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Streit um Werbegaben
BGH sieht auch kleine Apotheken-Geschenke skeptisch
Apotheker-Anwalt: Nicht jede wettbewerbliche Maßnahme verbieten
Rechtsanwalt Reiner Hall, der zusammen mit seinem Kollegen Morton Douglas die Apothekerseite vertrat, stellte infrage, ob eine „so geringwertige Zugabe“ wie der Brötchengutschein tatsächlich noch unter die Norm fällt – und, falls ja, ob es zu spürbaren Beeinträchtigungen käme. „Sie haben das ja alles schulmäßig vordekliniert, Herr Vorsitzender“, sagte Hall. Der Gesetzgeber habe eine Gleichstellung der Apotheker im Blick gehabt. „Ob er auch solche sachlichen Zuwendungen wie einen Brötchengutschein oder Papiertaschentücher im Blick hatte, das geht jedenfalls aus der Gesetzesbegründung nicht hervor“, erklärte der Anwalt. Wenn Apotheker Parkkosten oder Fahrkarten erstatten, ginge dies über die mit einem Wert von 30 Cent bezifferten Brötchengutscheine mit Sicherheit hinaus.
Unklar sei, welchen Wert eine Zeitschrift für Kunden habe –
„jedenfalls hat sie einen Wert“, erklärte Hall. „Dann frage ich mich, wie man
gleichzeitig sagt, dass ein Brötchengutschein im Wert von 30 Cent verboten
werden soll“, sagte er. An dem Ergebnis, das der Vorsitzende Richter zuvor vorgezeichnet
hatte, störe ihn, dass der Apotheker dann jede wettbewerbliche Maßnahme, die in
einer Freundlichkeit gegenüber seinem Kunden bestünde, untersagt wäre, sagte
Hall. Im Fall der Darmstädter Apothekerin bekomme der Kunde ja keine 30 Cent,
sondern müsse zu einer Bäckerei laufen. „Eine geringwertigere Zugabe kann ich
mir gar nicht vorstellen“, erklärte Hall.
An der Gesetzesänderung des § 7 HWG sei eindeutig zu sehen, dass der Gesetzgeber eine frühere Entscheidung des BGH-Senats nicht geteilt hat, dass Werbeaktionen von Apotheken zu spürbaren Beeinträchtigungen führen müssen, entgegnete Rechtsanwalt Christian Rohnke, der die klagende Wettbewerbszentrale vertritt. Der Gesetzgeber habe bei der Änderung ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Senats Bezug genommen, sagte er. „Wenn das so klar ist, was der Gesetzgeber will, dann kann man daran nicht vorbeigehen.“
Ziel: Kreativitätswettbewerb verhindern
Man könne zwar sagen, dass das Gesetz schlecht gemacht sei, weil es an anderer Stelle gewisse Zuwendungen zulässt. Ziel sei jedoch, einen „Kreativitätswettbewerb“ zu verhindern. Der Argumentation, dass Werbegeschenke ja kaum geringfügiger sein könnten, widersprach er auch. Wenn der Gesetzgeber das gewollt hätte, wäre es ein Leichtes gewesen, eine entsprechende Vorschrift in die Arzneimittelpreisverordnung oder das Arzneimittelgesetz aufzunehmen. „Das hat der Gesetzgeber bewusst nicht gemacht“, sagte er. „Es ist ganz klar, dass der Gesetzgeber selbst hier den Spielraum schließen wollte.“
Das Kriterium der Spürbarkeit sei jedoch nach wie vor im Gesetz festgelegt, entgegnete Hall, „und die ist zu prüfen“. Die Spürbarkeit ist – so verstehe ich es – ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal, erklärte auch Rechtsanwalt Douglas. Was sei denn im Lichte der aktuellen Wettbewerbssituation noch spürbar, fragte er – angesichts von 30-Euro-Rabatten, die EU-Versender gewähren.
Die Richter wollen ihr Urteil bei einem späteren Termin verkünden. Dies könne zu einer schwarz-weiß-Situation führen, sagte Douglas nach der Sitzung: Holländer dürfen alles, Deutsche dürfen gar nichts, fürchtet er. Hier sei der Gesetzgeber gefragt, der aufgrund des EuGH-Urteils gerade Möglichkeiten diskutiert, Boni für rezeptpflichtige Arzneimittel so zu regeln, dass es zu einer fairen Lage kommt.
3 Kommentare
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von Heiko Barz am 28.03.2019 um 18:33 Uhr
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Brötchen backen will gelernt sein
von Bäcker-Blume am 28.03.2019 um 17:18 Uhr
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