregelt werden.“

Rolle und Funktion der Hauptversammlung: Einige Apotheker stellten die Abläufe auf dem DAT in Frage und beschwerten sich darüber, dass Anträge zu oft „verschwinden“ oder nicht ausreichend besprochen werden. Vereinzelt wurde auch Schmidts Sitzungsleitung kritisiert. Zu viele Anträge hätten keine Chance und würden nicht ausreichend diskutiert. Der ABDA-Präsident verwies aber darauf, dass er sich bei der Sitzungsleitung strikt an die Sitzungsordnung und die Satzung halten müsse.

G-BA Mitgliedschaft, Öffentlichkeitsarbeit und Datenpanel

Die ABDA im G-BA? Die AKWL diskutiert schon seit einiger Zeit, ob es sinnvoll ist, für einen dauerhaften Sitz der Apotheker im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) einzutreten. Ein Apotheker erklärte, er habe recherchiert und beim G-BA herausgefunden, dass die ABDA – obwohl sie in vielen Bereichen stellungnahmeberechtigt sei – seit Jahren keine einzige Stellungnahme zu Sachverhalten abgegeben habe. Zur Mitgliedschaft im G-BA erklärte Schmidt, dass man entweder Leistungen auslösen oder Leistungen bezahlen müsse, um Mitglied im Ausschuss zu werden. Und: „Wir beziehen dann Stellung, wenn wir auch etwas zu sagen haben.“ Schmidt stellte aber in Aussicht, dass sich das bald ändern könnte: Denn wenn die Apotheker pharmazeutische Dienstleistungen anbieten werden, müssten sie logischerweise auch G-BA-Mitglied werden.

Das Datenpanel. Unter den Apothekern gab es vereinzelt Beschwerden darüber, dass die Teilnahme am Datenpanel zu kompliziert sei. Schmidt gab seinen Kollegen recht: „Auch ich habe die Befragung abgebrochen, weil Daten abgefragt wurden, die ich so schnell nicht besorgen konnte. Wir haben aber einen sehr renommierten IT-Anbieter und arbeiten daran.“ Dass die ABDA erst jetzt ein eigenes Datenpanel aufbaue, hänge damit zusammen, dass man bislang die Zahlen der Treuhand verwendet hat, die nun aber in Politik und bei den Kassen nicht mehr akzeptiert würden.

Stillstand beim Fixhonorar. Warum tut sich nichts beim Fixhonorar? Warum wurde das Honorar noch nicht dynamisiert? An dieser Stelle musste Schmidt die Apotheker enttäuschen: „Es besteht politisch derzeit keine Chance auf eine Erhöhung oder Dynamisierung – deswegen fordern wir die Vergütung pharmazeutischer Dienstleistungen auch zusätzlich zum Fixum.“

PR und Öffentlichkeitsarbeit. Zum Schluss der Sitzung stellte ABDA-Sprecher Kern noch einige aktuelle Projekte seiner Abteilung vor und verwies darauf, dass die ABDA in diesem Jahr bereits mehrere PR-Preise gewonnen habe. Er erklärte, dass die ABDA in guten Monaten bis zu 450 Millionen Menschen mit ihrer Kommunikation erreiche. Dass die ABDA-PR-Arbeit dennoch öfters in der Kritik steht, begründete Kern so: „Wir tun viel, das nehmen Sie aber bei Ihrer täglichen Arbeit in der Apotheke vielleicht nicht wahr.“

AKWL erwartet ABDA-Strukturänderungen

Nach dem Frage-Antwort-Format zwischen Schmidt und den Apothekern stellte Kammerpräsidentin Gabriele Regina Overwiening dann noch kurz eine Erklärung vor, in der die Kammer sich auf die aktuelle politische Lage bezieht. Die Erklärung wurde im Vorstand beschlossen und wird nun an die ABDA geschickt. Darin pocht die AKWL darauf, dass einerseits die Gleichpreisgkeit wieder hergestellt werden soll und andererseits auch wichtige andere Handlungsfelder für Apotheker bearbeitet werden sollen, wie etwa das Apothekenhonorar oder pharmazeutische Dienstleistungen. Mittelfristig „erwartet" die AKWL von der ABDA aber eine strukturelle und organisatorische Fortentwicklung, „damit die ABDA in einem zunehmend dynamischeren sowie von Liberalisierung und Digitalisierung geprägten politischen Umfeld bestehen und den Berufsstand mit der notwendigen Einheitlichkeit, Schlagkraft und Durchsetzungskraft vertreten kann."



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


8 Kommentare

Geheim-Gesellschaften und Verschwörungstheorie

von Bernd Jas am 30.11.2018 um 12:02 Uhr

Nein, nein, da muss was größeres laufen.
Zum Vergleich: Lady Gaga erreicht mit Bradley Cooper und ihrem "Supervideo" auf YouTube - I'll Never Love Again (A Star Is Born) gerade mal 58.457.164 Aufrufe in einem Monat!
Das sind gerade mal 13% davon.
Also, wir werden nie erfahren wer die ABDA wirklich ist und womit sie so einen Erfolg hat; alles geheim und noch geheimer als die Gespräche mit "Thomas Spahn".

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

PR-ABDA - 450 Mio. erreichte Personen im Monat ...

von Christian Timme am 28.11.2018 um 16:09 Uhr

Wer einmal die Apotheken Umschau A+B mit einer 1/1 S. 4-fbg. belegt erreicht mit ca. 9. Mio. Gesamtauflage ca. 19. Mio. Personen und zahlt dafür ca. € 150.000,-. Und die im Geld „schwimmende“ ABDA legt mal locker 450. Mio Pers./Monat vor ... wow, wie geht das und was bleibt da wo hängen?

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: PR-ABDA - 450 Mio. erreichte Gummipunkte

von Bernd Jas am 29.11.2018 um 22:42 Uhr

Was wurde erreicht?
450 Millionen Menschen?
In Deutschland?
Vermutlich aber eher im www. oder in China wäre das möglich.

So viele Freunde, und das bei "strukturell angelegter Langsamkeit".
Na wenn die erstmal exponentiell Fahrt aufnehmen, dann gibt es bald "THE BIG SIX OF THE WORLD".

Und FS braucht dann nicht mehr wie jetzt durch´s Ländle klappern, sondern man trifft sich dann nur noch bei Bilderberger´s.

AW: PR-ABDA - 450 Mio. erreichte Personen im

von Christian Timme am 30.11.2018 um 2:42 Uhr

@ Bernd Jas
Das sind „Mehrfachkontakte“ oder „jeder der 82. Mio.im Land wurde im Durchschnitt 5,49 (450 : 82) mal angesprochen“. Wenn die ABDA jetzt noch eine „Zielgruppe“ hätte ... „nur ein Teil aus 82. Mio.“ steigt der Wert (5,49) natürlich ... aber davon hat ja keiner gesprochen ... also typisch ABDA.

ABDA Politik

von Dr.Diefenbach am 28.11.2018 um 15:50 Uhr

Man kann nach Lesen dieser Info festhalten:Das System ABDA ist durchgefallen-dass FS als eigentlich Einziger so breit platziert im Land die Kritik einsteckt,das erfordert Respekt.Aber die Einlassungen zB vom Kollegen Mantell zeigen ja aufs Neue,wie wichtig die Saurier-diskussion um die ABDA als Ganzes ist.Solange der Präsident bei derart vielen Punkten nichts Progressives vermelden kann,gerade bzgl.der Struktur,ist irgendwann Feierabend.Dann kann Herr Dr.Kern auch seine tollen Pokale in der Vitrine betrachten.Ich stelle fest,dass die breite Presse uns nicht gerade verachtet,aber oft ins Lächerliche zieht.Zu Unrecht zwar,aber dennoch.Und das Fehlen im GBa,die Nichtdiskussionen um 2hm,das Staunen,dass ggf. Rx -Versand-Verbote fallen,nur für Tapire und andere Modelle aus Brehms Tierleben gelten,DAS DARF UND DURFTE bei ABDAS NICHT passieren.Das erfordert dann andere Personen an bestimmten Stellen.Allerdings speziell im Hauptamt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Rx Versand

von Michael Zeimke am 28.11.2018 um 15:24 Uhr

Der Präse muß dem Minister nur nachweisen, dass der Mensch genetisch nicht weit entfernt ist.Damit ist der Versandhandel aus dem Ausland gestorben.
Versandhandel nur innerhalb der BRD.
Dies sollte man vor dem 11.12ten abklären, sonst Ausladung.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Treuhand wird nicht geglaubt.

von Alexander Fischer am 28.11.2018 um 15:08 Uhr

"Dass die ABDA erst jetzt ein eigenes Datenpanel aufbaue, hänge damit zusammen, dass man bislang die Zahlen der Treuhand verwendet hat, die nun aber in Politik und bei den Kassen nicht mehr akzeptiert würden."

Einer Treuhand wird nicht getraut.

WOW !

Ich bin sprachlos...

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Treuhand wird nicht geglaubt

von Anita Peter am 28.11.2018 um 16:59 Uhr

Den testierten Jahresabschlüssen, die jeden StB ins Gefängnis bringen würden, wenn was gefälscht wäre, wird nicht getraut. Ohne Worte....

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.