Nitrosamine im Europäischen Arzneibuch

Nach „Valsartan-Skandal“: neue Sartan-Monographie ab 1. Juli

Stuttgart - 06.05.2019, 14:00 Uhr

Zum 1.
Juli 2019 in der Ausgabe 10.0 des Ph. Eur. sollen geänderte Sartan-Monographien
veröffentlicht werden. (Foto: Deutscher Apotheker Verlag)

Zum 1. Juli 2019 in der Ausgabe 10.0 des Ph. Eur. sollen geänderte Sartan-Monographien veröffentlicht werden. (Foto: Deutscher Apotheker Verlag)


Der Fall um die mit Nitrosaminen verunreinigten Blutdrucksenker der Wirkstoffklasse der Sartane ist noch immer nicht gänzlich abgeschlossen, auch wenn es seit dem 11. April 2019 die ersten rechtlich bindenden Maßnahmen gibt. Zum 1. Juli 2019, also etwa ein Jahr nach Beginn der weltweiten Rückrufe, werden nun die geänderten Sartan-Monographien im Arzneibuch veröffentlicht. Und auch bei dieser Maßnahme soll es nicht bleiben.

Begonnen hatte alles mit den weltweiten Valsartan-Rückrufen im Sommer 2018. Im Mittelpunkt des Falls Valsartan stand zunächst vor allem der chinesische Wirkstoffhersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical (ZHP) und die Nitrosamin-Verunreinigung NDMA. Relativ schnell stellte sich jedoch heraus, dass weitere Blutdrucksenker der Wirkstoffgruppe der Sartane und weitere Hersteller betroffen sind – zudem wurden nach NDMA weitere Nitrosamin-Verunreinigungen bekannt.

Mit Bescheid vom 11. April 2019 hat das BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) nun das europäische Risikobewertungsverfahren nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG zu „Angiotensin-II-Rezeptor Antagonisten (Sartane), die eine Tetrazol-Gruppe enthalten“ abgeschlossen. Das Gutachten des Ausschusses für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA zum Fall Valsartan wurde damit rechtsverbindlich. 

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Demnach gilt seit Kurzem, dass Unternehmen, die Sartane produzieren, ihren Herstellungsprozess dahingehend überprüfen sollen, dass keine Nitrosamin-Verunreinigungen mehr entstehen. Dazu wird den Unternehmen eine Übergangsphase von zwei Jahren gewährt. Für die Übergangszeit wurden Grenzwerte für NDMA (N-Nitrosodimethylamin) und NDEA (N-Nitrosodiethylamin) festgelegt (auf Basis internationaler Leitlinien). Produkte, in denen höhere Werte als diese Grenzwerte gemessen werden oder in denen sowohl NDMA als auch NDEA enthalten sind (egal in welcher Konzentration), sind in der EU nicht erlaubt.

Außerdem wurde angekündigt, dass es bei diesen empfohlenen Maßnahmen auf lange Sicht nicht bleiben sollte. So soll beispielweise weiterhin das Vorhandensein von Nitrosaminverunreinigungen in Arzneimitteln untersucht werden – auch von Verunreinigungen wie N-Nitrosoethylisopropylamin (EIPNA), N-Nitrosodiisopropylamin (DIPNA) und N-Nitroso-N-methylamino-Buttersäure (NMBA). Die EU-Behörden würden abwägen, was insgesamt aus dem Risikobewertungsverfahren gelernt werden könne, um die Handhabung von Verunreinigungen in Arzneimitteln zu verbessern.

Ab 1. Juli: Nitrosamin-Grenzwerte kommen ins Arzneibuch

Auf Nachfrage von DAZ.online hat das BfArM nun bekannt gegeben, „dass zum 1. Juli 2019 in der Ausgabe 10.0 des Ph. Eur. die geänderten Sartan-Monographien veröffentlicht werden“. Das sei im Rahmen der Aktualisierung des Europäischen Arzneibuches (Ph.Eur.) vorgesehen. Mit diesen Monographien würden dann auch die im oben erläuterten „Referralverfahren“ festgelegten Grenzwerte durch das Arzneibuch übernommen.

Auf Nitrosamine prüfen – egal ob im Arzneibuch oder nicht?

Immer wieder wurde betont, dass die Nitrosamin-Verunreinigungen „unerwartet“ waren. Und „unerwartet“ waren sie wohl deshalb, weil die betroffenen Valsartan-Hersteller über Zertifikate, sogenannte CEPs (Certificate of Suitablility) verfügten. Mit einem CEP wird bescheinigt, dass ein Wirkstoff durch die vorliegende Monographie des Europäischen Arzneibuchs ausreichend kontrolliert wird. Wenn darin also keine Nitrosamine aufgeführt waren, musste man bislang auch nicht darauf prüfen.

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Die CEPs (Certificate of Suitablility) werden vom European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare (EDQM) in Straßburg erteilt, das auch für das Europäische Arzneibuch zuständig ist.

Immer wieder wurde in diesem Zusammenhang die Frage laut, ob das EDQM das Kontaminationsrisiko hätte erkennen müssen, als es die entsprechenden CEPs erteilte. Denn wer ein CEP beantragt, muss die chemische Synthese der Substanz umfassend beschreiben und mögliche und tatsächliche Verunreinigungen nennen. 

Regeln zur Begrenzung von Nitrosaminen auch in allgemeine Monographie „Substances for pharmaceutical use" 

Anscheinend geht das EDQM davon aus, dass dem Hersteller selbst nicht bekannt war, dass NDMA in Valsartan auftreten könnte. Das EDQM sieht die „Schuld“ damit eher bei den Wirkstoffherstellern, den abnehmenden Pharmakonzernen und den Landesaufsichtsbehörden als bei sich selbst. Gegenüber DAZ.online äußerte sich im August 2018 eine Sprecherin des EDQM so: „Die Prüfung der Konformität einer konkreten Wirkstoffcharge liegt in der Verantwortung des Wirkstoff- und Fertigarzneimittelherstellers. Das CEP macht die Prüfung jeder einzelnen Wirkstoffcharge keines Falls entbehrlich.“ 

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Dennoch scheint man auch beim EDQM die Kritik ernst zu nehmen: Das BfArM teilte DAZ.online nämlich auf Anfrage auch mit, dass die Europäische Arzneibuchkommission zugestimmt habe, dass im nächsten Schritt Regeln zur Begrenzung von Nitrosaminen auch in die allgemeine Monographie "Substances for pharmaceutical use" aufgenommen werden sollen. Diese Monographie werde dann für alle Stoffe verbindlich gelten, unabhängig davon, ob sie im Europäischen Arzneibuch monographiert sind oder nicht. 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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