Bottrop aus Sicht der behörden

„Bottrop ist ein Apothekerskandal und kein Apothekenskandal“

Hamburg - 30.01.2019, 10:05 Uhr

Zytostatika: Beim Abwägen der Maßnahmen muss die Arzneimittelsicherheit über allem stehen. (s / Foto: dpa)

Zytostatika: Beim Abwägen der Maßnahmen muss die Arzneimittelsicherheit über allem stehen. (s / Foto: dpa)


Drohen Industrienormen? Was ist mit Verwürfen?

„Innerhalb des gesetzlichen Rahmens“ – das birgt unter Umständen Interpretationsspielraum. Die Apotheker aus NRW zeigen sich verunsichert: Werden industrielle GMP-Standards angelegt? Warum erfolgt die Partikelzahlmessung plötzlich kontinuierlich? Zahlreiche Fragen erreichten die DGOP, denen Busch sich beim NZW stellte.


Wir sehen die Gefahr der Einschleppung von nicht sachgerechten Industrievorgaben durch GMP-Inspektoren übergeordneter Behörden, die zwar mit der Arzneimittelherstellung nach § 13 AMG, nicht aber mit den Besonderheiten der Rezepturherstellung nach § 35 Apothekenbetriebsordnung vertraut sind.“

Apotheker aus Mönchengladbach


Industrienormen werden nicht verschleppt

Die Verunsicherung des Apothekers ziele darauf ab, „dass wir ein nun Vier-Augen-Prinzip für die Überwachung der Zytoapotheken eingeführt haben“, antwortete Busch. Es sei jedoch nicht gewollt oder vorgesehen, dass stets ein GMP-Inspektor der Bezirksregierung der Überwachung beiwohne. Es sei vielmehr gewollt, dass aus Qualitätssicherungsgründen Amtsapotheker zusammen die Inspektionen durchführten, um eine Einheitlichkeit und hohe Standardisierung zu sichern.

„Ich mache mir wenig Sorgen darüber, dass man Industrienormen verschleppt“, entwarnt Busch. Man müsse die Funktion des Amtsapothekers im Staatsgefüge sehen: „Der Amtsapotheker führt ein Gesetz aus, er arbeitet innerhalb des bundesrechtlichen Rahmens. Nur weil ein GMP-Inspektor mitkommt, wird deswegen nicht EU-GMP angewendet werden“, so der Regierungsrat.


Eine kontinuierliche Partikelzahlmessung steht in keinerlei Zusammenhang zum Fall Bottrop (...). Sie bringt auch keine zusätzliche Sicherheit (...). Die Forderungen wurden gestellt, um etwas getan zu haben. Sinnvoll sind hingegen regelmäßige unangemeldete Kontrollen mit Entnahme von Proben (...). Es kann aber bei ständig sinkender Gewinnspanne nicht von den Apothekern verlangt werden, die anfallenden Kosten dafür selbst zu tragen (...). Eine Kostenübernahme durch Kassen oder Staat sollte im GSAV geregelt werden.“

Apotheker aus Köln


Partikelzahlmessung: keine Konsequenz aus Bottrop

„Die Partikelzahlmessung, wie wir sie jetzt fordern, hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Fall Bottrop zu tun. Das ist keine Konsequenz aus Bottrop“, so Busch. Das Thema sei im Rahmen der Erstellung einer Verfahrensanweisung aufgekommen. In § 35 Apothekenbetriebsordnung stehe, die Partikelzahl sei während der Herstellung zu messen. „Das ist eine abschließende Regelung, die den Ermessensspielraum auf Null setzt“, sagte der Ministeriumsvertreter. „Wir setzen einfach nur die Apothekenbetriebsordnung als bundesrechtliche Vorschrift um“.

Laut Busch wird somit einfach Bundesrecht konsequent umgesetzt. Das mag verwundern, denn „das Bundesrecht ist unverändert, es wird aber plötzlich nach Bottrop anders interpretiert“, merkte Michael Marxen stellvertretend für die DGOP an. „Das Land NRW interpretiert den Begriff, dass während der Herstellung Partikel zu messen sind, nach Bottrop als kontinuierlich“. Die Folge: Apotheker müssen nun verpflichtend ein Partikelzählgerät bei der Herstellung parenteraler Zubereitungen unter der Werkbank einbauen, das bedeutet zusätzlichen Aufwand und Kosten. Busch widerspricht heftigst: Man könne in jede Rechtsnorm in Deutschland hineininterpretieren, dass man sich nicht jedes Mal daran halten müsse – „faktisch muss ich das aber“, so Busch. Letztlich zeigte sich der Regierungrat durchaus kooperativ: „Wir lassen uns auch eines Besseren belehren“, man habe es nun aber zunächst einmal einheitlich geregelt, weil dies zuvor nicht der Fall gewesen sei.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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