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ABDA-Wirtschaftsexpertin Claudia Korf
„Aus Sicht der Kassen haben wir einen Lobbyerfolg erzielt“
Am gestrigen Mittwoch trafen sich in Rostock die Mitglieder des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern. Auch die Wirtschafts-Chefin der ABDA, Claudia Korf, war der Einladung gefolgt und äußerte sich zu den Themen Honorierung und E-Rezept. Zum druckfrischen ersten Referentenentwurf des Apotheken-Stärkungsgesetzes hatte sie noch keine offiziellen Stellungnahmen im Gepäck, wohl aber eine persönliche Meinung: „Ich hätte mir auch mehr vorstellen können. Aber wenn wir einen Weg beschreiten wollen, dann ist jetzt die Gelegenheit dazu“, so Korf.
Am 8. April legte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn einen ersten Entwurf seiner Apothekenreform vor. Zweieinhalb Jahre nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit einem Verbot von Rx-Boni im Sozialgesetzbuch V reagieren. Um dem laufenden EU-Vertragsverletzungsverfahren gerecht zu werden, soll zudem die Preisbindung für EU-Versandapotheken aus dem Arzneimittelgesetz gestrichen werden. Laut Korf drohen der Bundsrepublik 860.000 Euro Strafe pro Tag, wenn sie das von der EU-Kommission gesetzte Ultimatum tatenlos verstreichen lässt. Mit dieser Streichung im Arzneimittelgesetz bröckelt jedoch die Rechtssicherheit, dass das Rx-Boni-Verbot auch für PKV-Versicherte gilt. Auch dürfte Apothekern nicht gefallen, dass das Honorierungsvolumen im Vergleich zu vorherigen Versionen deutlich magerer ausfällt.
„Wir müssen die Chancen suchen!“
ABDA-Vertreterin Claudia Korf war auf der Versammlung des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern um Optimismus bemüht und ermunterte die Mitglieder zu einem Perspektivwechsel: „Aus Sicht der Krankenkassen haben wir einen Riesen-Lobbyerfolg erzielt.“ Primäres Ziel ist und bleibt die Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit, stellte sie klar. Der Referentenentwurf sei erst einmal eine Arbeitsgrundlage, an den Formulierungen müsse man noch arbeiten. Besonders positiv sieht Korf, dass er die Diskussion über zusätzlich honorierte pharmazeutische Dienstleistungen eröffnet. Um welche es sich dabei genau handeln wird, werden der DAV und GKV-Spitzenverband „im Benehmen“ mit dem PKV-Verband innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes vereinbaren. Die Vergütung soll über einen Fonds erfolgen (20 Cent pro Rx-Packung), der durch den Deutschen Apothekerverband verteilt wird. Korf appellierte an die Anwesenden, diesen Prozess zu begleiten: „Der Supergau wäre, wir kriegen einen Fonds und fordern ihn nicht ein, dann war es das mit pharmazeutischen Dienstleistungen.“ Bei den Verhandlungen werde man sich bemühen, apothekenexklusive Dienstleistungen zu definieren.
Außerdem enthält der Entwurf ein wichtiges Signal der Politik pro freie Apothekenwahl: Man will das „Makeln“ von E-Rezepten und Absprachen mit Ärzten zur Weiterleitung von Rezepten verbieten.
„Manchmal bekommt man etwas, was man nicht bestellt hat.“
Zudem wurden Botendienst und Versandhandel neu beziehungsweise erstmals definiert: Ein Botendienst erfolgt durch weisungsgebundenes Personal der Apotheke, Versandhandel durch nicht durchgehend weisungsgebundene beauftragte externe Dienstleister. Korf findet eine klare Abgrenzung der Begriffe grundsätzlich gut. Leider stelle sich der Gesetzgeber aber vor, dass Botendienste künftig flächendeckend angeboten und nicht mehr auf den Einzelfall begrenzt werden sollen – ohne zusätzliche Vergütung. Sie werden heute über die 8,35 Euro Festzuschlag finanziert, allerdings ergebe sich eine neue Situation, wenn sie als Regelleistung gelten.
Modellvorhaben zu Grippeimpfungen: Gefahr eines Flickenteppichs
Der Referentenentwurf hält auch die Chance für Apotheker bereit, Dauerrezepte für gut eingestellte Chroniker zu beliefern. Dass hier mit heißer Nadel gestrickt wurde, beweist die Formulierung, das Angebot richte sich „an GKV-Versicherte mit einer schwerwiegend chronischen Erkrankung“, die aber nach Korfs Ansicht erst recht in die Hände eines Arztes gehören. Sie persönlich könne sich durchaus vorstellen, dass Wiederholungsrezepte mit einem Einschreibemodell und pharmazeutischen Dienstleistungen verbunden werden.
Gelinde gesagt „verhalten“ reagierte die ABDA dagegen auf den Vorschlag von Minister Spahn, Modellprojekte zur Durchführungen von Grippeschutzimpfungen in Apotheken durchzuführen. Korf sieht die Gefahr eines „Flickenteppichs“, wenn jede Krankenkasse mit jeder Apotheke oder jedem Landesapothekerverband ein Modellvorhaben abschließen kann. Was aus Sicht der ABDA leider vollständig unter den Tisch gefallen ist, sind unter anderem Regelungen zu Zytostatika und zur Importförderklausel.
Der Traum vom Rx-Versandverbot ist ausgeträumt
Alles in allem versteht Korf den
Referentenentwurf als ein Angebot des Gesundheitsministers, das man nicht
ausschlagen sollte: Boni-Verbot auf Rx-Arzneimittel, Sicherung der freien
Apothekenwahl und zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen sollen
Apothekern helfen, sich der Zukunft mit all ihren Herausforderungen zu stellen
– dafür gibt es kein Rx-Versandverbot, da habe sich Minister Spahn klar
positioniert. Unter der Zuhörern regte sich Widerstand: Man fühle sich von der
Politik betrogen. Korf verstehe den Frust der Apotheker, aber man müsse auch
realistisch sein: In der derzeitigen Regierung wird sich keine Mehrheit für ein
Rx-Versandverbot finden lassen und der Druck seitens der EU wächst.
Ein Teilnehmer kritisierte die Standesvertretung dafür, medial zu wenig präsent zu sein. Mit dem Protestmarsch in Berlin haben die Apotheker wenigstens einmal für Aufsehen gesorgt. Korf gab zu, erst über den Sender rbb davon erfahren zu haben, dass die Aktion stattfindet. Ein Rx-Versandverbot sei aber derzeit nicht durchsetzbar, daran ändere auch eine Demonstration nichts. „Subsidiarität ist ein Feigenblatt, das uns nicht mehr ausreichend schützt.“ Der Brexit zeigt aktuell, dass man sich dem Einfluss Europas nicht mehr so einfach entziehen kann.
Die Strategie der ABDA war es, das Gespräch zu suchen, um eine Lösung für das Gros der Apotheken zu finden. Ein Rx-Versandverbot konnte zwar nicht erwirkt werden, aber das nun vorliegende Paket biete einige Chancen. Man möchte nicht riskieren, ohne Einigung in die Sommerpause zu gehen. Im Herbst stehen Landtagswahlen an und es könne wieder alles anders werden, warnt Korf. „Mit diesem Gesetz ist Ihre Zukunft nicht gesichert, aber es wird ein Kurswechsel eingeschlagen.“
Unterstützung gab es vom Vorsitzenden des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern, Axel Pudimat: „Den eingeschlagenen Kurs der ABDA finden wir vernünftig und unterstützenswert.“ Weiter sagte er: „Wer jetzt noch an das Rx-Versandverbot denkt, träumt. Ich stelle gerne meinen Posten zur Verfügung, wenn ich damit etwas daran ändern kann. Aber der Versandhandel wird unsere Welt verändern."
9 Kommentare
Die Erklärungen
von Dr.Diefenbach am 12.04.2019 um 17:31 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: immer gleich
von tino am 15.04.2019 um 13:21 Uhr
Kursschwankung
von Reinhard Rodiger am 12.04.2019 um 13:14 Uhr
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RxVV ausgeträumt? Nie und Nimmer!
von Heiko Barz am 11.04.2019 um 20:12 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: RxVV ausgeträumt? Nie und Nimmer
von Kleiner Apotheker am 12.04.2019 um 11:03 Uhr
AW: RxVV ausgeträumt? Nie und Nimmer
von Heiko Barz am 12.04.2019 um 11:22 Uhr
Highway to Hell
von Wolfgang Müller am 11.04.2019 um 17:51 Uhr
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ABDA Spitze handelt ohne Mandat!
von Pöppl Christian am 11.04.2019 um 13:47 Uhr
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Ignoranz von oben
von Karl Friedrich Müller am 11.04.2019 um 13:04 Uhr
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