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Forschungsrückblick Teil 3
Neue Arzneimittel 2018: Stoffwechsel- und seltene Erkrankungen
Was hat das Jahr 2018 an neuen Arzneimitteln in Deutschlands Apotheken gebracht? In diesem Teil des DAZ.online Forschungsrückblicks geht es um neue Stoffwechseltherapeutika und Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen. Die Innovationen sind unterschiedlich „neu“ - so gibt es in der Diabetes-Therapie zwei neue Wirkstoffe aus bekannten Substanzklassen. Einige neuartige Therapieansätze gibt es in der Behandlung seltener Erkrankungen wie beispielsweise die Transthyretin-Amyloidose.
36 neue Wirkstoffe, elf Indikationserweiterungen und 13 neue Darreichungsformen – das war die Forschungsbilanz für 2018 des Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen (vfa). In der vfa-Statistik sind Biosimilars und Generika nicht enthalten. Bei den Indikationen waren die Onkologika mit zwölf und die Stoffwechselerkrankungen mit zehn neuen Wirkprinzipien am stärksten vertreten.
Doch welche Arzneimittel stehen hinter diesen Zahlen? In den ersten beiden Teilen des DAZ.online-Forschungsrückblickes erfuhren Sie, welche neuen Krebsmedikamente und Antiinfektiva auf den deutschen Markt gekommen sind. In diesem dritten Kapitel stehen neue Arzneimittel gegen Stoffwechselerkrankungen im Mittelpunkt.
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Ozempic® bei Diabetes: nur eine Spritze pro Woche
Allein im Bereich Diabetes mellitus gibt es zwei neue Präparate und eine Indikationserweiterung. Die Wirkstoffe der neuen Antidiabetika sind aus bekannten Substanzklassen.
So handelt es sich bei dem Wirkstoff Ozempic® (Semaglutid) um einen Vertreter der Glucagon-like-Peptid-1-(GLP-1)-Analoga, zu denen beispielsweise Liraglutid oder Exenatid zählen. GLP-1-Analoga stimulieren die Freisetzung von Insulin und können die Stoffwechsellage bei Typ-2-Diateikern verbessern. Das GLP-1-Analogon von Novo Nordisk zeichnet sich durch seine lange Wirkdauer aus – eine Injektion pro Woche soll genügen, während die anderen Substanzen häufiger angewendet werden müssen.
Und noch ein Glifozin …
Bei Steglujan® von MSD handelt es sich um eine Kombination von dem neuen SGLT-2-Hemmer Ertuglifozin und dem bekannten DPP4-Inhibitor Sitagliptin in Tablettenform. Die SGLT-2-Hemmer (Glifozine) wie beispielsweise Empagliflozin und Dapagliflozin hemmen die Glucoserückresorption (Natrium/Glucose-Cotransporter = SGLT) in der Niere und senken dadurch den Blutzucker.
Die Glifozine sind als Substanzgruppe für die Pharmaindustrie spannend, da Empaglifozin eine Mortalitätssenkung gezeigt hat und ein Klasseneffekt möglich ist.
Alter Wirkstoff für die jüngsten Diabetiker
Bei der dritten diabetischen Neueinführung Amglidia® handelt es sich um eine Indikationserweiterung zu einem der ältesten antidiabetischen Wirkstoffe – Glibenclamid. Der Sulfonylharnstoff, der in der Behandlung Erwachsener keine Rolle mehr spielt, wurde nun bei neonatalem Diabetes zugelassen. Dieses genetisch bedingte Erkrankungsbild ist mit einer Inzidenz von 1:100.000 Geburten sehr selten, tritt in den ersten sechs Lebensmonaten auf und ist nicht mit Diabetes Typ 1 zu verwechseln. Die betroffenen Kinder können zwar Insulin in der Bauchspeicheldrüse bilden, aber aufgrund einer Mutation des Kalium-ATP-Kanals nicht sezernieren.
Genau an diesem Kaliumkanal greift das altbekannte Glibenclamid an und ermöglicht so die Insulinausschüttung. Das therapeutische Prinzip ist bereits bekannt. Bislang hat man sich unter anderem damit beholfen, Glibenclamid-Tabletten zu zerkleinern und deren Bruchstücke mit Wasser aufzuschlämmen wurden. Bei Amglidia handelt es sich um eine Suspension, die wesentlich genauer zu dosieren ist.
Neuentwicklungen bei seltenen Erkrankungen
Insgesamt 16 Wirkstoffe, die 2018 neu eingeführt wurden, richten sich gegen seltene Erkrankungen. Bei der Hälfte davon handelt es sich um Stoffwechselerkrankungen wie beispielsweise die Transthyretin-Amyloidose. Bei dieser seltenen Erbkrankheit ist die Eiweißstruktur von Transthyretin, das Transportprotein für Thyroxin, strukturell so verändert, dass es sich ablagert (Amyloidbildung). Diese Amyloide können Polyneuro- und Kardiomyopathien hervorrufen.
Die beiden Orphan Drugs Tegsedi® (Inotersen) und Onpattro® (Patisiran) hemmen beide die Transthyretinbildung. So verhindert das Antisense-Oligonukleutid Inotersen die Translation des Transthyretin-Proteins, in dem es an die m-RNA bindet. Patisiran greift an einer früheren Stufe der Biosynthese an und verhindert als siRNA (small interfering RNA) Molekül, dass das Transthyretingen abgelesen wird.
Mepsevii® beim Sly-Syndrom - Hoffnung für wenige Patienten
Sehr selten ist auch das sogenannte Sly-Syndrom (Mukopolysaccharidose VII). Die Betroffenen leiden unter genetisch bedingtem Mangel des Enzyms ß-Glucuronidase, was zu einer Akkumulation von Glykosaminoglykanen in den Körperzellen und damit zu Organschädigungen führt. Der Schweregrad der Erkrankung ist heterogen, mache Feten sind nicht lebensfähig, andere Betroffene erreichen das Erwachsenenalter. Mepsevii® (Vestronidase alfa) ersetzt das Enzym und dient damit der Behandlung einer Erkrankung, die nach Angaben des vfa in Deutschland weniger als zehn Patienten betrifft.
1 Kommentar
Hochinteressanter Beitrag!
von Giules am 08.01.2019 um 11:41 Uhr
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