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Weihnachtsbäckerei aus pharmazeutischer Sicht (Teil 3)
Weihnachtsgebäck versüßen – ohne Zucker
Weihnachtsgebäck kann einem die Adventszeit so richtig versüßen. Wie das auch ohne Zucker und Honig geht, zeigt der dritte Teil der DAZ-Serie „Weihnachtsbäckerei aus pharmazeutischer Sicht“. Es geht um 24 Gewürze und Backzutaten - mit interessanten Bezügen zur Pharmazie.
Die Unterschiede zwischen Sternanis und Anis scheinen offensichtlich: Während die achtzackigen Balgfrüchte des Sternanis vorzugsweise für weihnachtliche Basteleien und Dekorationen verwendet werden, landen die kleinen Anisfrüchte meistens als Gewürz in Backwaren, Süßspeisen und (hochprozentigen) Getränken. Sternanis schmeckt brennend-würzig. Anis hat eine süße Note. Auch botanisch gesehen sind die beiden Stammpflanzen alles andere als verwandt: Echter Sternanis (Illicium verum) ist ein immergrüner Laubbaum aus der kleinen Familie der Sternanisgewächse (Schisandraceae), der in Südchina und Vietnam beheimatet ist und in Europa erst ab dem 16. Jahrhundert bekannt wurde. Anis (Pimpinella anisum) gehört hingegen zu den Doldenblütlern (Apiaceae); das einjährige Kraut wird bereits seit frühgeschichtlichen Zeiten in Ostmitteleuropa als Genussmittel und zu Heilzwecken verwendet.
Aus pharmazeutischer Sicht haben die beiden Pflanzen jedoch mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede: Das Anisöl (Anisi aetheroleum) aus beiden Früchten ist qualitativ nahezu identisch zusammengesetzt. Der Hauptinhaltsstoff trans-Anethol (80 – 90 Prozent) wirkt schwach antimikrobiell, expektorierend und karminativ. Es wird vor allem aus Sternanis gewonnen, weil dieser sich leichter kultivieren lässt und ertragreicher ist. Immer häufiger dient trans-Anethol als billiger Zusatzstoff in Gewürzmischungen und Arzneizubereitungen.
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… jedenfalls in der Weihnachtsbäckerei. Die Versüßung von Früchtebrot oder traditionellem Weihnachtsstollen kann nicht nur mit Zucker oder Honig gelingen, sondern auch mit dem Zusatz von Zitronat (Succade) und Orangeat – woran sich bekanntlich die Geschmacksgeister scheiden. Gewonnen werden sie durch Kandieren der Schalen von Zitrusfrüchten mit einem besonders ausgeprägten Mesokarp. Zitronat entsteht dabei aus der Zitronatzitrone (Citrus medica), die um das Jahr 70 n. Chr. von jüdischen Migranten als erste Zitrusfrucht nach Europa eingeführt wurde. Zitronat ist eine Zutat zum mondförmigen Zedernbrot und hat diesem sogar den Namen gegeben, denn Bestandteile von Zedernbäumen finden sich nicht im Rezept.
Zur Herstellung von Orangeat verwendet man die Bitterorange oder Pomeranze (Citrus × aurantium), die erst 1000 Jahre später als die Zitronatzitrone nach Europa gelangte. Bereits in der Frühzeit der pharmazeutischen Chemie konnte aus ihr ein interessanter Stoff isoliert werden: Im Jahr 1828 gewann der französische Apotheker Le Breton aus der inneren weißen Schicht der Schalen das Flavonoid Hesperidin, welches als Venentherapeutikum bei Krampfadern oder Hämorrhoiden eingesetzt wird, weil es das Gefäßendothel abdichtet. Außerdem wirkt es antioxidativ, cholesterolsenkend und entzündungshemmend.
Mit Synephrin existiert dagegen ein Ephedrin-ähnliches Alkaloid in Bitterorangen, das als direktes Sympathomimetikum durchaus negative Folgen hervorrufen kann. Es ist in Sportler- und Schlankheitsmitteln („Fatburner“) enthalten und hat bereits zusammen mit anderen Kreislauf-anregenden Stoffen wie Coffein und bei körperlicher Anstrengung Fälle von hypertensiven Krisen, Herzinfarkten und Herzrhythmusstörungen verursacht. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt daher, dem Körper durch Nahrungsergänzungsmittel nicht mehr als 6,7 mg Synephrin pro Tag zuzuführen, sodass bei zusätzlichem Verzehr von Orangensaft, Mandarinen oder Bitterorangenmarmelade der Grenzwert von 25,7 mg pro Tag unterschritten bleibt.
1 Kommentar
Kandieren ohne Zucker?
von Reinhild Berger am 06.12.2018 um 21:19 Uhr
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