Stiftung Warentest

Brauchen Veganer oder Vegetarier Nahrungsergänzungsmittel?

Stuttgart - 01.03.2019, 13:45 Uhr

Für Veganer ist eine Vitamin-B12-Nahrungsergänzung nötig, bei Vegetariern nicht unbedingt. ( r / Foto: rh2010 / stock.adobe.com)

Für Veganer ist eine Vitamin-B12-Nahrungsergänzung nötig, bei Vegetariern nicht unbedingt. ( r / Foto: rh2010 / stock.adobe.com)


Müssen Vegetarier oder Veganer ihre Ernährung mit speziellen Nahrungsergänzungsmitteln ergänzen? Das hinterfragt Stiftung Warentest kritisch und checkt diverse vegane Präparate zur Nahrungsergänzung. Auch das in Apotheken erhältliche „Orthomol Veg One“ kam auf auf den Prüfstand.

Nahrungsergänzungsmittel (NEM) für Vegetarier oder Veganer – sind sie sinnvoll? Erforderlich? Überflüssig? Stiftung Warentest nahm sich in der Ausgabe 03/2019 dieser Fragestellung an. Zusätzlich prüften die Verbraucherschützer sieben Vitamin-B12-Mono- und acht Kombipräparate aus Apotheken, Drogerien oder dem Internet. Inwiefern stimmen die angegebenen NEM-Dosierungen mit den Empfehlungen der Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (D-A-CH) überein?

Für ausgewählte Inhaltstoffe, wie Vitamin B 12, Vitamin D, Jod, Calcium, Magnesium, Eisen, Zink, Selen, Fettsäuren und Gesamtfett, prüfte Stiftung Warentest außerdem, ob die die deklarierte Menge des Stoffes auch tatsächlich im Präparat enthalten ist – sie fanden hier durchaus Abweichungen, auch bei Apothekenpräparaten.

Vitamin B12 für Veganer erforderlich – und für Vegetarier?

Ernähren sich Menschen vegetarisch oder vegan, verzichten sie auf bestimmte oder alle tierischen Lebensmittel. Ob beim gewollten und bewussten „Weglassen“ mancher Nahrungsmittel vielleicht ungewollt und unbewusst wichtige Stoffe für den Organismus zu kurz kommen, ist eine berechtigte Überlegung. Brauchen Vegetarier oder Veganer also Nahrungsergänzungsmittel? Und wenn ja, welche machen Sinn?

Stiftung Warentest vertritt hier eine klare Position: „Kombipräparate mit ihrem bunten Nährstoffmix sind nicht nötig“, erklären die Verbraucherschützer. Eine Lanze hingegen bricht Stiftung Warentest für die Vitamin-B12-Supplementation bei veganer Ernährung, während diese für Vegetarier entbehrlich sein könne – Warentest geht hier mit den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) konform.

Wie viel Vitamin B12 braucht man pro Tag?

Die DGE erklärt, dass Vitamin B12 vor allem für Veganer als „kritischer Nährstoff“ bekannt ist, da das Vitamin in ausreichender Menge nur in tierischen Lebensmitteln  vorkomme. Ihre Empfehlung ist eindeutig: „Daher müssen Veganer dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen, um Defizite zu vermeiden.“ Vegetarier nehmen laut DGE teilweise ebenfalls zu wenig Vitamin B12 auf. Das sieht auch Stiftung Warentest so: „Veganer brauchen B12-Präparate“, lautet das Fazit der Verbraucherschützer. Und zu Vegetariern: „Vegetarier müssen nicht ergänzen.“ Durch gut geplante Ernährung könne es Vegetariern gelingen, ihren Vitamin-B12-Bedarf auch durch Milch- und Eiprodukte zu decken.

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Erst im Januar 2019 hatte die DGE ihre Empfehlungen zu Vitamin B12 nach oben korrigiert, der neue Schätzwert für eine angemessene Zufuhr liegt nun bei 4 µg, zuvor war dieser mit 3 µg/Tag angegeben. Um diesen Wert zu erreichen, empfiehlt die DGE als „Muster“ für eine ausreichende Vitamin-B12-Zufuhr beispielsweise ein kleines Glas Milch, einen Becher Jogurt, ein Ei und 60 g Camembert pro Tag.

Womit sollten Veganer ihre Vitamin-B12-Speicher füllen?

Die von den Verbraucherschützern untersuchten Vitamin-B12-Präparate waren sowohl Mono- als auch kombinierte Nahrungsergänzungsmittel (NEM). Prinzipiell halten die Warentester reine Vitamin-B12-Supplemente für ausreichend, alle sieben geprüften Präparate erfüllen nach Ansicht der Verbraucherschützer ihren Zweck und sind „geeignet“. Hochdosierte Vitamin-B12-NEM findet Warentest vielleicht unnötig, doch nicht gefährlich, da überschüssiges Vitamin B12 ausgeschieden werde, so das Argument. Auch die DGE sagt auf die Frage „Kann zu viel Vitamin B12 schaden?":


Eine hohe Zufuhr von natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommendem Vitamin B12 ist nach derzeitiger Kenntnis nicht schädlich.“

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Das BfR schlägt als zulässige Höchstmenge für Vitamin B12 in NEM allerdings 25 µg vor. In Fachkreisen wird schon länger vermutet, dass die hoch dosierte Anwendung von B-Vitaminen nicht ganz so risikoarm/-frei ist wie gedacht.

Wenn etwas anderes draufsteht, als drin ist

Enthalten die NEM zusätzlich Eisen, wünscht sich Stiftung Warentest einen Hinweis auf der Verpackung, da Eisen nicht „unkontrolliert ergänzt werden sollte“, begründet Warentest. Das fehlt jedoch unter anderem beim dm-Präparat „Vegetarier und Veganer Vitamine und Mineralstoffe“ und auch bei „Orthomol Veg one". Bei Orthomol und dm findet Warentest zusätzlich die Verpackung etwas opulent, ihre Einordnung: „Müllpackung“. Auch für Jod sollte ein Hinweis für Menschen mit Schilddrüsenproblemen nicht fehlen – das versäumt unter anderem „Doppelherz aktiv“. Derartige Mängel bestraft Stiftung Warentest bekanntlich mit Notenabzug, wobei bei der aktuellen Untersuchung „Nahrungsergänzungsmittel bei Veganern und Vegetariern" die Skala recht einfach gehalten ist: „geeignet“ und „wenig geeignet“.

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Letzteres Urteil bekommen „Deva Vegan Multivitamin & Mineral", „Doppelherz aktiv Vegetarier Vitamine und Mineralstoffe", „Orthomol Veg one" und „VegVit", da sie neben mangelnder Deklaration für Eisen und/oder Jod zusätzlich hinsichtlich der deklarierten Inhaltsstoffe nicht halten, was sie versprechen. Doppelherz enthält mehr Vitamin D, als auf der Packung steht, Deva mehr Jod als deklariert, Orthomol spart hingegen bei Vitamin D, die Warentester fanden weniger als vom Hersteller ausgelobt. „VegVit" enthält weniger Vitamin B12 als angegeben, dafür aber Vitamin A, was für Schwangere kritisch sein könne, urteilt Warentest. Bei „Veg1" stört die Verbraucherschützer vor allem, dass die Packung nur in englischer Sprache gekennzeichnet ist.  

Keine Rückstände oder Kontaminationen

Stiftung Warentest checkte auch auf Rückstände oder Kontaminationen – Arsen, Blei, Cadmium, Quecksilber, Nickel: Kein Nahrungsergänzungsmittel zeigte hier auffällige Ergebnisse. Auch als „lactosefrei“ ausgelobte Präparate hielten, was sie versprachen, und die Verbraucherschützer konnten keine Lactose nachweisen. Bei NEM, die in Kapseln verpackt sind, prüfte Warentest auf Gelatine – und fand auch hier keine Auffälligkeiten.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Individuelle Präparate

von Stefanie Weger am 22.08.2019 um 14:43 Uhr

Mich würde interessieren wie es mit individuell zusammengestellten Präparaten aussieht?
Beispielsweise gibt es ja bei Plantoflexx die Möglichkeit sein Präparat an den eigenen Lebensstil anzupassen. Zuerst muss man einen Fragebogen ausfüllen, auf dessen Basis dann eine spezielle Mischung erstellt wird. Das ist meiner Meinung ja schon mal viel besser als ein Kombiprodukt. Denn in diesem individualisierten Präparat sind dann ja nur die Stoffe drinnen, die man wirklich braucht.
Ich ernähre mich jetzt schon seit gut 10 Jahren strikt vegan und bin einfach auf meine Supplementierung angewiesen. Ich finde es gut, dass es einem mittlerweile schon so leicht gemacht wird, denke das verringert auch die Einstiegshürden für viele Menschen wenn man sich am Anfang noch nicht so sicher ist was man jetzt braucht und was nicht.

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