Unternehmen stemmt Versorgung fast allein

Valsartan: TAD meldet Lieferengpässe

Stuttgart - 26.04.2019, 16:15 Uhr

TAD ist eines der wenigen Unternehmen, das noch Valsartan liefern kann.
Doch jetzt teilt auch TAD mit, dass es zu Engpässen kommt. (Foto: picture alliance)

TAD ist eines der wenigen Unternehmen, das noch Valsartan liefern kann. Doch jetzt teilt auch TAD mit, dass es zu Engpässen kommt. (Foto: picture alliance)


Der Fall um mit Nitrosaminen verunreinigtes Valsartan führt seit dem Sommer 2018 dauerhaft zu Engpässen in der Versorgung von Bluthochdruck-Patienten. Bislang konnte TAD viele Lieferengpässe ausgleichen, das ist aktuell nicht mehr der Fall, wie das Unternehmen selbst mitteilt. Währenddessen kam es in den USA im April zu weiteren Losartan-Rückrufen. Außerdem wurden dort neue Test-Methoden auf weitere Nitrosamine veröffentlicht.

Eine Suche in der Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM, Stand 26.04.2019, 11:07 Uhr) „Gemeldete Lieferengpässe für Humanarzneimittel in Deutschland (ohne Impfstoffe)“ verrät, dass es noch immer 116 Einträge zu Valsartan-Engpässen gibt. Der Beginn der meisten Engpässe davon wurde schon im Juli 2018 gemeldet, also als der Fall Valsartan seinen Anfang nahm. Manche begannen auch erst im November 2018. Die Engpässe sollen insgesamt im Februar 2019 oder erst im Mai, Juni, Juli  oder sogar Oktober 2019 enden. Für ein paar Präparate erfolgte auch schon die Löschmitteilung des Engpasses im September oder Dezember 2018 oder Februar und März 2019. Für ein Präparat wurde der Beginn des Engpasses wiederum erst im Februar 2019 mitgeteilt. Die Liefersituation erscheint also recht unübersichtlich.

Die Firma TAD Pharma GmbH findet man nicht in dieser Auflistung von Engpässen. Allerdings nimmt TAD am heutigen Freitag in einer Pressemitteilung Stellung zur aktuellen Liefersituation von Valsartan in Deutschland – Grund sei die mediale Aufmerksamkeit, die „das Thema Liefersituation bei valsartanhaltigen Präparaten“ aktuell wieder erfahre.

TAD bedauert in der Mitteilung, dass es bei der Bereitstellung seiner Präparate Valsacor® und Valsacor comp.® auf dem deutschen Markt aktuell zu Lieferengpässen kommt. Dabei betont TAD aber, dass weder TAD selbst noch der Mutterkonzern Krka, d.d. Novo mesto, die Verursacher des Versorgungsengpasses seien. Im Gegenteil gehören sie zu den wenigen Herstellern, „die von den Verunreinigungen nicht betroffen sind und uneingeschränkt auf dem Markt bleiben dürfen“.

DAZ.online berichtete bereits im Oktober 2018 über TAD und seine Valsartan-Herstellung nach dem Krka-Verfahren: Die meisten Präparate von Krka/TAD würden in Krkas eigenen Werken hergestellt, bei erhöhtem Bedarf an einem Produkt könne jedoch auch eine Produktion bei Partnern erforderlich werden. Laut der Internetseite von Krka erfolgt die Produktion des Unternehmens in Polen, Russland, Kroatien und Deutschland. Der CEP-Datenbank des EDQM ist zu entnehmen, dass Krka seit dem 8. März 2018 ein gültiges CEP-Zertifikat für die Valsartan-Herstellung am Standort Novo mesto in Slowenien besitzt. Außerdem besteht auch ein Joint Venture für Entwicklung, Produktion und Distribution mit der Ningbo Krka Menovo Pharmaceutical Company Ltd in China.

TAD beliefert 87 Prozent des deutschen Valsartan-Marktes

Wie TAD in seiner aktuellen Stellungnahme schreibt, waren im Juli 2018 „über Nacht“ in Europa „über sechs Millionen Valsartan-Patienten von den Rückrufen betroffen. Auf dem deutschen Markt sei es insgesamt zu Rückrufen von 17 Herstellern gekommen. Mit einer Erhöhung der Produktion habe TAD seit Sommer 2018 die Auswirkungen der Krise „nach besten Kräften abfangen“ können. Inzwischen beliefere TAD den deutschen Valsartan-Markt „mit 87 Prozent des heutigen Gesamtmarktvolumens“. Doch nun kommt es wohl auch bei TAD zu Lieferengpässen.

Wann sich die Lieferfähigkeit bei TAD wieder verbessert, teilte das Unternehmen in der Mitteilung nicht mit. Nur so viel: TAD tue sein „Bestes, um die Patienten so gut wie möglich“ mit Sartanen zu versorgen, die laut Mitteilung "frei von NDMA, NDEA, NMBA und NDIPA“ sind. Dies gelte uneingeschränkt für alle Arzneimittel von TAD Pharma mit den Wirkstoffen Valsartan (Valsacor®, Valsacor® comp.), Olmesartan medoxomil (Olmecor®, Olmecor HCT®, OlmeAmlo®), Losartan-Kalium (Losartan-Kalium TAD®, Losartan-Kalium HCTad®, LosAmlo®), Candesartan cilexetil (Candecor® / Candecor® comp) und Irbesartanhydrochlorid (Ifirmasta®, Irbecor comp.®). 

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Engpässe auch in den USA

Nicht nur in Europa kämpft man mit den Lieferengpässen rund um Valsartan. Wie DAZ.online berichtete, hat auch die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA Maßnahmen ergriffen, die die Versorgung mit den Blutdrucksenkern sichern sollen. Bereits am 12. März 2019 hatte die FDA ein neues Diovan-Generikum beschleunigt zugelassen. Am 20. März 2019 verkündete die FDA schließlich, dass sie vorübergehend eine Verunreinigung in Höhe von 9,82 ppm statt 0,96 ppm NMBA in Losartan akzeptieren würde, um den Patienten den Zugang zu Losartan-Präparaten zu sichern – so lange, bis die Verunreinigung beseitigt werden könne.

NMBA war erst zu Beginn des Jahres als eine weitere Nitrosaminverunreinigung entdeckt worden: Nitroso-N-methyl-4-Aminobuttersäure (NMBA). Nach Schätzungen der FDA wird es circa sechs Monate dauern, bis die Hersteller den US-Markt wieder mit Losartan, frei von NMBA, versorgen können.

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Zunächst hatten im Sommer 2018 die wahrscheinlich krebserregenden Verunreinigungen N-Nitrosodimethylamin (NDMA) und Diethylnitrosamin (NDEA) zu weltweiten Sartan-Rückrufen geführt. Außerdem wurde zwischenzeitlich bei einem mexikanischen Valsartan-Hersteller die Verunreinigung N-Nitrosodiisopropylamin (NDIPA) gefunden. Letztere führte aber zu keinen weiteren Rückrufen in Deutschland oder den USA. NMBA hingegen schon.

Die europäische Arzneimittebehörde EMA und somit auch das deutsche BfArM haben allerdings im Gegensatz zur FDA noch keine offiziellen Grenzwerte für NMBA bekannt gegeben. (Mit Bescheid vom 11. April 2019 hat das BfArM das europäische Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu „Angiotensin-II-rezeptor Antagonisten (Sartane), die eine Tetrazol-Gruppe enthalten“ abgeschlossen. Das Gutachten des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur wird damit rechtsverbindlich.)

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Doch vor allem in den USA, aber auch in Deutschland, kam es Anfang 2019 aufgrund von NMBA zu zahlreichen weiteren Losartan-Rückrufen. Erst vergangenen Freitag erweiterte Torrent Pharmaceuticals Limited in den USA seinen Rückruf um 104 weitere Chargen, in denen das Losartan von Hetero Labs Limited stammt  – aufgrund von NMBA. In derselben Mitteilung gibt die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA außerdem weitere Testmethoden – auf neue Nitrosamine – bekannt: Eine GC-MS-Methode zur Untersuchung auf NDMA, NDEA, NDIPA und N-Nitrosoethylisopropylamin (NEIPA) sowie auf N-Nitrosodibutylamin (NDBA). Und eine weitere Methode, die zur Detektion von NDMA, NDEA und NDIPA sowie NEIPA dienen soll.

Am 3. April 2019 teilte auch das EDQM (European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare) mit, dass die OMCLs (Official Medicines Control Laboratories) kürzlich ihre erste Methode für den Test auf NMBA (Nitroso-N-methyl-4-Aminobuttersäure) veröffentlicht haben. Es handelt sich um eine LC-MS/MS-Methode, die vom Bayerischen OMCL am „Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit“ (LGL) entwickelt wurde.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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