Importförderung, Apothekenkontrollen, Arzneimittelskandale

Bundesrat beschließt GSAV – und verzichtet auf Vermittlungsausschuss

Berlin - 28.06.2019, 12:45 Uhr

Der Bundesrat hat am heutigen Freitag das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beschlossen und somit auf eine Einberufung des Vermittlungsausschusses verzichtet. (b / Foto: imago images / photothek)

Der Bundesrat hat am heutigen Freitag das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beschlossen und somit auf eine Einberufung des Vermittlungsausschusses verzichtet. (b / Foto: imago images / photothek)


Der Bundesrat hat am heutigen Freitag das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung beschlossen. Mit dem GSAV reagiert der Gesetzgeber auf die Arzneimittel-Skandale im vergangenen Sommer, führt aber auch für Apotheker eine Reihe wichtiger Neuregelungen ein. Zuletzt hatten einige Bundesländer versucht, den Vermittlungsausschuss einzuberufen, um die Importförderklausel zu streichen. Dieses Vorhaben ist jedoch gescheitert. Bei der Diskussion im Plenum erklärte BMG-Staatssekretär Thomas Steffens, dass die Importförderung nichts mit Arzneimittelsicherheit zu tun habe.

Das GSAV ist beschlossene Sache. Der Bundesrat hat das Gesetz am heutigen Freitag mit einer knappen Mehrheit durchgewinkt. Im November 2018 brachte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seine erste Arzneimittelreform auf den Weg. Zur Erinnerung: Nur wenige Monate zuvor waren mehrere Arzneimittelskandale bekannt geworden. Der Brandenburger Händler Lunapharm wird seitdem beschuldigt, jahrelang auf illegalem Wege Zytostatika nach Deutschland importiert zu haben. Ebenfalls wurde bekannt, dass in Valsartan aus China Nitrosamine festgestellt wurden. Außerdem ging es um den Fall des Bottroper Zyto-Apothekers Peter S. sowie einen Heilpraktiker, unter dessen Behandlung mit selbst hergestellter Arznei Patienten starben. Das GSAV enthält zahlreiche Regelungen, die sich genau mit diesen Bereichen befassen. Der Bundestag hatte das Vorhaben am 6. Juni 2019 in zweiter Lesung beschlossen.

Hier finden Sie nochmals die wichtigsten Regelungen des GSAV im Überblick.

Das Vorhaben enthält aber auch einige Regelungen, die für Apotheker relevant sind. Unter anderem geht es um die Hämophilie-Versorgung, die künftig über den Apotheken-Vertriebsweg laufen soll. Des Weiteren sollen unangemeldete Apotheken-Kontrollen eingeführt werden. Und: Fortan gilt die Importförderklausel nicht mehr für Biopharmazeutika und Zytostatika. Außerdem muss die Förderklausel in zwei Jahren vom BMG evaluiert und vom Bundestag bewertet werden. Diese Regelung war ein Kompromiss zwischen Union und SPD.

Einige Bundesländer, darunter Brandenburg, hatten sich jedoch darüber beschwert. Die Länder wollten wegen des GSAV den Vermittlungsausschuss einberufen und hatten auf einer ersten Ebene sogar Erfolg: Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates gab den Anträgen aus Brandenburg Recht. Brandenburgs Gesundheitsministerin Susanna Karawanskij (Linke) erklärte am heutigen Freitag im Bundesratsplenum nochmals ihre Ansicht und warb für den Vermittlungsausschuss. 

Steffens: Importförderung hat nichts mit Arzneimittelsicherheit zu tun

Konkret ging es den Ländern um die unangemeldeten Apothekenkontrollen und um die Streichung der Importquote. Karawanskij sagte dazu:


Wir wollen das Gesetz nicht verhindern. Wir wollen aber auch keine unseriösen Schnellschüsse leisten und raten dazu, einige Artikel zu überprüfen. Die unangemeldeten Inspektionen sind mit Blick auf Artikel 84 des Grundgesetzes problematisch, sie sind auch unverhältnismäßig, praktisch kaum umsetzbar und bringen keine echten Sicherheitsgewinn. (…) Die jetzige Kompromisslösung zur Importförderklausel ist allenfalls halbherzig. Warum sollte sich die Gefahr des Einschleusens von Arzneimitteln nur auf Biopharmazeutika und Zytostatika beschränken? Es ist auch nicht klar, welche Erkenntnisse man sich durch die Evaluierung in zwei Jahren erhofft. Wir wollen das GSAV auf gesunde Füße stellen, ein Vermittlungsausschuss wäre daher richtig.“

Susanna Karawanskij (Linke)


(Screenshot: DAZ.online/bundesrat.de)

Eine Gegenrede hielt Thomas Steffens, der seit einigen Wochen Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium ist. Steffens sprach davon, dass das GSAV ein „ausgewogenes Paket“ sei, das die Arzneimittelversorgung verbessere. Was die unangemeldeten Apothekenkontrollen betrifft, versprach der BMG-Staatssekretär den Ländern, dass sein Ministerium dem Bundesrat einen Erfahrungsbericht übermitteln wolle, in dem die Auswirkungen der Neuregelung evaluiert würden. Zur Streichung der Importförderklausel sagte Steffens:


Im Gesetz ist jetzt schon vorgesehen, dass bis Ende 2021 ein Bericht über die Auswirkungen der Regelung vorgelegt werden muss. (…) Das BMG wird diesen Bericht an den Bundestag mit einer Bewertung leiten. (…) Bei der Förderklausel geht es aber um die Kostenauswirkungen auf die GKV, es geht nicht um die Frage der Sicherheitsvorkehrungen. Unserer Ansicht nach besteht kein Zusammenhang zwischen der Klausel und einigen Fällen in der Vergangenheit. (…) Die jetzige im Gesetz vorgesehene Regelung beruht zudem auf einem Beschluss der Selbstverwaltung.“

BMG-Staatssekretär Thomas Steffens


Das Plenum stimmte dann zunächst über die Einberufung des Vermittlungsausschusses ab – nur eine Minderheit der Ländervertreter meldete sich. Bei der zweiten Frage zum Beschluss des Gesetzes ergab sich dann eine Mehrheit.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Importförderklausel ??

von Heiko Barz am 28.06.2019 um 19:43 Uhr

Herr Steffens, ich bestreite Ihre „dynamische“ Aussage, dass die Importförderung nichts mit der Arzneimittelsicherheit zu tun hat. Nur jetzt liegt das Kind bereits im Brunnen. Und wenn Sie dann in der Hierarchie des Bundestages in einem ganz anderen Tätigkeitsbereich „glänzen“, dann haben sie doch dieses Gesetz längst verdrängt, nach Adenauer: „ was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“
Diesem Gesetz liegt doch sicher eine kraftvolle Lobbyarbeit zu Grunde.

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