Änderung der Zulassung

Thymiverlan nicht mehr unter 3 Jahren 

Stuttgart - 26.03.2019, 09:00 Uhr

Nur noch das Thymiverlan mit einem „lila Tropfen“ ist in Apotheken verkehrsfähig. Was ändert sich dadurch in der Beratung? (Foto: Verla)

Nur noch das Thymiverlan mit einem „lila Tropfen“ ist in Apotheken verkehrsfähig. Was ändert sich dadurch in der Beratung? (Foto: Verla)


Am Dienstag vergangener Woche wurden alle Chargen und Größen von Thymiverlan Lösung zurückgerufen. Grund war das Erlöschen der Zulassung. Allerdings weiterhin erhältlich und bereits seit September 2018 im Handel ist Thymiverlan als „Flüssigkeit zum Einnehmen“. DAZ.online hat bei Verla nachgefragt, warum die Zulassung der Thymiverlan Lösung erloschen ist. Die Zusammensetzung der Hilfsstoffe hat sich jedenfalls nur augenscheinlich verändert hat.

Im September 2018 war bereits in der Deutschen Apotheker Zeitung zu lesen, dass das „pflanzliche Hustenmittel Thymiverlan®“ seit Anfang September 2018 als „traditionelles Arzneimittel zur Schleimlösung bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit produktiven Husten“ erhältlich ist. Mancher mag sich gefragt haben, worin dabei die Neuerung bestand – ist Thymiverlan® doch ein seit 1994 etabliertes Arzneimittel in Apotheken.   

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Die pflanzliche Lösung

Spätestens als Dienstag vergangener Woche schließlich die noch auf dem Markt befindlichen Lösungen von Thymiverlan® zurückgerufen wurden, mag sich der ein oder andere Apothekenmitarbeiter die Thymiverlan®-Packungen genauer angeschaut und entdeckt haben, dass die Packungen mit einem „lila Tropfen“ weiterhin im Handel sind.
In der Lauer-Taxe werden diese nicht mehr als „Lösung“ sondern als „Flüssigkeit zum Einnehmen“ beschrieben, was zu der Annahme verleiten könnte, dass sich die Zusammensetzung der Hilfsstoffe geändert hat. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass in der „Lösung“ als Hilfsstoff die Saccharose mit der Mengenangabe 300mg/ml in der Lauer-Taxe gesondert hervorgehoben wurde, während nun bei der „Flüssigkeit zum Einnehmen“ für die Saccharose keine Mengenangabe mehr erscheint, aber Propylenglycol mit 156mg/ml angegeben wird. Bereits 2018 ließ Verla allerdings verlauten: „Zusammensetzung, Wirkstoffgehalt, Packungsgröße und Preis sind jedoch unverändert.“ Warum hat sich die Zusammensetzung also nur augenscheinlich verändert? 

Warum Apotheker sich mit Propylenglycol auskennen sollten

Verla antwortet DAZ.online auf die Frage nach einer veränderten Zusammensetzung wie folgt:


In der Lauer-Taxe wird bei dem neuen Thymiverlan (PZN 14165319 und 14165331) jetzt der Gehalt an Propylenglycol angegeben. Der Grund hierfür ist jedoch nicht eine geänderte Rezeptur, sondern eine Änderung der Excipients-Guideline bzw. Besonderheitenliste des BfArM – darauf Bezug nehmend fordert das BfArM mittlerweile für alle Arzneimittel, die Propylenglycol enthalten, die Angabe der entsprechenden Menge in der Fach- und Gebrauchsinformation des betreffenden Arzneimittels.“

Verla-Pharm Arzneimittel GmbH & Co.KG in einer E-Mail an DAZ.online


Auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) liest man, dass zu Propylenglycol und Propylenglycolester unabhängig vom Applikationsweg ab einem Schwellenwert von 1 mg/kg/Tag in den Fach- und Gebrauchsinformationen sowie auf der äußeren Umhüllung entsprechende Angaben zu machen sind. 

Vorsicht bei Säuglingen, Kleinkindern und Schwangeren 

Demnach sollte man die Anwendung eines propylenglycolhaltigen Arzneimittels besonders bei Babys überdenken, die weniger als vier Wochen alt sind. Bei einem Propylenglycol-Gehalt von 50 mg/kg/Tag gilt das auch für Kinder, die jünger als 5 Jahre sind. Auch Schwangere oder Stillende sollten das Arzneimittel dann nicht einnehmen, außer der Arzt habe es empfohlen. Das gleiche gilt bei Leber- oder Nierenerkrankungen. 
Ab 500 mg/kg/Tag kann Propylenglycol die gleichen Wirkungen haben wie der Konsum von Alkohol. Arzneimittel, die diese Mengen Propylenglycol enthalten, dürfen bei Kindern unter 5 Jahren nicht angewendet werden.
Auch wenn Thymiverlan® (je nach Dosierung) nicht so viel Propylenglycol enthält, sollte zusätzlich erwähnt werden, dass die „die gleichzeitige Anwendung mit einem Substrat der Alkoholdehydrogenase“ wie Ethanol schwerwiegende Nebenwirkungen bei Neugeborenen hervorrufen kann (ab 1 mg/kg/Tag). Denn in Thymiverlan sind 19 Vol-% Ethanol enthalten.

Vorsicht auch in der Rezeptur

Auch im DAC/NRF findet Propylengylcol Erwähnung: Es wird als Hilfsstoff in Rezepturarzneimitteln „vielseitig eingesetzt“, „vor allem bei der Einnahme und bei der dermalen Anwendung höherer Konzentrationen sind unerwünschte Wirkungen bekannt“, liest man dort.  

Mit dem problematischen Hilfsstoff Propylenglycol hat die Änderung der Zulassung von Thymiverlan® nun aber offenbar nichts zu tun. Verla schrieb dazu an DAZ.online: 


Wie Sie richtig bemerkt haben, gab es für unsere „alte“ Lösung Thymiverlan einen regulatorischen „Switch“ hin zu einem traditionellen Arzneimittel. Die Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel ist heutzutage nicht unüblich.“

Verla-Pharm Arzneimittel GmbH & Co.KG in einer E-Mail an DAZ.online


Auf dem Markt befänden sich inzwischen etliche traditionelle pflanzliche Thymianmittel und auch in anderen Indikationsgebieten (Magen-Darm-Beschwerden, Menstruationsbeschwerden etc.) hätten sich traditionelle Zulassungen etabliert.

Ein Blick in die Lauer-Taxe verrät folgende Übersicht über Thymian-Husten-Säfte für Kinder, manche davon sind auch noch für Kinder unter 3 Jahren zugelassen (Liste ohne Tropfen und ohne weitere wirksame Extrakte) :

Thymiverlan ist nicht mehr bis 12 Jahre erstattungsfähig

Traditionelles pflanzliches Arzneimittel (ausschließlich aufgrund langjähriger Anwendung für das Anwendungsgebiet registriert)

Hilfsstoffe:
Gehalt an Ethanol und Propylenglycol

Thymiverlan Flüssigkeit zum Einnehmen,
ab 3 Jahren
19 Vol-% Ethanol, 156 mg Propylenglycol/ml
Thymian-Ratiopharm Hustensaft,
ab 4 Jahren
10,2 Vol-% Ethanol, kein Propylenglycol
Abtei Bronchial Sirup mit Thymian für Kinder, 
ab 3 Jahren
kein Alkohol oder Propylenglycol

Indiziert bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigen Schleim, zur Besserung der Beschwerden bei akuter Bronchitis.

Hilfsstoffe: 
Gehalt an Ethanol und Propylenglycol

Gelobronchial Saft, ab 4 Jahren6,3 Vol-% Ethanol, kein Propylenglycol
Melrosum Hustensirup,
ab 1 Jahr
4,9 Vol-% Ethanol, kein Propylenglycol
Pertussin Sirup, ab 1 Jahr4 Vol-% Ethanol,
kein Propylenglycol
Soledum Hustensaft, auch für Säuglinge5,8 Vol-% Ethanol, kein Propylenglycol
Tussamag Hustensaft N,
ab 1 Jahr
4 Vol-% Ethanol, kein Propylenglycol
Tussiflorin Thymian flüssig,
ab 1 Jahr
9 Vol-% Ethanol, kein Propylenglycol

Mit Bezug auf die 2013 aktualisierte HMPC-Monographie zu Thymiankraut habe man Thymiverlan® als traditionelles pflanzliches Arzneimittel registriert. Schreibt Verla an DAZ.online. Die alte Zulassung sei nicht weiter aufrechterhalten worden und zum 11.02.2019 erloschen.
Damit seien die Änderungen in der Fach- und Gebrauchsinformation (z.B. Indikation) einhergegangen, sowie eine Anpassung der Kinderdosierung und der Wegfall der Erstattungsfähigkeit bis zum zwölften Lebensjahr.
Zuvor durften Kinder zwischen 0-1 Jahren dreimal täglich 1ml Thymiverlan® erhalten, Kinder zwischen 1-4 Jahren 1-1,5ml und zwischen 4-10 Jahren 1,5-2ml. Jetzt dürfen Kinder erst ab 3-5 Jahren dreimal täglich 1-1,5ml erhalten, Kinder zwischen 6-12 Jahren 1,5-2ml. 
Die Indikation lautete früher: „Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigem Schleim, zur Besserung der Beschwerden bei akuter Bronchitis.“ An dieser Stelle steht nun: „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Anwendung (zur Schleimlösung) bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit produktivem Husten.
Das Arzneimittel ist ein traditionelles Arzneimittel, dass ausschließlich aufgrund langjähriger Anwendung für das Anwendungsgebiet registriert ist.“



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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