Rahmenvertrag

Engelen will DocMorris von der Versorgung ausschließen lassen

Berlin - 21.02.2019, 17:45 Uhr

Nordrheins Kammerpräsident Lutz Engelen will veranlassen, dass DocMorris aus dem Rahmenvertrag und somit von der Versorgung ausgeschlossen wird. (Foto: AKNR)

Nordrheins Kammerpräsident Lutz Engelen will veranlassen, dass DocMorris aus dem Rahmenvertrag und somit von der Versorgung ausgeschlossen wird. (Foto: AKNR)


Die Beteiligung des EU-Versenders DocMorris am Rahmenvertrag mit den Krankenkassen ist vielen Apothekern schon lange ein Dorn im Auge. Nordrheins Kammerpräsident Lutz Engelen will nun einen neuen Versuch unternehmen, das niederländische Unternehmen aus dem Rahmenvertrag und somit von der GKV-Versorgung auszuschließen. Engelen zufolge betreibt DocMorris keine öffentliche Apotheke mehr, sondern versorgt aus einem Industriegebiet heraus. Der Kammerpräsident fordert nun den Deutschen Apothekerverband auf, zu handeln.

Der Rahmenvertrag nach § 129 SGB V regelt die genauen Abläufe der Arzneimittelversorgung und -abrechnung zwischen Apothekern und Krankenkassen. Der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) haben ihn gemeinsam entwickelt und müssen alle Änderungen gemeinsam beschließen. Da der DAV den Vertrag als Kollektivvertrag stellvertretend für alle Apotheken abgeschlossen hat, berechtigt er unter anderem alle Vor-Ort-Apotheken in Deutschland zur direkten Abrechnung ihrer Leistungen bei den Krankenkassen.

In der Diskussion um das EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung spielte der Rahmenvertrag eine große Rolle. Denn er enthält einen Paragrafen, der den Beitritt ausländischer Versandapotheken, wie etwa DocMorris oder der Europa Apotheek Venlo (EAV), regelt. Dort heißt es: „Für Abrechnungen unter den Voraussetzungen nach Satz 1 gelten die Preisvorschriften nach § 78 Arzneimittelgesetz sowie § 7 Heilmittelwerbegesetz (sog. Rabattverbot).“ Der erwähnte § 78 AMG ist die Grundlage für die Arzneimittelpreisverordnung, in ihm ist geregelt, dass die Preisspannen vom Bundeswirtschaftsministerium festgelegt werden. Er enthält auch die Feststellung, dass die deutschen Preisregelungen auch für ausländische Versender gelten, wenn sie Arzneimittel nach Deutschland liefern.

Die Apotheker haben in den vergangenen Jahren viel versucht: Sie schrieben dem GKV-Spitzenverband zahlreiche Briefe, um darauf hinzuweisen, dass das Boni-Verbot im Rahmenvertrag weiterhin geregelt ist. Doch der GKV-Spitzenverband blieb hart: Man wolle DocMorris nicht sanktionieren, hieß es.

Engelen schreibt Brief an DAV-Chef Fritz Becker

Einen neuen Versuch startet nun Lutz Engelen, Kammerpräsident in Nordrhein. Er will erreichen, dass DocMorris aus dem Rahmenvertrag und somit von der GKV-Versorgung ausgeschlossen wird. Sein Argument: Der EU-Versender betreibe keine öffentliche Apotheke. Zur Erklärung: Vor einigen Jahren zog das Unternehmen vom Stadtrand der Kleinstadt Heerlen in einen „Businesspark“, der direkt an der Grenze zu Deutschland liegt. In diesem Gewerbegebiet ist nun der Hauptsitz von DocMorris, dort befinden sich unter anderem Bürokomplexe und große Lagerhallen.

Länderliste: Niederländische Präsenzapotheke muss vorhanden sein

Engelen ist sich sicher: Eine Präsenzapotheke gibt es in dem Gewerbegebiet nicht. Darauf weist er nun in einem Brief an DAV-Chef Fritz Becker hin. Wörtlich heißt es in Engelens Brief: „DocMorris ist wegen der Teilnahme am Rahmenvertrag verpflichtet, geltendes Recht einzuhalten. Die konkrete Ausgestaltung des Betriebs von DocMorris in den Niederlanden bietet allerdings nicht die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, dass DocMorris an der Belieferung von Kassenpatienten teilnehmen darf. Ohne eine entsprechende korrespondierende Präsenzapotheke ist nach geltendem Recht der Versand von Arzneimitteln nach Deutschland durch eine niederländische Versandapotheke nicht zulässig.“

Die DocMorris-Zentrale im Gewerbegebiet bei Heerlen/Niederlande. (Foto: DocMorris)

Engelen fordert Becker daher auf, sich „nachdrücklich dafür einzusetzen, dass DocMorris umgehend wegen der fortgesetzten, groben Rechtsverstöße von dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung“ ausgeschlossen werde. Engelen erklärt weiterhin, dass er über „umfängliches“ Dokumentationsmaterial verfüge. Und weiter: „Das Firmengelände von DocMorris ist so beschildert und angelegt, dass keinerlei Publikumsverkehr möglich ist, eine Präsenzapotheke existiert hier nicht.“

Engelen bezieht sich mit seinen Aussagen auf die sogenannte „Länderliste“ des Bundesgesundheitsministeriums. In dieser Liste werden diejenigen Länder genannt, deren gesetzliche Sicherheitsstandards für den Arzneimittelversand mit den deutschen vergleichbar sind – diese Vergleichbarkeit ist Voraussetzung für die Zulässigkeit des Versandhandels mit Arzneimitteln an den Endverbraucher. Für die Niederlande bestimmt die Bekanntmachung, dass die Standards nur dann als vergleichbarbar anzusehen sind, wenn die dort ansässige Versandapotheke zugleich eine Präsenzapotheke unterhält.

DocMorris wollte sich auf Nachfrage von DAZ.online nicht zu dem Vorgang äußern.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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5 Kommentare

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von Anita Peter am 22.02.2019 um 8:03 Uhr

Warum dürfen "Apotheken" in Fremdbesitz an der Versorgung in Deutschland teilnehmen? Das FBV wurde vom EUGH bestätigt.

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Nadelstiche in blauen Samthandschuhen?

von Christian Timme am 22.02.2019 um 5:35 Uhr

Kammeranleitung für DAV ... deligierte Verträge auf geduldigem Papier ...

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Rahmenvertrag

von Pharmi am 21.02.2019 um 22:57 Uhr

Der Rahmenvertrag sagt auch aus, dass man sich an die Preisbindung halten muss, wenn man mit den Kassen abrechnen will. Die Versender aus dem Ausland haben sich dort eingeklagt, um abrechnen zu können. Keiner hat sie dazu gezwungen, also sollten sie auch alle Paragrafen die für die Mitbewerber gelten auch selbst befolgen und sonst eben wieder austreten, mit allen Konsequenzen. Der Rahmenvertrag und sein Inhalt war nicht Teil des Urteils von 2016....

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AW: Rahmenvertrag

von Peter am 22.02.2019 um 8:23 Uhr

Sie halten sich ja auch an die Preisbindung, sie verschenken nur einen Teil des Betrags, im Falle einer Befreiung, welchen sie zu 100% von den Kassen gezahlt bekommen zurück oder verschenken die Zuzahlung welche sie theoretisch einziehen müssten. Vielleicht wäre ein erster Schritt sinnvoll befreite Rezepte die mit einer Käse IK abgerechnet wurden nicht zu erstatten. Man könnte auch Befreiungsausweise für Patienten ablehnen die dort bestellen und sich Quittungen über die Zuzahlung geben lassen, ich meine, selbst das Finanzamt darf schätzen um an die Steuer zu kommen, so könnten die Kassen auch schätzen dass ein Patient der angeblich seine Grenze an Zuzahlungen überschritten hat wenn er nur über eine Käse IK abgerechnet wurde diese niemals geleistet hat.

Rahmenvertrag

von Alexander Zeitler am 21.02.2019 um 18:36 Uhr

Super Idee. Der man nur Erfolg wünschen kann.
Endlich wacht da jemand auf und erkennt die Bedrohung der Vor-Ort-Apotheke

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