Imagekampagne

Grüne kritisieren Teilnahme von Münsters Bürgermeister an ABDA-Kampagne

Berlin - 12.03.2019, 17:45 Uhr

Stephan Orth, Sprecher der Münsteraner Grünen, kritisiert die Teilnahme von Oberbürgermeister Lewe an der ABDA-Kampagne. Orth meint: Wenn Lewe sich dort engagiert, müsste er sich auch für andere Projekte engagieren. (c / Foto: privat)

Stephan Orth, Sprecher der Münsteraner Grünen, kritisiert die Teilnahme von Oberbürgermeister Lewe an der ABDA-Kampagne. Orth meint: Wenn Lewe sich dort engagiert, müsste er sich auch für andere Projekte engagieren. (c / Foto: privat)


Die ABDA sorgt mit ihrer „Einfach unverzichtbar“-Imagekampagne derzeit deutschlandweit für Aufsehen. Seit September 2018 sind auf den PR-Postern Lokalpolitiker und Bürgermeister aus der gesamten Bundesrepublik zu sehen, die sich für den Erhalt der Apotheke vor Ort aussprechen. Ebenfalls mit dabei: Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe, der auch Präsident des Deutschen Städtetages ist. Stephan Orth, Sprecher der Grünen in Münster, sieht Lewes Engagement für die Apotheker nicht nur positiv – DAZ.online hat nachgefragt.

Die ABDA hatte ihre PR-Kampagne „Einfach unverzichtbar“ im September 2018 erweitert. Seitdem sind in ganz Deutschland Poster zu sehen, auf denen sich Bürgermeister und Lokalpolitiker für die Apotheke vor Ort stark machen. Dabei stehen die Themen „Strukturpolitik“ und „Bessere Rahmenbedingungen für den Nachwuchs“ im Vordergrund. Zu den ersten Motiven gehörte die Bürgermeisterin der nordrhein-westfälischen Stadt Mettingen Christina Rählmann, die deutlich macht: „Apotheken gehören zur Versorgung vor Ort einfach dazu.“

(Foto: ABDA)

Seit einigen Wochen ist auch Markus Lewe (CDU), Oberbürgermeister in Münster und Präsident des Deutschen Städtetages, auf einem solchen Poster zu sehen. Lewe wird mit den folgenden Worten zitiert: „Als wachsende Stadt brauchen wir mehr Apotheken, nicht weniger.“ In einem Kampagnenvideo erklärt der CDU-Politiker zudem seine Motivation zur Teilnahme an der Kampagne. Unter anderem sagt Lewe, dass in einer Zeit, in der immer mehr über große Online-Händler geht, auch menschliche Nähe verloren gehe. Und weiter: „Apotheker sind die Menschenkenner.“


Im Münsteraner Rathaus koalieren seit einiger Zeit Lewes CDU und die Grünen. Parteisprecher der Grünen in der Stadt ist Stephan Orth. Der Grünen-Politiker hat Lewe in den vergangenen Wochen mehrfach für seine Teilnahme an der Kampagne kritisiert. In den „Westfälischen Nachrichten“ sagte er beispielsweise, dass Politiker „besondere Verantwortung für Minderheiten und benachteiligte Milieus“ haben. Und weiter: „Wenn ich mir die soziale und politische Realität innerhalb Münsters und der Republik anschaue, so gehören Apotheker*innen sicherlich nicht zu den benachteiligten gesellschaftlichen Milieus und/oder Berufsständen.“

DAZ.online hat mit Orth über seine Kritik gesprochen.

Warum engagiert sich Lewe nicht auch in anderen Bereichen?

DAZ.online: Herr Orth, was genau stört Sie an der Teilnahme von Herrn Lewe an der ABDA-Kampagne?

Orth: Oberbürgermeister Lewe ist auch gleichzeitig Präsident des Deutschen Städtetages. Normalerweise kennt man es von ihm nicht, dass er an solchen Kampagnen teilnimmt. Die Teilnahme an der Apotheker-Kampagne wirft bei mir also die Frage auf: Warum engagiert sich Lewe unbedingt hier und nicht auch in anderen Kampagnen?

DAZ.online: Sie deuten an, dass es Apothekern Ihrer Meinung nach gar nicht so schlecht geht. Aber auch in Münster sinkt die Apothekenzahl seit Jahren.

Orth: Am Beispiel Münster sehe ich, dass derzeit immer mehr Apotheken wegbrechen. Das ist mir bewusst, das ist ein sehr bedauerlicher Trend. Deswegen ist eine Kampagne der Apotheker, die auf gewisse Entwicklungen hinweist, auch durchaus verständlich. Allerdings meine ich, dass die Apotheker weiterhin nicht zu den benachteiligten Milieus in Deutschland gehören. Es gibt viel größere Probleme wie etwa die Altersarmut – hier hält sich Lewe allerdings zurück.

Orth: Bedauerlicherweise leiden die Apotheker unter DocMorris und Co.

DAZ.online: Haben Sie sich denn mit der Sache an sich schon beschäftigt? Also was würden Sie als Lokalpolitiker unternehmen, um die sinkende Apothekenzahl aufzuhalten?

Orth: Was die Sache selbst betrifft, sehe ich auch, dass die Apotheker bedauerlicherweise unter der Konkurrenz von EU-Versendern wie DocMorris zu leiden haben. Man muss nun schauen, wie man diese Wettbewerbsverzerrung beheben kann. Vielleicht sind ja Subventionen für Apotheken sinnvoll – oder eine andere Besteuerung. Ich könnte mir auch sehr gut vorstellen, dass sich Apotheken in Verbünden zusammentun und regionale Verkaufsgemeinschaften im Internet bilden.

DAZ.online: So viel Verständnis für die Apotheker und das Bewusstsein über den Konkurrenzdruck durch die EU-Versender kennt man von Grünen-Politikern normalerweise nicht. Sie wissen sicherlich, dass die Grünen-Gesundheitspolitiker auf Bundesebene anders darüber denken?

Orth: Dass ich die Sache mit der Bedrohung durch die Versandhändler anders sehe als meine Bundespartei, halte ich für normal. Man kann doch innerhalb einer Partei verschiedene Ansichten haben. Im Übrigen möchte ich auf unseren Vorsitzenden Robert Habeck hinweisen, der hier im Münsterland die Rolle des Arzneimittel-Versandhandels erst kürzlich stark kritisierte. Ich glaube nicht, dass alle bei den Grünen den Einfluss von DocMorris und Co. unkritisch sehen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Die Grünen

von Wolf am 17.03.2019 um 21:30 Uhr

Es ist wie immer bei den Grünen: "Sie sind nicht grundsätzlich dumm, aber sie haben viel Pech beim Nachdenken".

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Klassische Inkomptenz der Grünen bei Apotheke

von ratatosk am 13.03.2019 um 8:35 Uhr

Der gute Mensch hat leider nicht überrissen, daß der Fokus auf dem Erhalt der flächendeckenden , konzernunabhängigen Arzneimittelversorgung lliegt und nicht auf seinem Focus der Einkommensfrage.
Wichtige gesellschaftliche Strukturen sind dem Herrn völlig egal, er verliert sich in selbstgestrickten Vorurteilen.

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