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Weihnachtsbäckerei aus pharmazeutischer Sicht (Teil 4)
Zimt ist nicht gleich Zimt
Was Weihnachtsbäckerei mit Apotheke zu tun hat? Ganz schön
viel. Eine Reihe von noch heute verwendeten Backzutaten gab es früher nur
in der Apotheke. Zudem haben viele weihnachtliche Gewürze auch eine bekannte pharmakologische
Wirkung, so zum Beispiel der Zimt. Allerdings ist Zimt nicht gleich Zimt.
Sein Geruch erinnert uns an Glühwein, Bratäpfel und
Weihnachtsplätzchen; therapeutisch wurde er bei Appetitlosigkeit,
Verdauungsbeschwerden, Völlegefühl und Blähungen eingesetzt. Untersuchungen der
letzten Jahrzehnte weisen auf seine Bedeutung als vielversprechendes orales
Antidiabetikum hin, denn seine Extrakte verbessern die Insulinsensitivität von
Fettzellen, kurbeln die Insulinsekretion des Pankreas an und führen zur Senkung
von Glucose- und Lipidwerten im Blut.
Zimt gilt als eines der ältesten Gewürze in der Menschheitsgeschichte. Bereits um 3000 vor Christus fand ein reger Handel mit China-Zimt, der sogenannten Kassie oder Cassia, statt. Aus Südostasien wurde er in Stangen- und Pulverform über die Seiden- und Gewürzstraßen in das Zweistromland exportiert. Babylon war wichtigster Umschlagplatz. Damals wurde auch der „echte“ Zimt oder Ceylon-Zimt aus dem heutigen Sri Lanka immer bekannter. Sogar im Alten Testament finden sich Belegstellen, dass beide Arten des Zimtes geschätzt und verwendet wurden. Aus Unwissenheit oder Kalkül verrieten die arabischen Zwischenhändler damals nicht, woher ihre Waren tatsächlich stammten. So sicherten sie sich jahrhundertelang ein gewinnbringendes Monopol.
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Geschmacklich lassen sich die beiden Lorbeergewächse Cinnamomum cassia und Cinnamomum verum durchaus gut voneinander unterscheiden, vorausgesetzt die pulverisierten Drogen wurden nicht gestreckt oder miteinander vermischt: Der „echte“ Zimt (C. verum) ist blumig und vollmundig im Geschmack. Dem China-Zimt (C. cassia) fehlt dagegen die lebhafte Note, er ist schärfer und bitterer. Zimtstangen bestehen aus den getrockneten und fermentierten Innenschichten zwischen Borke und Mittelrinde, die sich nach der Ernte röhrenartig zusammenrollen. Beim China-Zimt liegt meist nur eine dicke Rindenschicht vor. Beim höherwertigen Ceylon-Zimt sind mehrere Rinden zigarrenähnlich ineinandergeschoben .
Warum Zimt auch kritisch sein kann
Hauptinhaltsstoff beider Arten ist Zimtaldehyd, der 1834 vom bedeutenden französischen Apotheker und Chemiker Jean-Baptiste Dumas (1800 – 1884, u. a. bestimmte er die exakte Atommasse des Kohlenstoffs und vieler weiterer Elemente) aus dem ätherischen Zimtöl isoliert wurde. Abhängig vom Gehalt weiterer flüchtiger Bestandteile, wie Eugenol, Zimtsäure oder Safrol beim Ceylon-Zimt und Cumarin beim China-Zimt, ergibt sich das typische Aroma in Geruch und Geschmack – zugleich aber auch die gesundheitlichen Risiken bei übermäßigem Verzehr. Denn in der Lebensmittelindustrie wird unter der Bezeichnung „Zimt“ meist die billige und stark Cumarin-haltige Kassie verarbeitet – und das nicht nur zur Weihnachtszeit, sondern ganzjährig in Form von Backwaren (z. B. Zimtschnecken oder Apfelstrudel), Desserts (z. B. Milchreis oder Griesbrei), Frühstückscerealien und Kaugummis mit Zimtgeschmack. Zimtsterne enthalten je nach Herstellungsverfahren bis zu 0,7 mg Cumarin, da sich in 1 kg Backteig – ausreichend für 70 bis 100 Zimtsterne – laut europäischer Aromenverordnung 50 mg Cumarin befinden dürfen [41]. Ein 20 kg schweres Kind hätte also nach dem Verzehr von nur drei großen Zimtsternen bereits die laut Bundesamt für Risikobewertung (BfR) tolerierbare Tagesdosis von 0,1 mg Cumarin pro kg Körpergewicht erreicht. Der Genuss ließe sich deutlich sorgloser ausleben, wenn man zum Kochen und Backen den qualitativ höherwertigen Ceylon-Zimt bevorzugen würde, dessen Cumarin-Gehalt nur einige Tausendstel im Vergleich zur Kassie beträgt.
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Hype vorbei, aber spannende Daten
Der Hype um den Einsatz von Zimt-Präparaten bei Diabetes mellitus, die von den Fachgesellschaften ohnehin unter anderem wegen der toxikologischen Problematik,kritisch betrachtet wurden, ist offensichtlich vorbei, zumindest in den Publikumsmedien. In der wissenschaftlichen Literatur ist die Situation eine andere, hier gibt es eine ganze Reihe von neuen experimentellen und klinischen Studien, die diese uralte Droge in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses stellen. Unter dem Suchbegriff Cinnamomum ergab eine Recherche in PubMed 2000 nur 13 Publikationen, so stieg diese Zahl im Jahr 2017 auf 147.
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