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Niedersachsens Apotheker zum Spahn-Plan
„Das ist doch eine Lex DocMorris!“
Die Apothekerkammer Niedersachsen wird auf der ABDA-Mitgliederversammlung am 17. Januar vehement gegen Teile der Apotheken-Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) protestieren. Die Kammerversammlung kam am heutigen Mittwoch in Hannover zusammen und stimmte über alle einzelnen Vorhaben der Spahn’schen Eckpunkte ab. Insbesondere die geplanten Regelungen zu Rx-Boni von EU-Versendern und deren Marktevaluation lehnten die Apotheker ab.
Das geplante Apotheken-Gesetzespaket von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sorgt weiterhin für viel Wirbel im Apothekerlager. In diesen Tagen bereiten sich die Apothekerkammern und -verbände auf die außerordentliche ABDA-Mitgliederversammlung am 17. Januar in Berlin vor. Dort wollen die etwa 140 Delegierten darüber abstimmen, wie sie sich zu den von Spahn vorgelegten Eckpunkten positionieren.
Zur Erinnerung: Spahn hatte im Dezember vorgeschlagen, einen Boni-Deckel für EU-Versender in Höhe von 2,50 Euro festzulegen. Ab einem Marktanteil von 5 Prozent soll die Höhe der Boni neu evaluiert werden. Außerdem sieht der Spahn-Plan diverse Anpassungen und Erhöhungen am Apothekenhonorar vor. Ebenfalls enthalten sind gesetzliche Klarstellungen beim Botendienst und der Vorschlag, Teile der Arzneimittelpreisverordnung im SGB V festzuschreiben.
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Die Delegierten der Apothekerkammer Niedersachsen reagierten in ihrer Sitzung am heutigen Mittwoch größtenteils verärgert über das Vorgehen des Ministers. Konkret ging es darum, dass Spahn im Dezember erklärt hatte, dass er – wenn die Apotheker auf dem Rx-Versandverbot beharrten – keine Vakanzen mehr für andere Tätigkeiten mehr habe im Apothekenwesen – Änderungen am Apothekenhonorar wären somit ausgeschlossen. Wie schon zuvor Baden-Württembergs Kammerpräsident Dr. Günther Hanke, beschwerten sich auch einige niedersächsische Delegierte über eine „erpresserische Art und Weise“ des Ministers. Apotheker Uwe Hansmann forderte seine Kollegen auf: „Darauf dürfen wir uns auf keinen Fall einlassen!“
„Das Thema Spahns Max-Müller-Connection muss jetzt auf den Tisch“
Auch Spahns ehemaliges Beratungsunternehmen, das er vor einigen Jahren gemeinsam mit dem heutigen DocMorris-Vorstandsmitglied Max Müller betrieb, war mehrfach Thema. Hansmann sagte, dass die Apotheker dieses Thema jetzt „auf den Tisch bringen“ müssten. Denn: „Mit den vorgesehenen Regelungen zu Rx-Boni ist das eine Lex DocMorris!“ Man müsse die Öffentlichkeit auf die Verbindung zwischen Müller und Spahn hinweisen. Ein anderer Apotheker erklärte, dass man versuchen müsse nachzuweisen, ob diese Verbindung noch bestehe – denn das wäre ein Verstoß gegen Spahns Amtseid. Andere Apotheker widersprachen dieser Gangart allerdings und meinten, man solle keine schmutzige Wäsche waschen und nicht persönlich werden.
Dann stiegen die Delegierten in die Diskussion und Abstimmung über jeden einzelnen der insgesamt acht Vorschläge des Ministers ein.
„Bonusregelungen nicht akzeptabel“
- Der Transport von Teilen der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) ins SGB V. Das BMG will damit erreichen, dass die Einhaltung der Preisvorschriften Gegenstand des Rahmenvertrages wird, bei Missachtung sollen Sanktion drohen können. Über diesen Punkt diskutierten die Apotheker am längsten: Sie waren sich nicht sicher, ob Spahn die gesamte AMPreisV ins SGB V holen will, was die Pharmazeuten eher kritisch beäugten, oder ob nur die Einhaltung des Rahmenvertrages gesetzlich festgeschrieben werden soll. Die Apotheker waren sich aber einig, dass dies ein „sehr wichtiger Punkt“ des Paketes sei, weil Spahn hier beweisen könne, dass er – wie er mehrfach öffentlich angekündigt hatte – keine Rx-Rabatte in Deutschland will. Eine klare Mehrheit der Kammer stellte sich trotz einiger Unklarheiten zur Umsetzung hinter diesen Vorschlag. Der Gesundheitrechtsexperte Elmar Mand hatte kürzlich gegenüber DAZ.online erhebliche Bedenken an dieser Idee geäußert und von einer „Mogelpackung“ gesprochen.
- Die Einführung eines Boni-Deckels von 2,50 Euro für EU-Versender sowie die Marktevaluation, falls die EU-Versender einen Anteil von 5 Prozent erreichen. Hier machte Kammerpräsidentin Magdalene Linz deutlich: „Das können wir so nicht akzeptieren. Wir müssen Spahn auch darauf hinweisen, dass er damit glasklar seinen eigenen Aussagen widerspricht, schließlich hatte er gesagt, dass er keine Rabatte will.“ Linz wies auch auf die eventuellen Folgen einer solchen Regelung hin: „Man wird den deutschen Versendern nur schwer erklären können, dass sie keine Boni bieten dürfen. Sie werden sich das einklagen. Und dann ist der gesamte Markt im Umbruch.“ Die Delegierten einigten sich darauf, gar nicht weiter auf die juristischen Probleme beider Maßnahmen einzugehen – Gesundheitsrechtsexperte Morton Douglas hatte Spahns Ideen als nicht verfassungsmäßig bezeichnet. Vielmehr wollen die Apotheker Spahn „bei seiner Glaubwürdigkeit packen“ und ihn an seine eigenen Versprechen hinweisen. Der Beschluss erfolgte einstimmig: Die Rx-Boni und die Marktanteil-Grenze sind aus Sicht der Kammer „indiskutabel“.
- Spahn spricht sich in seinen Eckpunkten für den Erhalt der freien Apothekenwahl aus. Unter anderem wurde diese Formulierung aufgenommen, um festzustellen, dass es nach der Einführung von E-Rezepten kein „Makeln“ der Rezepte geben darf. Die Kammer stellte sich einstimmig hinter diesen Vorschlag.
- Die Verdoppelung der Nacht- und Notdienstpauschale.
Auch diesen Vorschlag begrüßten die Kammerdelegierten einstimmig.
Kammerpräsidentin Magdalene Linz wies darauf hin, dass es gerade in
Niedersachsen viele Apotheken in ländlichen Regionen gebe, die klar von
der Notdienstpauschale profitieren, weil sie viele Notdienste leisteten.
Die Kammer sprach sich aber dafür aus, auch eine Vergütung von
Teilnotdiensten einzuführen
Mehrheit von Spahn Punkten stößt auf Wohlwollen
- Neue Honorare für pharmazeutische Dienstleistungen. Am meisten begrüßten die niedersächsischen Apotheker, dass Spahn die Kassen unter Androhung einer Sanktion verpflichten will, neue Dienstleistungsverträge mit den Apothekern abzuschließen. Aber auch hier wurden wieder Beschwerden über Spahns Vorgehen laut: Linz erklärte, dass Spahn seit Jahren ein heftiger Verfechter der pharmazeutischen Dienstleistungen sei und immer forderte, Apotheker stärker in die Versorgung einzubinden. „Es kann einfach nicht sein, dass er jetzt auf einmal sagt, das gibt es nur im Entweder-oder-Fall.“ Trotzdem folgte ein einstimmiger Beschluss.
- Die Erhöhung der BtM-Honorare um 15 Millionen Euro. Auch hier gab es einen einstimmigen Beschluss. Die Apotheker schlossen diesem allerdings die Forderung an, die Honorarerhöhung auf alle dokumentationspflichtigen Arzneimittel zu erweitern.
- Die gesetzliche Definition der Botendienste und deren Abgrenzung zum Versandhandel. Die Apotheker sprachen bei diesem Punkt an, dass es im Apothekengesetz und in der Apothekenbetriebsordnung schon zahlreiche Qualitätsanforderungen an die Botendienste gebe. Sie forderten auch, dass der Botendienst ein Sonderfall der Versorgung bleiben müsse. Linz wies zudem darauf hin, dass Spahn angedeutet hatte, an dieser Stelle keine Vorschläge der Apotheker zu akzeptieren, mit denen der Rx-Versand quasi ausgeschlossen werden könnte. Die Mehrheit der Delegierten stellte sich dann hinter diesen Vorschlag.
So positioniert sich Niedersachsen bei der bei der ABDA-MV
Obwohl also die Mehrheit von Spahn Punkten auf das Wohlwollen der Apotheker stößt, war die Stimmung in der Kammerversammlung zum Apotheken-Plan des Ministers insgesamt getrübt. Zu sehr fürchten sich die Pharmazeuten vor den Folgen des Boni-Deckels und einem größer werdenden Einfluss der Versender. Auch das Rx-Versandverbot war mehrfach Thema. Viele Delegierte erklärten, dass man am Verbot festhalten müsse – schließlich belegten mehrere juristische Gutachten, dass Spahn falsch liege, wenn er behaupte, dass das Verbot juristisch nicht machbar sei. Und so beschlossen die Delegierten in ihrem Schluss-Statement den Satz, dass das Rx-Versandverbot „der richtige und rechtlich vertretbare Weg“ bleibe. Außerdem wollen sich die Niedersachsen in Berlin weiterhin für den Erhalt der Gleichpreisigkeit stark machen.
Im finalen Beschluss für die ABDA-Mitgliederversammlung
beschweren sich die Delegierten auch nochmals über Spahns Vorgehen: Die
„Ganz-oder-gar-nicht-Taktik“ des Ministers sei keine Ausgangsposition für den
Berufsstand. Denn: Der Minister habe mehrfach selbst betont, dass er mit den
Apothekern diskutieren wolle, um einen gemeinsamen Weg zu finden – mit seinem
jetzigen Vorgehen betreibe er das Gegenteil.
3 Kommentare
Rücktritt
von Karl Friedrich Müller am 10.01.2019 um 8:10 Uhr
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@conny
von Uwe Hansmann am 10.01.2019 um 6:30 Uhr
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Spahn Max Müller
von Conny am 09.01.2019 um 22:51 Uhr
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