Schweiz

Apotheker benötigen Weiterbildung, um vertreten zu dürfen

Remagen - 22.01.2019, 10:15 Uhr

Seit dem vergangenen Jahr brauchen Apotheker in der Schweiz einen bestimmten Weiterbildungstitel in Offizinpharmazie, um vertreten zu dürfen. ( r / Foto: Imago)

Seit dem vergangenen Jahr brauchen Apotheker in der Schweiz einen bestimmten Weiterbildungstitel in Offizinpharmazie, um vertreten zu dürfen. ( r / Foto: Imago)


Hierzulande wird immer wieder mal über eine mögliche Vertretungsbefugnis für PTA diskutiert. In der Schweiz müssen sogar Apotheker seit dem vergangenen Jahr zunächst eine Weiterbildung in Offizinpharmazie absolvieren, um vertreten zu dürfen. Für Studienabgänger ist das eine große Herausforderung.

Die Apothekengewerkschaft Adexa setzt sich schon seit langem für eine Reform der PTA-Ausbildung ein. Dabei geht es unter anderem um Kompetenzerweiterungen für die Berufsgruppe. Auch gewisse Vertretungsbefugnisse für PTA waren Inhalt eines Gespräches zwischen der Adexa und dem BMG. Wie das Ministerium die Angelegenheit sieht, ist allerdings völlig unklar. Nach einer DAZ.online-Umfrage können sich jedenfalls fast zwei Drittel der Responder eine solche PTA-Vertretungsbefugnis vorstellen. Andere hingegen sehen in solchen erweiterten Befugnissen den ersten Schritt zur Abschaffung des Berufsstandes der Apotheker.

Zügel für die Vertretungsbefugnis der Apotheker angezogen

Für unsere Apotheker-Kollegen in der Schweiz wäre ein solches Ansinnen wohl kaum vorstellbar. Dort wurden die Zügel für die Vertretungsbefugnis der Apotheker sogar noch angezogen. Mi der Revision des schweizerischen Medizinalberufegesetzes (MedBG) vom 20. März 2015 bekamen die Offizinapotheker im Alpenland zwar erweiterte Befugnisse, von denen man hierzulande nur träumen kann, aber sie müssen deshalb auch besser ausgebildet werden. Seit dem 1. Januar 2018 benötigen Apotheker, die ihren Beruf „privatwirtschaftlich in eigener fachlicher Verantwortung“, das heißt selbständig ausüben wollen, einen eidgenössischen Weiterbildungstitel, wie dies beim Arzt- und Chiropraktorenberuf bereits vorher der Fall war.

Erst nach absolvierter Weiterbildung erhalten sie eine kantonale Berufsausübungsbewilligung (BAB) zur Ausübung des Berufes in eigener fachlicher Verantwortung. Um diese machen zu können, benötigen sie eine entsprechende Stelle in einer öffentlichen Apotheke. Eine solche Stelle erhalten sie aber in den meisten Fällen nur dann, wenn sie den fachlich verantwortlichen Apotheker für kurzfristige Abwesenheiten vertreten können. Das dürfen sie aber theoretisch nicht, weil sie dafür gemäß dem revidiertem MedBG erst mal eine entsprechende BAB haben müssen.

Eingeschränkte Vertretungsbefugnis vorgeschlagen

Zur Klärung dieser und anderer Fragen in Bezug auf das revidierte Medizinalberufegesetz hat die Kantonsapothekervereingung (KAV) zusammen mit Vertretern des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und der Fachgesellschaften Empfehlungen ausgearbeitet.

Über die genauen Regeln für die Stellvertretung dürfen die Kantone dann selbst befinden. Nach dem Papier sollen Studienabgänger eine kantonale Bewilligung zur Tätigkeit als Apotheker in der öffentlichen Apotheke mit eingeschränkter Stellvertreterfunktion einholen können. Mit dieser könnten sie dann für eine beschränkte Zeitdauer die fachlich verantwortliche Person (den Apothekenleiter oder dessen Stellvertreter) vertreten. Die Bewilligung würde zu stundenweisen Ablösungen, Vertretungen während maximal eines fixen Tages pro Woche sowie Ferienvertretungen von maximal vier Wochen pro Jahr berechtigen. Pro Apotheke sollen maximal zwei solche Bewilligungen ausgestellt werden dürfen.

Junge Apotheker sind für die Weiterbildungspflicht

Die Swiss Young Pharmacist Group (SwissYPG) hat nach Bekanntwerden der Empfehlung eine Umfrage bei ihren Mitgliedern und Pharmazie-Studierenden durchgeführt. Nach den Ergebnissen herrscht unter den jungen Apothekern und Studierenden große Unsicherheit. Die stark eingeschränkten Möglichkeiten einer Stellvertretung klängen für Studienabgänger zunächst nicht sehr motivierend. Panikmache sei jedoch nicht angebracht, meint SwissYPG. Trotzdem halten sie die Weiterbildungspflicht für richtig. Sie werde mit dem Gesetz zum selbstverständlichen Teil des pharmazeutischen Curriculums und sei keine Degradierung, sondern im Gegenteil eine Aufwertung. „Wir dürfen mehr. Im Gegenzug müssen wir aber auch unsere Qualifikation vorzeigen“, schreibt SwissYPG

Weiterbildung ist langwierig und teuer

Die eidgenössische Weiterbildung in Offizinpharmazie ist berufsbegleitend und dauert je nach Arbeitspensum zwischen zwei und fünf Jahren. Die theoretische Weiterbildung umfasst 400 Kontaktstunden zu pharmazeutischen, Public-Health-, Management-und persönlichen Kompetenzen. Zurzeit sind Kurse zu folgenden Fähigkeitsprogrammen in die Weiterbildung integriert:

  • FPH Impfen und Blutentnahme
  • FPH Konsiliarapotheker für die ambulante Medikamentenverschreibung
  • FPH Pharmazeutische Betreuung von Institutionen des Gesundheitswesens
  • FPH Apotheker für integrierte Versorgungsmodelle.

Die praktische Weiterbildung umfasst drei Praxisarbeiten zu insgesamt 100 Stunden. Hinzu kommen eine Diplomarbeit und eine bestimmte Stundenzahl für das Selbststudium.  

Neben diesem zeitlichen Aufwand gibt es noch ein weiteres Problem, und zwar die Kosten. SwissYPG hat ausgerechnet, dass die Weiterbildung zum Fachapotheker in etwa drei Jahren ca. 25.000 Franken kostet, Fähigkeitsausweise einige tausend Franken. Zwar erklärten sich Arbeitgeber oft dazu bereit, die Kosten zu übernehmen oder etwas dazuzugeben. Dies gehe jedoch im Gegenzug mit Verpflichtungen einher, wie etwa mehrjährigen Arbeitsverträgen zur Bindung an die Apotheke.

Bestandsschutz für diplomierte Apotheker

Für bereits diplomierte Apotheker gibt es Übergangsregelungen. Diejenigen, die bereits eine Bewilligung zur selbständigen Berufsausübung haben, sollen dies weiterhin auch ohne den eidgenössischen Weiterbildungstitel tun dürfen, und zwar in der ganzen Schweiz. Diejenigen, die vor dem Inkrafttreten der Änderung des MedBG keinen Weiterbildungstitel erhalten hatten, sollen „einen ihrer praktischen und theoretischen Weiterbildung entsprechenden Titel“ bekommen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Prost Prost Kammeraden

von Wolfgang Müller am 22.01.2019 um 13:40 Uhr

Super System, mit der Verpflichtung zur zusätzlichen teuren und viele Jahre dauernden Ausbildung, um sich selbständig machen zu können. Oder - nicht gaaaaanz so lange - um in größerem Umfang den "Selbständigen" vertreten zu dürfen!

Hätte z. B. zuverlässig einen Rückkehrer aus "Der Industrie" wie mich dauerhaft von der Öffentlichen fernhalten können. Gell, DAS wäre doch schon ein schlagender Beweis für die Schönheit eines solchen Konzepts? Schade für Kiefer und Co., dass sie das trotz sicher immer schon bebenden Willens noch nicht eingeführt hatten, als es dafür nötig gewesen wäre.

Würde eben auch all die anderen sicher nicht so guten Kolleg/innen von der Öffentlichen fernhalten, die wegen schwacher Leistungen im Studium erstmal promovieren und auch noch danach zunächst was Anderes ausprobieren. Vielleicht auch einfach, weil es solche Unternehmer-untauglichen Feiglinge sind, die sich nicht so hoch verschulden und das nötige Geld für die Selbständigkeit woanders einfacher ZUVERLÄSSIG zusammenbekommen wollen ...... nee, solche Typen braucht es nicht in der Offizin. Und, natürlich: "Die Ärzte Die Ärzte Die Ärzte müssen nach dem Studium ja auch ihren Facharzt machen!"

Immer wieder ein großer Trost, dass gerade "Die Jungen" – wie anscheinend hier in der Schweiz, wenn auch mit leichten Zweifeln - sich solchen sinnvollen, zünftischen Abschottungs-Strategien gerne leistungsbereit und willfährig anschließen! Wo kämen wir denn hin, wenn "Die Jungen" sich am Ende bei uns auch eher für Eigenverantwortung und gegen Gängelung einsetzen würden, wie junge Akademiker in anderen Berufen!

Also, BAK, DAV und ABDA: Von der Schweiz lernen heißt siegen lernen. Lasst die von der Uni schon entsprechend eingeschüchterten und beflissen gemachten „Jungen“ nicht aus den Kammer-Klauen, wenn sie den dritten Prüfungsabschnitt hinter sich haben. Schließlich brauchen wir weder lockeren Nachwuchs als Angestellte, geschweige denn als wegen übertriebener Unkompliziertheit entspannten, optimistischen Nachwuchs für unsere Betriebe.

PS übrigens, Pflicht-Weiterbildungen für "Impfen" und "Erweiterte apothekerliche Kompetenzen in der Verschreibung" fände ich WIRKLICH notwendig und ok.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Prost Prost Kammeraden

von Apotheker08 am 22.01.2019 um 17:14 Uhr

Selten so ein wirres Geschwurbel ohne Ahnung von der Materie gelesen:

Nach dem neuen Gesetz dürfen Apotheker auch viele verschreibungspflichtige Substanzen ohne Rezept abgeben. Mit der Weiterbildung soll sichergestellt sein, das nicht jeder Absolvent sofort ohne praktische Erfahrung auf die Menscheit losgelassen wird.

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