Heilmittelwerberecht

BGH untersagt Versandapotheke Prämien-Werbung für Neukunden

Berlin - 08.01.2019, 11:15 Uhr

Der Bundesgerichtshof hat
sich erneut mit der Neukundenwerbung von Versandapotheken befasst. (Foto: BGH)

Der Bundesgerichtshof hat sich erneut mit der Neukundenwerbung von Versandapotheken befasst. (Foto: BGH)


Preisregelungen bei innerstaatlichen Sachverhalten weiterhin anwendbar

Weiter führt der BGH aus, dass nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a HWG Geldrabatte grundsätzlich zulässig sind – allerdings nicht bei preisgebundenen Arzneimitteln. In diesen Fällen verstoßen Rabatte gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung. Sodann machen die Richter deutlich, dass auch nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung aus dem Oktober 2016 der Anwendbarkeit der Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes weder unions- noch verfassungsrechtliche Gründe entgegenstehen. Die Entscheidung des EuGH habe keine direkte Bedeutung für den Streitfall, da er einen rein innerstaatlichen Sachverhalt betreffe. Auch den vom beklagten Apotheker gerügten Verstoß gegen den Gleichbehandlungssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) unter dem Gesichtspunkt der Inländerdiskriminierung ließ der BGH nicht gelten. Die Ungleichbehandlung inländischer und ausländischer Versandapotheken beruht seiner Auffassung nach nämlich auf sachlichen Gründen. Dabei greift der BGH in seinem Urteil auf die EuGH-Entscheidungsgründe zurück. Dieser hatte die Ungleichbehandlung unter anderem damit gerechtfertigt, dass in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken für einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt in besonderem Maße auf den Versandhandel angewiesen seien.

Für eine Verfassungswidrigkeit müssten sich die Marktverhältnisse deutlich ändern

Auch einen Verstoß gegen das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz sieht der BGH nicht. Die gesetzlichen Regelungen über die Preisbindung dienten vernünftigen Gründen des Gemeinwohls, nämlich der Sicherstellung der flächendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei zudem anerkannt, dass die Preisregulierung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar sei. Zwar könne eine ursprünglich verfassungsgemäße Norm durch eine Änderung der Verhältnisse grundsätzlich verfassungswidrig werden. Das könne auch in diesem Fall nicht ausgeschlossen werden. Allerdings entstehe eine verfassungsrechtlich relevante Änderung der Verhältnisse erst, wenn Versandapotheken verschreibungspflichtige Arzneimittel auf dem inländischen Markt ohne Rücksicht auf die Preisbindung tatsächlich in einem Umfang veräußerten, dass eine ernsthafte Existenzbedrohung inländischer Präsenzapotheken eintreten würde und das finanzielle Gleichgewicht des GKV-Systems nicht mehr gewährleistet wäre.

Auf den Abmahnkosten bleibt die AKNR dennoch sitzen. Es habe sich zum – hier maßgeblichen – Zeitpunkt der Abmahnung um einen typischen und nur durchschnittlich schwer zu verfolgenden Verstoß gehandelt. Zu seiner Verfolgung sei es nicht erforderlich gewesen, einen Anwalt zu beauftragen.

Apotal hat seine Prämienwerbung mittlerweile umgestellt: Die Prämie gibt es nun für jeden neu geworbenen Neukunden, „der für mindestens 30 Euro nicht verschreibungspflichtige Produkte bestellt (ausgenommen Bücher)“.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. November 2018, Az.: I ZR 237/16



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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