MS bei Kindern

G-BA bestätigt Zusatznutzen für Fingolimod

Bonn / Stuttgart - 03.07.2019, 12:45 Uhr

Kinder mit hochaktiver oder schwer und rasch verlaufender remittierend schubförmiger MS können von Fingolimod im Vergleich zu Interferon profitieren. (m / Foto: ustas / stock.adobe.com)

Kinder mit hochaktiver oder schwer und rasch verlaufender remittierend schubförmiger MS können von Fingolimod im Vergleich zu Interferon profitieren. (m / Foto: ustas / stock.adobe.com)


Hochaktive RRMS: Fingolimod verzögert Zeit bis zum ersten Schub

Für diese beiden Subgruppen legte Hersteller Novartis geeignete Daten vor (PARADIGMS). Für Kinder mit hochaktiver RRMS unter mindestens einer krankheitsmodifizierenden Therapie, für die ein Wechsel innerhalb der MS-Basistherapeutika infrage kommt (a2), konnte Novartis im Morbiditätsendpunkt „bestätigte Krankheitsschübe“ für Fingolimod im Vergleich zu Interferon beta-1a (intramuskulär) einen statistisch signifikanten Vorteil für die Zeit bis zum ersten bestätigten Schub zeigen.

Jährliche Schubrate gleich unter Fingolimod und Interferon

Im Endpunkt „jährliche Rate bestätigter Schübe“ zeigt sich hingegen kein statistisch signifikanter Unterschied. Somit kommt der G-BA zum Ergebnis: „Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen“. Denn der Endpunkt „Zeit bis zum ersten bestätigten Schub“ erlaube keine Rückschlüsse auf die Anzahl der jährlichen Schübe, diese seien jedoch für die Patienten für die Beurteilung der Krankheitsschübe von hoher Bedeutung. Daher kann der G-BA den Vorteil der „Zeit bis zum ersten bestätigten Schub“ nicht quantifizieren.

Wie wirkt Fingolimod?

Fingolimod zählt zu den selektiven Immunsuppressiva. Als Prodrug wird Fingolimod durch die Sphingosin-Kinase zum aktiven Metaboliten Fingolimod-Phosphat metabolisiert. Es bindet an den Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor (S1P-Rezeptor) auf Lymphozyten und wirkt dort als funktioneller Antagonist und blockiert deren Migration. Dadurch verhindert Fingolimod, dass Lymphozyten aus den Lymphknoten wandern können. Die Wirkung von Fingolimod auf Lymphozyten lässt sich somit eher als Umverteilung von Lymphozyten beschreiben als durch eine Depletion. Aufgrund des Festhaltens der Lymphozyten in den Lymphknoten sollen auch weniger pathogene Lymphozyten (Th17-Zellen) das Zentralnervensystem infiltrieren, die dort neuronale Entzündungen und Nervendestruktion fördern. Letzteres konnte in tierexperimentellen Studien gezeigt werden. Nach Gabe von Fingolimod (oral) sinkt bereits nach wenigen Stunden die Lymphozytenzahl im Blut auf 75 Prozent des Ausgangswertes. Gilenya® wirkt vorwiegend auf Lymphozyten (B- und T-Lymphozyten), die regelmäßig durch die Lymphknoten zirkulieren, wohingegen T-Lymphozyten mit Effektor-Memory-Phänotyp in den peripheren Geweben nicht beeinflusst werden (15 bis 20 Prozent).

Darüber hinaus kann Fingolimod-Phosphat auch die Blut-Hirn-Schranke überwinden und dort direkt an den S1P-Rezeptor auf Nervenzellen binden.

Wenige Kinder in Studie – reduzierte Aussagekraft

Warum nur „Anhaltspunkt“? Auch hier kann der G-BA begründen: Von der PARADIGMS-Studie mit 215 pädiatrischen MS-Patienten erfüllte nur eine kleine Subpopulation (20 Kinder mit RRMS, hochaktiver Verlauf und Wechsel innerhalb der Basistherapeutika) die Kriterien des G-BA. „Die für die Nutzenbewertung relevante Teilpopulation umfasst somit eine sehr geringe Patientenzahl, weshalb die Aussagekraft der vorliegenden Daten insgesamt mit großen Unsicherheiten behaftet ist. Vor diesem Hintergrund erfolgt eine Einstufung der Aussagesicherheit auf einen „Anhaltspunkt.“



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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