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Gastkommentar
Regelungen für parenterale Zubereitungen: Viel Lärm um nichts
Das GSAV sollte als Reaktion auf den Skandal in Bottrop auch für mehr Sicherheit in der ambulanten Versorgung mit parenteralen Zubereitungen sorgen und gleichzeitig die Vergütung neu regeln – denn die hat einen gehörigen Einfluss auf die Qualität der Zubereitungen. Allerdings wurde der entsprechende Passus kommentarlos wieder gestrichen. Warum tun sich alle Beteiligten mit einer Neuordnung der ambulanten Versorgung mit parenteralen Zubereitungen so schwer? Dr. Franz Stadler versucht, etwas mehr Klarheit in die aktuelle Situation zu bringen.
Die aktuelle Hilfstaxe Anlage 3 (inkl. der Einigung zum Schiedsspruch vom 19. Januar 2018) ist voller Fehler und Unsinnigkeiten: Wirkstoffbezogene Rabatte, die aus mehr oder weniger virtuellen, nicht mehr dem tatsächlichen Warenwert entsprechenden Lauer-AEKs in einem komplizierten Verfahren berechnet werden und deren Höhe im generischen Bereich in der Spitze bis zu 83,7 Prozent (Doxorubicin, Epirubicin) erreicht, festgesetzte Rabatte auf nicht rabattierte, patentgeschützte Originalia (mindestens 1,6 Prozent), eine rückwirkende (!) Berechnung der Rabattsätze bei Neueinführungen nach dem 1. Ferbruar 2018, und zu alledem eine unzureichende Herstellpauschale, die nach Toxizitäten unterschiedlich hoch ausfällt. So werden für die aseptische Zubereitung von Calciumfolinat 39 Euro und für die von Oxaliplatin 81 Euro Herstellpauschale angesetzt, obwohl beide Vorgänge in der Produktion gleich ablaufen und einen Reinraum sowie ausgebildetes Personal, also die gleichen Grundinvestitionen erfordern.
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Andererseits wird zur zu fordernden Qualität der anzuwenden Infusionen wenig gesagt, die Länge der zumutbaren Transportwege bei gegen mechanischen Stress empfindlichen Wirkstoffen bleibt beispielsweise ungeregelt, und die enthaltenen Verwurfsregelungen werden von manchen Krankenkassen trotz der Verbindlichkeit dieser Regeln nicht anerkannt. All dies wird vom Gesetzgeber ausgeblendet. Dafür kümmert sich das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) in seiner jetzigen Form allein um zusätzliche Kontrollen bei der Zubereitung (teilweise auf Kosten der betroffenen Apotheken) und die Zuständigkeiten der einzelnen Kontrollbehörden.
Reform ist überfällig
Dabei ist seit einigen Jahren klar, dass sich die Verhandlungspartner auf Basis des SGB V, also der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV), nicht auf eine längst überfällige Reform des Versorgungssystems einigen können. In letzter Zeit gab es nur mehr einen Schiedsspruch oder Vergleichseinigungen vor Sozialgerichten, die zudem nicht davon zeugen, dass die beiden Verhandlungspartner wirklich als gleichberechtigte Partner verstanden werden können.
Gründe für den Stillstand
Vielleicht liegt es an der geringen Zahl der bundesweit zubereitenden Apotheken (ca. 300), vielleicht auch an der funktionärslastigen Zusammensetzung der Verhandlungskommission (ohne Praktiker) und der Verhandlungsführung durch den Leiter einer nur abrechnenden, aber nicht herstellenden Apotheke (ohne Reinraum), jedenfalls scheint der GKV-Spitzenverband nicht unglücklich über die jetzige Situation zu sein. Schnell wurden die im ersten Entwurf des GSAV enthaltenen 110 Euro Fixhonorar als Herstellpauschale für die Zubereitung einer parenteralen Infusion abgelehnt und nicht etwa durch einen eigenen Vorschlag der Krankenkassen verbessert, sondern letztlich ersatzlos gestrichen. Dabei ging es, wie so oft, nur um wirtschaftliche Aspekte, also Einsparungen, aber nicht um ein Mehr an Sicherheit und Qualität in der Versorgung an sich. Genau unter diesem rein wirtschaftlichen Blickwinkel wird aber jede Versorgung Stückwerk bleiben.
Was fehlt?
Was fehlt ist ein Gesamtplan für die ambulante Versorgung mit
parenteralen Zubereitungen. Was fehlt
ist eine klare politische Entscheidung zu Gunsten einer flächendeckenden und
wohnortnahen Versorgung – und das, obwohl eigentlich in jedem Landkreis
mindestens eine Apotheke mit Reinraum vorhanden sein sollte: Denn nur so kann den
Qualitätsansprüchen einer modernen Versorgung mit parenteralen Zubereitungen
entsprochen werden. Nur so kann flexibel und bedarfsgerecht versorgt
(adhoc-Versorgung) und nur so können zudem die qualitativen Anforderungen der
teilweise hochempfindlichen Wirkstoffe (kein mechanischer Stress, sehr kurze
physikalische-chemische Stabilitäten usw.) eingehalten werden – ganz im
Interesse der Patienten. Was fehlt
ist eine politische Initiative, die den Verhandlungspartnern aus ihrer
Sackgasse hilft und wieder Bewegung in diese wichtige Angelegenheit bringt.
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Versorgungsproblematik durchdringen statt planloser Aktionismus
Jens Spahn sollte also mit dem GSAV den Vertragspartnern nicht nur einen Rahmen für die Vergütung vorgeben, der die Entstehung neuer Reinräume ermöglicht, sondern gleichzeitig klare Qualitätsmerkmale definieren, damit tatsächlich mehr Sicherheit und mehr Qualität bei der ohnehin unschlagbar kosteneffektiven ambulanten Versorgung mit parenteralen Zubereitungen erzielt werden kann. Kompetente Vorschläge dazu gibt es genügend. Jens Spahn, der Gesundheitsminister der Bundesrepublik Deutschland, müsste also nur versuchen, die Versorgungsproblematik wirklich zu durchdringen und auf seinen planlosen Aktionismus verzichten – ganz im Interesse der Patienten. Es wird Zeit den Stillstand zu überwinden!
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