Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

03.02.2019, 08:00 Uhr

Bei Securpharm klemmt's – war zu erwarten. Wie sollen wir Apothekers damit umgehen? Eine Rückenstärkung der ABDA wäre nett. (Foto: And Dalferth)

Bei Securpharm klemmt's – war zu erwarten. Wie sollen wir Apothekers damit umgehen? Eine Rückenstärkung der ABDA wäre nett. (Foto: And Dalferth)


31. Januar 2019 

Das E-Rezept kommt. Und schon gibt es Testprojekte, z. B. das von der Techniker Krankenkasse (TK). Teilnehmende Ärzte schicken die Verordnung, verschlüsselt als QR-Code, aufs Smartphone des Patienten, der ihn dann in der Apotheke vorzeigt. Die Apotheke scannt den Code und kann so auf das Rezept zugreifen. Bisher ist an dem Projekt nur die TK beteiligt, nur eine Apotheke und nur die Ärzte eines Diabetes-Zentrums. So weit, so überschaubar, so nett. Mit einem Haken: Mit von der Partie ist auch das Software-Dienstleistungszentrum König IDV, das für viele in- und ausländische Versender abrechnet und – die Hälfte der Anteile an diesem Unternehmen hält der DocMorris-Mutterkonzern Zur Rose. Da schau an. 


Spahn hat mit dem Rx-Versandverbot schon abgeschlossen, die ABDA auch. Aber noch lange nicht alle Unionspolitiker. Die hessische CDU-Abgeordnete Astrid Mannes will’s wissen: Warum verzichtet Spahn aufs Rx-Versandverbot. Sie hat erreicht, dass dieses Thema auf einer der nächsten Fraktionssitzungen angesprochen werden soll. Mein liebes Tagebuch, ist ja wirklich herzig, dass sich jetzt noch Politiker fürs Versandverbot erwärmen und stark machen. Jetzt, wo sich die ABDA ihre letzten Tränen schon getrocknet hat und mit anderen Gleichpreisigkeitsplänen in die Zukunft schaut. Die Fürbitte fürs Rx-Versandverbot ehrt alle, die sie tun, aber sie kommt vermutlich einfach zu spät: Es liegt in seinen letzten Zuckungen. 


9. Februar 2019. Alarm, Alarm! Securpharm meldet Fälschung! Ja, mein liebes Tagebuch, wie sich mittlerweile herausgestellt hat, kommen Fehlalarme beim Securpharm viel häufiger vor als erwartet. (Eigentlich war das Chaos doch erwartet, oder?) Ist alles wieder mal „supertoll“ gelaufen. Neben all den anderen Bürokratie- und sonstigen Problemen im Alltag jetzt auch die Securpharm-Chose. Weil ein Hersteller die Daten falsch hochgeladen hat, weil die Datenverarbeitung in den Datenbanken krankt oder weil die Software in der Apotheke schwächelt – irgendwas ist immer und der Alarm geht los. Und wir müssen uns die Frage stellen: Ist der Alarm nun echt, ist also das Arzneimittel gefälscht, oder spinnt das System. Und was ist, wenn wir mit gesundem Menschenverstand rangehen und das Arzneimittel trotz Alarm abgeben? Macht uns dann jemand für Falschabgabe verantwortlich? Oder sollten wir lieber alles lahmlegen, indem wir dann jeden Alarm an die zuständigen Stellen melden, weil jeder Alarm verfolgt werden muss? Also: Alle Alarm-Packungen in Quarantäne nehmen und Meldungen an die Behörde? Und wie bitte sollen dann die Patienten versorgt werden, wenn’s ständig Alarm piepst? Wer nimmt dann die durch Fehlalarm vermeintlich als gefälscht ausgewiesenen Packungen zurück? Mein liebes Tagebuch, im Prinzip läuft alles wie erwartet, nämlich mehr als bescheiden. Da gibt es jahrelangen Vorlauf, Erprobungsphasen und jede Menge Tests, aber es läuft nicht rund. Sind die Gene des Berliner Flughafens BER viral auf Securpharm übergesprungen und haben alles infiziert? Aber im Ernst: Natürlich ist es mehr als unwahrscheinlich, dass Fälschungen genau zum Start des Systems vorliegen und dies in diesem Ausmaß, wie Alarm gemeldet wird. Augenmaß und gesunder Menschenverstand müssen eine Rolle spielen und wir dürfen keine behördlichen Sanktionen fürchten, wenn wir in der Startphase maßvoll handeln, unseren Ermessensspielraum nutzen und unsere Patienten versorgen. Nur so bekommt man das Desaster in den Griff. Was sagt die ABDA dazu? 


ABDA und digitaler Wandel – zwei, die lange keine Notiz von einander nahmen, vielleicht sogar zwei, die sich nicht so recht mögen, aber doch zusammenkommen müssen. Viel zu spät jedenfalls hat sich unsere Berufsvertretung mit der Digitalisierung und allem, was das für Apotheken bedeutet oder bedeuten könnte, befasst. In Sonntagsreden wurde zwar schon mal drüber schwadroniert, aber so richtig ernst hat man das alles nicht genommen. Nur ganz wenige unserer Berufspolitiker hatten den Durchblick und die Zukunftsvisionen, was das alles für uns bedeutet.  Die meisten haben das alles einfach nur verdrängt. Erst im September 2017 rief man die Netzgesellschaft Deutscher Apotheker (NGDA) ins Leben, die mit der Abteilung IT/Telematik z. B. die digitale Vernetzung der Apotheken vorantreiben soll. So richtig viel Prickelndes ist da bisher noch nicht passiert. Und in den letzten beiden Jahre setzte die ABDA ihre ganze Kraft in die Verhinderung des Rx-Versandes (selbst ABDA-Präsident Schmidt räumte Versäumnisse ein) – da fiel schon mal das eine oder andere Zukunftsthema hinten runter und uns jetzt auf die Füße. Zum Beispiel die Entwicklung des E-Rezepts. Andere waren und sind in Sachen Digitalisierung schneller unterwegs. Auch, und das muss man zähneknirschend einräumen, unser „Lieblingsversender“ aus den Niederlande und sein schweizerischer Mutterkonzern. Der hat sich schon in ein Datenunternehmen eingekauft und mischt bei einem E-Rezept-Versuch der Techniker Krankenkasse mit. Auch in Sachen Telepharmazie sammelt DocMorris schon seit längerem Erfahrungen. Mein liebes Tagebuch, da bleibt uns nur die Hoffnung, dass ABDA und Digitales jetzt schnellstens nicht nur eine Zweck-, sondern eine Herzensangelegenheit werden. Wenn wir beim E-Rezept abgehängt würden, dann Gute Nacht. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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11 Kommentare

Problem Apotheke ... die „digitale Barrierefreiheit“ ...

von Christian Timme am 06.02.2019 um 3:15 Uhr

Fingerabdrücke, Blitzer, Captchas, Flughafenkontrollen, Gesichtserkennung ... SecurPharm ... SecurPrescription ... SecurPatient .. und SecurVersand ?

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mehr Aufwand, mehr Geld

von Kleiner Apotheker am 04.02.2019 um 11:16 Uhr

unser Software-Anbieter hat wegen des Securpharm Mehraufwands übrigens die monatliche Gebühr erhöht. Nur bei uns gibt es mehr Aufwand zum Null-Tarif.

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Securpharm

von Küper am 03.02.2019 um 23:33 Uhr

Mich wundert es, dass bis jetzt keiner meiner Kolleginnen und Kollegen irgend einen Ton des Unmuts gegen die uns aufgezwungene Einführung des Securpharm Systems ( und auch die Kosten, Mehrarbeit, den Ärger etc..) verlauten lässt. Wer kann mich überhaupt zwingen eine schnelle
und konstant störungsfreie Internetverbindung zu haben ? Es ist schade, dass die Vertreter unserer Standesorganisationen diesen Granatenkot am 09.02.2019 nicht selbst in der Praxis erleben dürfen, ich würde es mir sehnlichst wünschen. C.Küper

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Fehlermeldung SecurPharm

von Felix Maertin am 03.02.2019 um 21:36 Uhr

Lieber Herr Ditzel,
zum Thema SecurPharm scheinen Sie, ausnahmsweise, schlecht recherchiert zu haben. Bei einer negativen Verifizierung muss der Apotheker die Packung zur Seite legen und warten. Keine Meldung irgendwohin. Meldungen müssen erst gemacht werden, wenn nach 7 Tagen die Packung immer noch nicht verifizierbar ist oder ein offensichtlicher Fälschungsverdacht vorliegt.
Der Aufwand ist in diesen Fällen überschaubar.

Ich sehe das (noch) gelassen, morgen starten wir auch. Gerne lasse ich mich eines besseren belehren...

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securpharm

von Christian Giese am 03.02.2019 um 11:21 Uhr

Securpharm, eine einzige REFA - Sünde!

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Zu allem Überfluss...

von gabriela aures am 03.02.2019 um 10:29 Uhr

..steht ja demnächst noch der Umzug an, oder ?
War/ist der nicht für Mai 2019 geplant und schließlich wurde man in der Kommandozentrale nicht müde, den zeitlich perfekten Baufortschritt zu loben.

Da muß jetzt halt alles andere mal zurückgestellt werden.

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Schmdt, Pressesprecher und Abda

von conny am 03.02.2019 um 9:43 Uhr

Auf dem Apothekertag wurde Schmidt bejubelt.. Es war gruselig. Es ist nicht allein die Abda die blind ist.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Der Wert des Apothekers in seiner Apotheke ...

von Gunnar Müller, Detmold am 03.02.2019 um 9:35 Uhr

„...Weitgehend zerstört.
....So ist das mit der Politik.
....Jetzt lässt sich das alles nicht mehr aufhalten.
....Was sagt die ABDA dazu?
....Möchten wir wissen?
....Dann Gute Nacht!
....Da muss man sich was einfallen lassen, um einen attraktiven Arbeitsplatz zu bieten ...“

Wann kommen die Antworten auf die vielen Veränderungen in den letzten 15 Jahren?
Wann kommt die Strukturreform?
Wann endlich reagieren all die Unterstützer...?
Inhaltlich! Personell! Strukturell!
Denn „DIESE“ ABDA braucht kein Mensch!

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Das Schweigen um die Vor-Ort- Apotheken

von Ulrich Ströh am 03.02.2019 um 9:01 Uhr

Wir brauchen die Vor-Ort -Apotheken...

Da muß die NOWEDA den Job übernehmen,den eigentlich die ABDA-Öffentlichkeitsarbeit erfüllen muss.Und macht es vorbildlich !

Jetzt rächt sich das jahrelange Schweigen in Sachen Öffentlichkeitsarbeit aus Berlin.
Merkt das eigentlich keiner?

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SecurPharm

von Karl Friedrich Müller am 03.02.2019 um 8:29 Uhr

Das Ding mit SecurPharm ist so wie die Ehe: Man teilt sich Probleme, die man ohne sie nicht hätte.
Da es praktisch keine Fälschungen gibt, werden wir uns also mit Fehlermeldungen zu beschäftigen haben. Mit viel Aufwand. Dafür ohne Vergütung.
Geht gar nicht.
Wieviel Bürokratie müssen wir noch erledigt haben, bevor ein Kunde bedient ist und endlich beraten werden kann?
Oder sind wir alle vorher bedient?
Wer bezahlt das Personal?
Will keine hören. Aber so geht es nicht weiter. Es ist nicht alles in den paar Euro pro Packung eingepreist.
Mehr Grundleistungen muss heißen mehr Aufschlag. Für alle. Und nicht mit Sonderleistungen, die unter Wert verkauft werden sollen.

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AW: Völlig richtig!

von Gunnar Müller, Detmold am 03.02.2019 um 9:29 Uhr

Könnte man gut in unseren „Plan C“ einbauen ...!

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