Nicht-Verfügbarkeit

Fragen und Antworten zum neuen Rahmenvertrag (Teil 3)

Stuttgart - 26.06.2019, 17:45 Uhr

Was im Kommissionierer liegt, ist in der Apotheke „vorrätig“. So definiert es der neue Rahmenvertrag. ( r / Foto: imago images / Westend61)

Was im Kommissionierer liegt, ist in der Apotheke „vorrätig“. So definiert es der neue Rahmenvertrag. ( r / Foto: imago images / Westend61)


Am Montag ist es soweit, der neue Rahmenvertrag tritt in Kraft und mit ihm eine ganze Reihe von Neuregelungen. Für unsere Leser haben wir die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst. Im dritten Teil geht es nun unter anderem darum, wie man eine Nicht-Verfügbarkeit nachweisen muss und was eigentlich „nicht verfügbar“ konkret bedeutet.

Was bringt der neue Rahmenvertrag? Manches wurde klargestellt, anderes scheint zumindest auf den ersten Blick komplizierter als vorher. Das wird sich dann wohl in der Praxis zeigen. In den ersten beiden Teilen unserer „Fragen und Antworten“ ging es um den Generika- und den Importmarkt, die Abgaberangfolge und wann man davon abweichen kann sowie Änderungen bei den Sonderkennzeichen. Und es gibt noch mehr Neues, so wurde beispielsweise ein Paragraph (§ 2) mit Definitionen eingeführt, wo unter anderem erklärt wird, was eigentlich unter „nicht verfügbar“ verstanden wird.

Was ist neu?

  • Ein Paragraph mit Definitionen § 2
  • Eine Abgabe-Rangfolge wurde festgelegt §§ 10 bis 14
  • Unterscheidung zwischen importrelevantem und generikarelevantem Markt (hat Auswirkungen auf die Abgabe-Rangfolge) § 9
  • Unterscheidung zwischen Regel- und Akutversorgung § 17
  • Auswahl unter den vier preisgünstigsten Mitteln, das namentlich verordnete ist nicht mehr automatisch dabei § 12
  • Bei der Festlegung, was preisgünstig ist, werden Herstellerabschläge berücksichtigt § 12
  • Der Rahmenvertrag macht Vorgaben für „besondere Abgabekonstellationen“ § 18
  • Die Sonder-PZN 02567024 gilt für alle Abgabefälle, es wurden aber zusätzliche Faktoren eingeführt
  • Neue Berechnung der preisgünstigen Importe § 2 und der Importquote § 13
  • Vorgabe, wie Nicht-Verfügbarkeit nachzuweisen ist § 2 
  • Nicht eindeutige Verordnungen können nach Rücksprache mit dem Arzt nachgebessert werden (in der Regelversorgung) § 7

Was bedeutet vorrätig, lieferfähig, nicht verfügbar, in Vertrieb und außer Vertrieb?

Eine wesentliche Neuerung im Rahmenvertrag ist § 2, in dem wichtige im Rahmenvertrag verwendete Begriffe definiert werden, unter anderem zur Verfügbarkeit.

Vorrätig: Das abzugebende Arzneimittel ist in der Apotheke vorhanden.

Lieferfähig: Das abzugebende Arzneimittel ist bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen vorrätig beziehungsweise von diesen vom pharmazeutischen Unternehmer beziehbar.

Nicht verfügbar:  Ein Arzneimittel kann innerhalb angemessener Zeit nicht beschafft werden.

In beziehungsweise außer Vertrieb: Das Arzneimittel ist im Preis- und Produktverzeichnis („Lauer-Taxe“) gelistet und der Vertriebsstatus hat den Wert „in Vertrieb“ beziehungsweise „außer Vertrieb“ (AV).

Nachweis der Nicht-Verfügbarkeit

Wie muss die Apotheke nachweisen, dass ein Arzneimittel „nicht verfügbar“ ist?

Der Nachweis der Nicht-Verfügbarkeit sorgte in der Vergangenheit schon für viel Ärger. Muss das der Hersteller belegen oder der Großhandel? Unterschiedliche Kassen hatten unterschiedliche Meinungen dazu. Das wurde im neuen Rahmenvertrag klargestellt.

Für den Nachweis der Nicht-Verfügbarkeit reichen zwei registrierte Online-Verfügbarkeitsanfragen bei zwei Großhändlern im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Vorlage der Verordnung aus. 

Und wenn die Apotheke nur einen Großhändler hat?

Wird die Apotheke nur durch einen Großhandel beliefert, reicht es aus, wenn die Verfügbarkeitsanfragen bei diesem einen Großhandel in „angemessenem zeitlichen Abstand“ erfolgt sind. Von Verbandsseite gibt es die Empfehlung, zwei Stunden zwischen zwei Abfragen verstreichen zu lassen. Warum? Es könnte ja inzwischen wieder Ware verbucht worden sein. Der Haken an dieser Zeitabstandsregelung ist ganz klar: Apotheken mit nur einem Großhändler können nicht in dem Moment, in dem der Patient in der Offizin steht, entscheiden, ob sie von der Abgaberangfolge abweichen können.

Wie geht es dann weiter?

Diese Abfragen müssen in der Apotheke abgespeichert oder ausgedruckt werden. Teilweise werde sie bereits automatisch von der Software gespeichert. Aus dem Beleg müssen mindestens der abgefragte Großhandel, das IK der anfragenden Apotheke, der Zeitstempel der Anfrage mit Uhrzeit und Datum sowie die abgefragte Pharmazentralnummer (PZN) hervorgehen.

Auch noch wichtig: Falls Belieferungs- und Vorlagedatum nicht übereinstimmen, muss die Apotheke das auf dem Rezept vermerken. Denn zum Zeitpunkt der Belieferung könnte das gewünschte Präparat ja wieder verfügbar sein, der Nachweis bezieht sich aber explizit auf den Zeitpunkt der Rezeptvorlage.

Was gilt im Notdienst oder in akuten Fällen?

Im Notdienst oder in anderen dringenden Fällen darf man von der Abgaberangfolge abweichen, wenn das gewünschte (und sofort benötigte) Präparat in der Apotheke nicht vorrätig ist, also nicht in der Schublade oder im Kommissionierer liegt. Dann braucht es keine Abfrage und keinen Nachweis. Sonder-PZN und Vermerk müssen natürlich aufs Rezept und abgezeichnet werden. Wichtig: Der richtige Faktor. Infrage kommen

  •     5: Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels bei Akutversorgung

oder

  •     6: Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels sowie eines preisgünstigen bei Akutversorgung oder Nicht-Abgabe eines Rabattarzneimittels sowie Abweichung von der Importabgabe bei Akutversorgung.

Eine Übersicht über alle Faktoren finden Sie hier

DAP-Arbeitshilfen zum neuen Rahmenvertrag

Das DeutscheApothekenPortal stellt Arbeitshilfen zum neuen Rahmenvertrag zur Verfügung.  Zur Übersicht über alle Arbeitshilfen geht es hier.

Mehr zum Thema

Generika- und Importmarkt, Abgabereihenfolge

Fragen und Antworten zum neuen Rahmenvertrag (Teil 1)

Abweichung von der Abgaberangfolge, Sonderkennzeichen

Fragen und Antworten zum neuen Rahmenvertrag (Teil 2)

Ordnungsgemäße Verordnung, Akut- vs. Regelversorgung

Fragen und Antworten zum neuen Rahmenvertrag (Teil 4)

Packungsgrößen, besondere Abgabekonstellationen

Fragen und Antworten zum neuen Rahmenvertrag (Teil 5)



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


Diesen Artikel teilen:


3 Kommentare

Wegschicken!

von Kassensklave am 28.06.2019 um 12:00 Uhr

Im Zweifel schicke ich den Patienten weg.
Mache ich im Moment zwar auch, aber nur selten.
Wird dann halt häufiger vorkommen. Bevor ich das Risiko einer Retaxation eingehe....
"haben wir nicht, können wir nicht besorgen, gehen Sie woanders hin....."

Wieder ein Meilenstein in der Versorgung des Patienten....

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Rahmenvertrag

von Kellner am 27.06.2019 um 13:38 Uhr

Für diesen Rahmenvertrag haben doch wirklich NUR Menschen verhandelt die von der Apothekenpraxis keine Ahnung haben. Ich sehe keinerlei Erleichterungen, nur noch neue Bürokratie obendrauf . Dankeschön !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Rezeptformular

von Karl Friedrich Müller am 27.06.2019 um 7:51 Uhr

Warum ist nach den vielen Jahren nicht mal einer auf die Idee gekommen, dass das Rezeptformular geändert werden muss?
Mindestens 4 Zeilen? Und der Arztstempel mit Abstand?
Die oft gebrauchte 4. Zeile ist oft nicht zu lesen. Wundert mich, dass es da noch nie Retaxe gab.
Oder hat man seitens der GKV Angst, dass die Ärzte mehr verordnen?
Oder sind die Beteiligten einfach kolossal betriebsblind?
(Das auf jeden Fall)

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.