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28. November 2018
Und noch mal ‘was Schizophrenes in dieser Woche: Das EU-Parlament verbietet den Rx-Versand (noch nicht jubeln, der Satz ist noch nicht zu Ende) – für Tierarzneimittel! Klar, auch hier kann man jubeln, geht es doch mit diesem Verbot z. B. darum, einem übermäßigen Antibiotika-Gebrauch in der Tierhaltung und damit neuen Resistenzbildungen vorzubeugen. Ist alles zu unterschreiben. Aber was ist mit verschreibungspflichtigen Humanarzneimitteln? Ist es weniger gefährlich, wenn die Antibiotika und alle anderen Rx-Arzneimittel versandt werden? Sind die Tiere und die Nahrungskette schützenswerter als unmittelbar die Menschen selbst? Wie verrückt ist das denn? Mein liebes Tagebuch, die Logik versteht man nicht. Muss man nicht, es geht bei diesen Entscheidungen nicht wirklich um Gesundheit, es geht um Macht, Einfluss und Geld. Und Tierarzneimittel sind ja auch kein Milliarden-Geschäft und nicht das Geschäft von Politikers Lieblingen, den niederländischen Versendern. Aus dieser Ecke kommt kein Aufschrei. Worauf ein DAZ.online-Kommentar auch aufmerksam macht: Die Sache erinnert an die Debatte um die Buchpreisbindung. Als die Monopolkommission vorschlug, die Buchpreisbindung aufzuheben, kam postwendend der Aufschrei von Kulturstaatsministerin Grütters, wonach die Preisbindung das hohe Kulturgut Buch schütze. Ja, mein liebes Tagebuch, wo bleibt der Einsatz, wenn es darum geht, das höchste Gut, die Gesundheit, zu schützen und den Rx-Versandhandel zu verbieten? Die EU-Formel: Buch und Schweinchen mehr wert als Gesundheit?
Die ABDA und ihre Apotheker – finde den Fehler! Ganz einfach: das Wörtchen „ihre“. Die ABDA hat nämlich gar keine Apotheker als Mitglieder, sondern die Mitglieder der ABDA sind Kammern und Verbände. Und deswegen richtet sich auch die Kommunikation der ABDA nur an Kammern und Verbände und nicht an die Apothekers. O-Ton Schmidt: „Wir sind kein Verein, in dem alle Apotheken Mitglied sind.“ So, mein liebes Tagebuch, damit das mal klar ist, ja? Und nun? Natürlich hat Schmidt formal gesehen Recht. Aber ist es nicht ein wenig unglücklich, wenn man mit Erklärungen dieser Art die Non-Kommunikation rechtfertigen will? Aber lassen wir das, die ABDA ist wie sie ist und allein darüber könnte man lange diskutieren. Auf der Mitgliederversammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe ging’s zur Sache. Schmidt wurde mit unbequemen Fragen konfrontiert – und musste in vielen Punkten Kritik einstecken. Zum Thema Informationsfluss meinte Schmidt: „Wenn man eine Umfrage unter den Verbänden machen würde, bekämen wir sicherlich den Preis der verschlossenen Auster.“ Mein liebes Tagebuch, dem ist nichts hinzuzufügen. Ja, und dann das Eingeständnis: Es war ein Fehler, sich in den letzten Monaten nur aufs Rx-Versandhandelsverbot zu konzentrieren. Das Apothekenhonorar, die Honorierung pharmazeutischer Dienstleistungen, die Digitalisierung seien dadurch hinten runtergefallen. Erfrischende Offenheit auch beim Thema Datenpanel: Schmidt selbst hat die Befragung abgebrochen, da das Procedere zu kompliziert sei. Und Desillusionierung beim Fixhonorar: Derzeit gibt’s keine Chance auf eine Erhöhung, deswegen wolle man die Vergütung pharmazeutischer Dienstleistungen zusätzlich zum Fixum. Will heißen: Nur für mehr Arbeit gibt’s mehr Kohle. Ist alles nicht der Hit, oder? Was nun, mein liebes Tagebuch? Das Ergebnis einer solchen Politik spiegelt sich in der Zufriedenheit der Basis: Laut einer aktuellen Umfrage unter den Mitgliedern der AK Westfalen-Lippe sind knapp zwei Drittel (63 Prozent) „eher“ oder sogar „sehr unzufrieden“ mit der Arbeit der ABDA. Mein liebes Tagebuch, so sieht’s aus, und draußen, am „Stammtisch“, hört man sogar noch mehr Unzufriedenheit. Außerdem werden die hohen Mitgliedsbeiträge, die die Kammern an die ABDA abführen müssen, kritisiert: kein ausgewogenes Verhältnis zu den dafür erbrachten Leistungen. Da gibt es, vornehm formuliert, eine „Beitrags-Leistungs-Differenz“. Oder einfacher: In der Beziehung ist der Wurm drin.
12 Kommentare
RX-VV
von Lutz Engelen am 04.12.2018 um 12:39 Uhr
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Totgesagte leben länger
von manfred saar am 03.12.2018 um 11:31 Uhr
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Das System
von Dr.Diefenbach am 02.12.2018 um 18:54 Uhr
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Dienstleistungshonorar?
von Ute Lindemann am 02.12.2018 um 17:56 Uhr
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Änderung der Blickrichtung
von Reinhard Rodiger am 02.12.2018 um 13:51 Uhr
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Wird´s langsam oligarchisch?
von Christian Giese am 02.12.2018 um 10:34 Uhr
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Konsequenzen und Veränderungen
von Ulrich Ströh am 02.12.2018 um 9:49 Uhr
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Was kann die AfD besser als die eigene Nichtvertretung?
von Christian Timme am 02.12.2018 um 9:12 Uhr
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Datenpanel?
von Dr Schweikert-Wehner am 02.12.2018 um 8:34 Uhr
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AW: Datenpanel
von Anita Peter am 02.12.2018 um 9:00 Uhr
Tagebuch
von Michael Zeimke am 02.12.2018 um 8:11 Uhr
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Spahn
von Anita Peter am 02.12.2018 um 8:09 Uhr
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