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Delegiertenversammlung in Hessen
Funke: Mein Vertrauen in Spahn ist überschaubar
Ursula Funke, Kammerpräsidentin in Hessen, gehört nicht zu
denen in der Standesvertretung, die die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4
AMG als gegeben hinnehmen. Das macht sie bei der Delegiertenversammlung am
heutigen Dienstag noch einmal sehr deutlich. „Wir müssen weiter kämpfen!“,
forderte sie ihre Kollegen auf. Außerdem
äußerte sie sich zu der geplanten Erhöhung der Aufwandsentschädigungen für den
geschäftsführenden ABDA-Vorstand. Das Ansinnen dahinter verstehe sie. Die
Art des geplanten Beschlusses kritisierte
Funke allerdings.
Die Apothekerkammer Hessen setzt sich weiterhin für die uneingeschränkte Gleichpreisigkeit ein. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution an die Bundesregierung fordern die Delegierten, § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG nicht zu streichen und damit ein klares Bekenntnis zur bewährten Struktur. Sollten die Bedenken nicht berücksichtigt werden, hält die Delegiertenversammlung an der für den Erhalt der Gleichpreisigkeit sichersten Lösung fest. Nämlich verschreibungspflichtige Arzneimittel vom Versandhandel auszuschließen.
Die Resolution im Wortlaut:
Um die flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch die Apotheke vor Ort zu erhalten, ist die Gleichpreisigkeit von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bei der Abgabe an jeden Patienten in Deutschland unerlässlich. Die Delegiertenversammlung der Landesapothekerkammer Hessen – die gewählten Vertreter der rund 6300 hessischen Apothekerinnen und Apotheker – halten daher die im Referentenentwurf des Gesetzes zur Stärkung der Apotheke vor Ort vorgesehene Streichung von § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG für falsch und systemgefährdend. Die Delegiertenversammlung fordert die Bundesregierung auf, § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG nicht zu ändern. Durch eine ausschließliche Überführung dieser Regelung in das SGB V gilt die Preisbindung nur für gesetzlich Versicherte und greift nicht mehr für Privatversicherte und Beihilfeberechtigte. Die Versorgung der Patienten würde damit zum Spielball wirtschaftlicher Interessen werden. Gleichpreisigkeit bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist die Grundlage für Arzneimitteltherapiesicherheit und die schnelle, sichere und flächendeckende Versorgung vor Ort. Daher fordert die Landesapothekerkammer Hessen von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zu dieser bewährten Struktur und fordert sie auf, mit dem vorgesehen Gesetz zur Stärkung der Apotheke vor Ort auch wirklich die Apotheke vor Ort zu stärken und Maßnahmen zur Sicherung der Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu ergreifen. Grundlage hierzu ist der Erhalt der Regelung im Arzneimittelgesetz.
Sollte die Bundesregierung diese Einwände nicht berücksichtigen, hält die Delegiertenversammlung an der für die Gleichpreisigkeit sichersten Lösung fest, verschreibungspflichtige Arzneimittel vom Versandhandel auszuschließen.
Die Verabschiedung der Resolution folgte auf ein leidenschaftliches Plädoyer von Kammerpräsidentin Ursula Funke für den Erhalt des fraglichen Abschnittes im AMG, in dem die Preisbindung für ausländische Arzneimittelversender derzeit noch verankert ist. Während sie einen chronologischen Abriss über die Ereignisse und Beschlüsse seit dem EuGH-Urteil gab, ließ Funke immer wieder Unverständnis und Kritik an der Einstellung einiger Kollegen aus den Mitgliedsorganisationen sowie der obersten ABDA-Spitze durchblicken.
So sagte sie beispielsweise zur ABDA-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Apothekenstärkungsgesetzes: „Ich bin mir sicher, dass alle Vertreter der Mitgliedsorganisationen das Beste wollen für unser Apothekenwesen und die Arzneimittelversorgung. Wir haben wirklich stundenlang gerungen für den richtigen Weg – wohlwissend, dass das, was wir beschließen, von der Politik nicht unbedingt umgesetzt wird. Trotzdem bin ich der Meinung, dass man seine Sicht der Dinge artikulieren und auch in der Stellungnahme zum Ausdruck bringen muss. Wenn ich aber die Stellungnahme so schreibe, wie es der Adressat hören möchte, dann ist das nicht meine Meinung und auch die Interessenvertretung, die man wahrzunehmen hat.“
§78 AMG: Es wird mit falschen Argumenten gearbeitet
Funke legte auch dar, dass die geplante Streichung der AMG-Passage auf höherer Ebene als dem Bundesgesundheitsministerium entschieden worden sei. Deutschland wolle ohne Vertragsverletzungsverfahren in die EU-Ratspräsidentschaft im kommen Jahr gehen. Argumenten sei man nicht zugänglich. Sie berichtete aus einem diesbezüglichen Gespräch mit dem Kanzleramtsminister Helge Braun – das Kanzleramt hat die Federführung in dem Vertragsverletzungsverfahren. Braun habe gebetsmühlenartig seine Argumente wiederholt, so Funke: Man müsse als Bundesregierung europäisches Recht umsetzen, habe er erklärt. Das Vorlageverfahren, das zum Urteil des EuGH geführt hat, und das Vertragsverletzungsverfahren würden dabei in einen Topf geworfen, beklagt die Kammerpräsidentin. In Berlin komme man bei der Politik mit diesen Argumenten auch nicht weiter, aber aufgeben dürfe man deswegen nicht. Funke forderte die Delegierten auf bei ihren Abgeordneten für den Erhalt der Gleichpreisigkeit zu kämpfen. Die Dienstleistungen hält sie für einen Schritt in die richtige Richtung und wichtig. Aber ohne die entsprechende Grundlage ginge das nicht.
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Funke warnt vor Fallstricken im Apothekenstärkungsgesetz
Funke warnte zudem eindringlich vor möglichen Fallstricken im
Apothekenstärkungsgesetz. Zum Beispiel geht es ihr um die Etablierung des Botendienstes als
dritte Versorgungsform neben der Präsenzapotheke mit dem Botendienst als
Ausnahme und dem Versandhandel. Damit wäre dann eine Abgabe nach telepharmazeutischer Beratung ohne Kontakt möglich. Und warum sollte diese
Beratung aus Deutschland erfolgen müssen, fragte Funke rhetorisch. Die Apotheke wäre dann ein
kontrolliertes Lager und auch das könne woanders sein. Das ließe alle Argumente
gegen Hüffenhardt und Prescription Corners bei Discountern ins Leere laufen. Mit den aktuellen Regeln, bei denen der Botendienst die Ausnahme darstellt, könnten alle gut leben, so die Kammerpräsidentin.
Ohnehin offenbarten sich laut Funke bei zahlreichen Vorschlägen des Ministers, die auf den ersten Blick vorteilhaft für die Apotheken aussehen, bei genauerem Hinsehen Fallstricke. Neben dem Botendienst nannte sie unter anderem das Impfen und stellte die Frage, ob das nicht alles Hilfestellungen für die Holland-Versender seien. „Mein Vertrauen in den Bundesgesundheitsminister ist überschaubar“, sagte sie.
Erhöhung der ABDA-Aufwandsentschädigung: „Die Idee ist nachvollziehbar, aber nicht die Art“
Funke thematisierte auch die geplante Erhöhung der Aufwandsentschädigung für den geschäftsführenden Vorstand der ABDA, die auf Vorschlag von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt kurzfristig in den Haushaltsentwurf gekommen war. Funke ist selbst Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes. Die Idee dahinter könne sie verstehen. So gebe es Kollegen, die deutlich mehr Termine wahrnehmen als andere. Sie selbst zähle nicht dazu, aber zum Beispiel der Vizepräsident der Bundesapothekerkammer Thomas Benkert, der gleichzeitig den wissenschaftlichen Beirat leitet. Dieser habe übrigens nie den Wunsch nach mehr Geld geäußert.
Die Art und Weise, wie diese Aufwandsentschädigungen beschlossen
werden sollten, geht in Funkes Augen allerdings nicht. Man könne über alles sprechen. Das müsse aber den üblichen Weg durch die
Gremien gehen und mit dem Haushaltsausschuss besprochen werden. Bei der ABDA-Mitgliederversammung
kommende Woche können dies daher so nicht beschlossen werden.
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Hessen wird dem Haushalt nicht zustimmen
Sie erklärte, dem ohnehin schon bestehenden Beschluss ihrer Delegierten zu folgen und den Haushalt abzulehnen – es sei denn, die Delegierten würden ihr jetzt einen anderen Auftrag erteilen. Zur Erklärung: Die Kammerversammlung in Hessen hatte schon vor einiger Zeit angesichts der geplanten Beitragserhöhung beschlossen, den Haushalt abzulehnen. Denn die ABDA plant, eine Beitragserhöhung um rund 1,8 Prozent – entgegen anderslautender Ankündigungen im Vorjahr. Was die Erhöhung der Aufwandsentschädigung betrifft, rät Funke der ABDA ein Konzept zu erstellen, in dem Tagegelder und sonstige Posten berücksichtigt sind. Dann könne man diesen Vorschlag in den Gremien diskutieren.
5 Kommentare
ABDA-Stellungnahme
von Dirk Krüger am 19.06.2019 um 13:53 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten
AW: ABDA-Stellungnahme
von Dr.Diefenbach am 19.06.2019 um 17:12 Uhr
AW: ABDA-Stellungnahme
von Heiko Barz am 20.06.2019 um 2:22 Uhr
AW: ABDA-Stellungnahme
von Dr.Diefenbach am 20.06.2019 um 17:25 Uhr
Argumente
von Roland Mückschel am 19.06.2019 um 12:19 Uhr
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