Kammerversammlung in Schleswig-Holstein

Christiansen: Das Packungshonorar ist mit einem Verfalldatum versehen

Kiel - 20.06.2019, 16:00 Uhr

Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Dr.
Kai Christiansen setzt darauf, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Bedenken der Apotheker ernst nimmt. ( r / Foto: tmb)

Schleswig-Holsteins Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen setzt darauf, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Bedenken der Apotheker ernst nimmt. ( r / Foto: tmb)


Was ist Gleichpreisigkeit?

Christiansen ging auch auf den Titel der Apotheker Zeitung Nr. 25 „Die ABDA vor der Zerreißprobe“ ein. Diese Zerreißprobe werde sich daran entzünden, ob die Apotheker die Maßnahmen zur Gleichpreisigkeit als ausreichend ansehen. Nach Ansicht des Ministers sei das Ziel erreicht, wenn sie für die GKV gilt und damit 90 Prozent des Marktes „befriedet“ seien. „Die Hardliner in der ABDA verlangen aber 100-prozentige Gleichpreisigkeit und sind dafür auch bereit alles aufs Spiel zu setzen“, erklärte Christiansen. Außerdem müsse klar sein, dass die jetzt möglichen Gesetze nur für eine gewisse Zeit helfen würden. In dieser Zeit müsse mit Hochdruck an einem neuen Honorarmodell „oder genauer gesagt, an einer neuen Definition von Versorgung und damit verbundener Honorierung“ gearbeitet werden.  

Christiansen fordert Einheitlichkeit nach außen

Zur Kritik an der ABDA appellierte Christiansen an die Apotheker, die unterschiedlichen Positionen intern auszutauschen, aber nach außen mit einer Stimme zu sprechen. Zur weiteren politischen Entwicklung erklärte Christiansen: „Wir sind Spahn ein gutes Stück entgegengekommen und nun ist es an der Zeit, dass auch er uns ein ganzes Stück entgegenkommt.“ Dazu verwies er auch auf das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs zur Preisbindung im Inland. Dies habe ihn beeindruckt und er hoffe, es beeindrucke auch den Minister. Christiansen folgerte, § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG dürfe nicht gestrichen werden. Um die Forderungen der Apotheker zu bekräftigen, schlug Christiansen eine Resolution vor, die einstimmig beschlossen wurde. Der Text lautet: 

Resolution der Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein vom 19. Juni 2019

Die Apothekerschaft des Landes Schleswig-Holstein fordert den Gesetzgeber auf, endlich eindeutige, nachhaltige und verlässliche Rahmenbedingungen für die gewünschte Rolle der Apotheken in der Arzneimittelversorgung zu schaffen.

Die immerwährende Diskussion über neue Geschäftsmodelle, das zögerliche Umgehen mit klaren Umgehungsgeschäften, verbunden mit der überbordenden Bürokratie, stößt bereits jetzt die nächste Generation ab. Diese muss schließlich das große finanzielle und unternehmerische Risiko der Selbstständigkeit wagen, um das flächendeckende Netz aus Vor-Ort-Apotheken auch weiterhin zur Verfügung zu stellen.

Kontroverse Diskussion

Die Kammerversammlung diskutierte kontrovers, ob die Kommunikation der ABDA angemessen ist. Es wurde bezweifelt, dass die angedachten Dienstleistungen genügend honoriert werden. Außerdem schlug ein Delegierter vor, alle Apotheken sollten die Preisbindung durch Umgehungsgeschäfte mit dem Ausland unterlaufen, um damit eine Reaktion des Wirtschaftsministeriums herauszufordern. Christiansen lehnte dies entschieden ab, weil die Apotheker als Heilberufler und nicht mit einem kaufmännischen Signal antworten sollten.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Christiansen....

von Monika Prinz am 21.06.2019 um 19:37 Uhr

Nun wird klar, wie das Span'sche Gesetz wirklich heißen wird:
Apothekensterbenverstärkunsgesetz

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Was denn nun, Schleswig-Holstein?

von Wolfgang Müller am 20.06.2019 um 22:20 Uhr

Lieber Kollege Müller-Bohn,
habe ich Ihren Bericht richtig verstanden, dass die Schleswig-Holsteiner da einerseits eine ganz hervorragende Resolution verabschiedet haben? Die ein Ende des Fabulierens über spekulative, durch nichts solide untermauerte "Neue Geschäftsmodelle" fordert? Und ein Ende der "überbordenden Bürokratie"? Welchselbige Schrecklichkeiten in der Tat den Nachwuchs zu Recht von der freudigen Übernahme einer typischen, durchschnittlichen oder sogar größeren Apotheke bestens abhalten, sogar geschenkt?

Um andererseits dann selber durch nichts untermauerte Spekulationen über das garantierte Ende des Packungshonorars zu beginnen? Und eine angesichts des aktuellen Handlungsbedarfs kontraproduktive Diskussion über neue, phantasievoll ausbaldowerte und hingemalte, wie gewohnt natürlich nicht besonders weit gedachte Geschäftsmodelle?

„Nicht durch ein Handelsgeschäft, sondern durch den tiefen Einstieg in die Versorgung“ sollen wir dereinst mal unsere Mitarbeiter und unsere Familien ernähren können, sagt sinngemäß anscheinend ausgerechnet Arbeitgeber-Vertreter Froese? Und darüber sollen wir dann vielleicht erstmal weitere 8 Jahre (wie die „Arbeitsgruppe Honorar“ von Fritz Becker) „immerwährend diskutieren“, wie von der eigenen Resolution kritisiert? Bis endgültig das wahre, KONKRETE, bodennahe Logistik- und Beratungs-Leben an uns vorbeigerauscht ist? Und sämtliche Arztpraxen nahezu kostenneutral schon jahrelang mit Krankenkassen-EDV auf Knopfdruck das selber machen, was die ABDA als zukünftige Akademiker-Berufstätigkeit für uns viel toller als „lukrativen Arzneimitteleinzelhandel“ findet?

Ich schlage mal die Klärung vor, dass die Resolution wohl nicht ernsthaft an die "Große Politik" gerichtet sein kann, denn die folgt bisher jedenfalls bzgl. "immer neue Geschäftsmodellen" und "überbordende Bürokratie" zu 85 Prozent doch nur dem Unsinn, den sich die Apotheker-Standesvertretungen selber ausgedacht haben (und offensichtlich sich weiter und weiter und weiter neu ausdenken). So kam es ja wohl auch zum FS/JS-Geheimpakt mit den erlaubten 2,50 Euro Rx-Boni im Austausch gegen „Neue Dienstleistungen“, Deckel-budgetiert mit ein paar hundert Millionen, und nicht umgekehrt.

Habe ich das denn aber wirklich richtig verstanden, dass die Schleswig-Holsteiner Kolleg/innen das Ganze aber eben leider DOCH an die Bundespolitik gerichtet haben, und nicht etwa primär an "Die ABDA"? Und damit nicht auch an sich selber höchstpersönlich, obwohl Froese und Christiansen sich ja wohl - entsprechend Ihrem Bericht - in eindrucksvoller Art und Weise im Sinne der von der Resolution kritisierten Probleme schuldig gemacht haben?

Oder haben da ganz hoch im Norden alle diese erstaunlichen Widersprüche bloß nicht bemerkt? Oder sind einfache Menschen nur nicht in der Lage, die konzeptionelle Schönheit und Schlüssigkeit des Froese/Christiansenschen Denkens „weg von der Packung“ intellektuell zu erfassen? Oder haben Sie etwa dafür unerlässliche Informationen unterschlagen?

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AW: Was denn nun, Schleswig-Holstein

von Dirk Krüger am 21.06.2019 um 9:58 Uhr

Ich als Schleswig-Holsteiner kann die Resolution "meiner" Kammer und "meines" Verbandes genau so wenig nachvollziehen wie Sie, lieber Herr Müller. Jetzt ein neues Fass über ganz neue Vergütungsformen aufzumachen, wird der akuten Situation nicht gerecht. Es liegt ein Gesetzentwurf auf dem Tisch, der die Existenz von Präsenzapotheken hochakut gefährdet. Die Hütte brennt! Diese Existenzbedrohung muss verhindert werden, jetzt sofort. Da bleibt keine Zeit für Visionen und Wolkenkuckucksheime.

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