ZDF-Reportage

Prozess in Rumänien: Wurden Arzneimittelstudien manipuliert?

Berlin - 03.04.2019, 16:45 Uhr

Bei Pharmastudien herrscht ein hoher Zeit- und Erfolgsdruck. Wurden deshalb Regeln missachtet? In einer rumänischen Klinik soll es bei neun Studien zu Manipulationen gekommen sein. Der ehemaligen Klinikleiterin werden das Fälschen von Unterschriften und Protokollverstöße vorgeworfen. ( r / Foto: imago)

Bei Pharmastudien herrscht ein hoher Zeit- und Erfolgsdruck. Wurden deshalb Regeln missachtet? In einer rumänischen Klinik soll es bei neun Studien zu Manipulationen gekommen sein. Der ehemaligen Klinikleiterin werden das Fälschen von Unterschriften und Protokollverstöße vorgeworfen. ( r / Foto: imago)


BfArM: Nicht zuständig für Rumänien

Clinrix, dessen Firmensitz in Bukarest laut ZDF-Recherchen inzwischen leersteht, war auch für die Koordination der sogenannten SWITCH-Studie mit rund 350 Schizophrenie-Patienten, die von dem Münchner Professor Stefan Leucht geleitet und vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) mit rund 1,5 Millionen Euro unterstützt wurde. Diese Studie, in der auch Podeas Klinik eines der Studienzentren gewesen sein soll, ist derzeit nicht Gegenstand des Prozesses in Arad. Hier sind die Studienmedikamente bekannt – es geht um die bereits zugelassenen Neuroleptika Olanzapin und Amisulprid.

Laut dem ehemaligen Clinrix-Manager sollen auch bei dieser Studie Unterschriften gefälscht worden und in Arad ein Patient zu Tode gekommen sein. Laut der Abhörprotokolle könnte der Todesfall auf die Studienmedikation zurückzuführen sein. Im Abschlussbericht wurde als Todesursache Sepsis angegeben. Leucht erklärte gegenüber dem ZDF, er wolle bei der Veröffentlichung die Ergebnisse des rumänischen Studienzentrums außen vorlassen. Das BfArM erklärte, in dem vorliegenden Abschlussbericht sei der Todesfall aus Arad enthalten. Die Behörde könne allerdings nicht die klinische Prüfung in einem anderen EU-Mitgliedstaat überwachen, weshalb ihr keine Informationen über eine mögliche Fälschung von Unterschriften vorliege.

Studienexperte: Übergreifendes Kontrollversagen

Eigentlich wären die rumänischen Behörden für die Kontrollen zuständig. Auch die Sponsoren tragen Verantwortung, dass sich ihre beauftragten Zentren an die Regeln halten. Der Freiburger Professor Gerd Antes, Experte für klinische Studien, spricht in der Sendung bezüglich der Vorfälle in Rumänien von einem Kontrollversagen auf ganzer Linie: „Also, 100 Prozent haben natürlich Kontrollen versagt, in einem Maße, wie es in dem Extremfall hier tatsächlich über alle Grenzen geht.“ Dass einzelne Pharmaunternehmen bei den Prozessen als Nebenkläger auftreten, sich also als Geschädigte verstehen, bezeichnet Antes als „pure Heuchelei“ und „Mittäterschaft“. Die mutmaßlichen Opfer treten in den Prozessen lediglich als Zeugen auf. Um zu klagen, dürften einigen Betroffenen die finanziellen Mittel fehlen.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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