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Stationsapotheker
UK: E-Verordnungen in Kliniken führen zu mehr Medikationsfehlern
Nach der Einführung der elektronischen Verschreibung und Medikamentenverabreichung verbringen Stationsapotheker in einem englischen Krankenhaus die meiste Zeit mit beruflicher Kommunikation und dem Screening der stationären und der Entlassmedikation. Für die Patienten haben sie weniger Zeit als vorher und es gibt mehr Medikationsfehler.
Die elektronische Verschreibung von Medikamenten und die Verabreichung von Medikamenten (Electronic prescribing and administration, ePA) im Krankenhaus hat nicht nur Vorteile. Darauf deutet eine Untersuchung hin, deren Ergebnisse in dem Fachjournal BMC Health Services Research veröffentlicht wurde.
Direkte Beobachtungen und Interviews
Beobachtet und befragt wurden im Rahmen der Studie acht Stationsapotheker auf einer Notfallstation und einer Station der Altenversorgung in einem großen englischen NHS-Lehrkrankenhaus. Ihre Aufgabe erstreckt sich auf die Erhebung und Prüfung der Medikation bei der stationären Aufnahme auf deren klinische Angemessenheit, die Bestellung der Medikation für die stationäre Versorgung und die Prüfung der Entlassmedikation. Das System zur elektronischen Verschreibung und Verabreichung von Medikamenten (ePA) wurde auf beiden Stationen im März 2016 eingeführt. Die direkte Beobachtung der Apotheker bei ihrer Arbeit auf Station fand eineinhalb Monate vor und drei Monate nach Einführung des ePA-Systems statt. Eine Beobachtungssession dauerte etwa zwei Stunden.
Die Studie sollte herausfinden, wie viel Zeit die Stationsapotheker jeweils für verschiedene Aufgaben, mit wem und wo verbracht haben. Den Erhebungen folgten Interviews, um zu ermitteln, welche Auswirkungen ePA auf die Aktivitäten auf der Station hatten, wie etwa den Austausch mit Patienten und Angehörigen der Gesundheitsberufe, wo Aufgaben erledigt wurden und bezüglich Medikationsfehlern.
Intensivere Medikations-Screenings
Tatsächlich machten sich durch die Einführung von ePA einige Änderungen in der praktischen Tätigkeit der Apotheker bemerkbar. So dauerten manche Routineaufgaben länger, während andere weniger Zeit benötigten. Die meiste Zeit wurde mit der beruflichen Kommunikation verbracht (15,9 Prozent vorher und 15.1 Prozent nachher). Für das Screening der stationären Medikation wendeten sie nach Einführung des ePA einen deutlich größeren Zeitanteil auf (11.6 versus 17.4 Prozent), für das Screening der Entlassmedikation dagegen weniger (11.0 versus 6.2 Prozent). Der Anteil der Zeit, den die Apotheker für den Austausch mit Patienten einsetzten, sank signifikant von fünf auf zwei Prozent. Sowohl vorher als auch nachher arbeiteten die Apotheker die meiste Zeit (60 bzw. 65 Prozent der Zeit) alleine.
Apotheker als Troubleshooter
In den Interviews traten folgende Hauptaspekte zutage: Die Medikationsscreenings wurden nachher als effektiver und effizienter beurteilt. Die täglichen Arbeiten dauerten länger, weil man Zugriff auf mehr Daten hat. Die Apotheker kommunizierten mehr mit anderen Gesundheitsberufen, aber weniger face to face, und die Diskussionen mit den Kollegen in der Versorgung und mit den Patienten waren mehr auf die Lösung von Problemen ausgerichtet. Die Autoren der Studie vermuten, dass die Apotheker unter dem PA-System eine veränderte Rolle einnehmen. Sie erfüllen zwar weiterhin ihre Kernaufgaben, werden aber offenbar mehr und mehr zum Ansprechpartner und „troubleshooter“ für technische Rückfragen zu dem System. „Ich bekomme definitiv mehr Anfragen von Krankenschwestern, was irgendwas in dem System bedeutet oder ob ich ihnen helfen kann, etwas zu finden, “ sagt ein junger Apotheker. „Manchmal haben sie etwas falsch eingegeben und wollen dann wissen, wie sie es rückgängig machen können.“
Bedienfehler und Intransparenz
Zwar betonten die Stationsapotheker in den Interviews mehrere wertvolle Sicherheitsaspekte durch ePA, wie etwa die Klarheit und Vollständigkeit der Verschreibung, inklusive der Details zur Medikamentenbestellung, aber viele glaubten auch, dass ePA die Häufigkeit von Medikationsfehlern erhöht hat und zwar sowohl geringfügiger als auch schwerer. Nach den Interviews könnte dies unter anderem daran liegen, dass das ePA zu anfällig für Bedienfehler ist und dass Fehler im Vergleich zu einer Printversion weniger sichtbar werden. Diese Situation könnte durch eine verbesserte Anwenderschulung und durch ein System-Redesign verbessert werden, meinen die Studienautoren.
Nicht mehr jeden Tag am Krankenbett
Und noch eine andere nicht beabsichtigte Konsequenz aus dem elektronischen System, nämlich der geringere Zeitaufwand für den persönlichen Umgang mit den Patienten, wird in den Interviews kommentiert. „Ich bin überzeugt, dass das ePA-System die Zeit für die Patienten auf bedeutsame Aspekte reduziert,“ schildert ein Stationsapotheker. „Vorher haben wir jeden Patienten täglich am Krankenbett gesehen, jetzt nicht mehr.“
1 Kommentar
2019: DAZ versteht "evidenz-basiert" weiterhin nicht
von Philip Prech am 04.04.2019 um 20:44 Uhr
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