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Wachsende Umsätze
Österreichs Apotheker fürchten EU-Versandhändler
Als vor rund dreieinhalb Jahren der Versandhandel mit OTC-Arzneimitteln in Österreich erlaubt wurde, haben die Apotheker im Alpenland nicht gerade Luftsprünge gemacht. Das Online-Geschäft lief schleppend an, scheint aber jetzt Fahrt aufzunehmen. Das größte Stück vom Umsatz-Kuchen landet jedoch nicht auf österreichischen, sondern auf ausländischen Tellern.
Seit Ende Juni 2015 dürfen österreichische Apotheken rezeptfreie Medikamente über das Internet verkaufen. Auf große Begeisterung war der Vertriebsweg für OTC-Arzneimittel schon von Beginn an nicht gestoßen. Einzelne leisteten „Pionierarbeit“ und stellten sich der übermächtigen Konkurrenz aus dem Ausland, unter anderem mit den Namen „Zur Rose“, „MyCare“ oder „Shop-Apotheke“.
Im Oktober 2017 hatten gerade einmal 45 Apotheken den streng regulierten Schritt ins Web gewagt, und die Geschäfte liefen „eher schlecht als recht“. Heute haben 58 Apotheken im Alpenland eine Versandhandelserlaubnis, und der Absatz scheint im Aufwind zu sein, wie das Online-Portal „nachrichten.at“ berichtet.
Jeder Zehnte kauft Arzneimittel online
In der Meldung wird auf eine Befragung der GfK Österreich aus dem Sommer 2018 verwiesen, nach der jeder zehnte Österreicher rezeptfreie Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel online kauft. 6,9 Prozent versorgten sich über die Homepage einer österreichischen Apotheke und 2 Prozent über eine deutsche Versandapotheke. 2,3 Prozent bezogen entsprechende Produkte über eine sonstige Homepage. 13 Prozent der Personen gaben an, dass sie in den nächsten sechs Monaten wahrscheinlich rezeptfreie Medikamente und/oder Nahrungsergänzungsmittel im Internet bestellen und sich liefern lassen würden.
Damit
wäre dieser Distributionskanal der dritthäufigste nach der österreichischen
öffentlichen Apotheke vor Ort (68 Prozent) und dem
Vor-Ort-Drogeriefachhandel bzw. Drogerieketten wie dm, bipa, Müller,
schlussfolgerte IQVIA Österreich nach seiner Analyse der Befragungsergebnisse.
Ständige Querelen mit der Kammer
Nun spricht Rudolf Mather, Gesellschafter der Versandapotheke Medistore.at, die er von seinem Wiener Apothekenstandort in Ottakring aus betreibt, gegenüber „nachrichten.at“ von rasanten Umsatzzuwächsen: „Wir legen pro Jahr sogar um 100 Prozent zu.“ Im vergangenen Jahr habe er online rund sechs Millionen Euro Umsatz gemacht, doppelt so viel wie eine durchschnittliche Apotheke in Österreich, die im Mittel (Median) auf drei Millionen Euro komme. So ganz ohne Blessuren ließen sich diese Erfolge aber wohl nicht einfahren, denn wie Mather sagt, legt er sich durch seine Online-Aktivitäten regelmäßig mit der Standesvertretung an. Bereits sechs Disziplinarverfahren habe ihm dies eingebracht, zwei seien noch anhängig. „Die Österreichische Apothekerkammer sieht ihre Felle davonschwimmen“, umschreibt nachrichten.at die Situation.
„Rotweißrot“ aussehen, aber keine Steuern zahlen
Dabei fürchten die Standesorganisationen wohl am ehesten die aus dem Ausland operierenden Online-Marktführer. „Die in Österreich nicht registrierten Online-Apotheken sind eine Bedrohung für die niedergelassenen Apotheken", wird die Vizepräsidentin der Kammer in Oberösterreich, Monika Aichberger zitiert. Als Top-3 Adressen mit Sitz im Ausland werden shop-apotheke.at, vamida.at und apo-rot.at genannt. Alle außer Vamida seien nicht-österreichische Konzerne, die sich bemühten, „rotweißrot auszusehen“, in dem Alpenland aber keine Steuern zahlten, kritisiert das Portal. So sei eine Klage der Apothekerkammer gegen die im niederländischen Venlo beheimatete shop-apotheke.at anhängig, weil sie den Konsumenten vorgaukle, eine österreichische Apotheke zu sein.
Ähnliche Probleme mit der Justiz hat Shop Apotheke übrigens auch in Frankreich und auch in Italien öffnete kürzlich eine italienischsprachige Versandapotheke von Shop Apotheke, bei der es einige rechtliche Fragezeichen gibt.
Österreichische Versandapotheker haben das Nachsehen
Nach Einschätzung von nachrichten.at dürften die Online-Umsätze mit Arzneimitteln deutlich höher liegen, als die Kammer wahrhaben will. Marktforscher sprächen von 110 bis 170 Millionen Euro Internet-Umsatz in Österreich. 2017 hätten die heimischen Apotheken 4,1 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Der Internet-Anteil am Geschäft mit OTC-Arzneimitteln liege bereits bei 12 Prozent. Mather vermutet, dass die Verbraucher bei einem online-Kauf bezogen auf die empfohlenen Richtpreise der Hersteller zwischen 20 und 45 Prozent sparen. „Wir überlegen auch, mit unserem Online-Geschäft ins Ausland zu gehen“, sagt Mather. „Es ist ein Riesennachteil für Online-Apotheken, den Standort in Österreich zu haben."
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