Lunapharm geht vor die Presse

„Wir haben immer ordnungsgemäß gehandelt – in einem lukrativen Markt“

Potsdam - 25.07.2019, 17:55 Uhr

Susanne Krautz-Zeitel kämpft um den Ruf ihres „Familienunternehmens“. (Foto: ks)

Susanne Krautz-Zeitel kämpft um den Ruf ihres „Familienunternehmens“. (Foto: ks)


 Es gibt keinen Arzneimittelskandal „Lunapharm“, sondern lediglich einen Behörden- und Medienskandal, der ein kleines ostdeutsches Familienunternehmen mit einer Frau an der Spitze an die Wand gefahren hat. So sehen Lunapharm-Geschäftsführerin Susanne Krautz-Zeitel und ihr Presseberater Klaus Kocks die Geschehnisse, die dem Mahlower Unternehmen seit dem ersten Kontraste-Bericht im Juli 2018 widerfahren sind. Sie planen nun ihrerseits ein Sachbuch und ein TV-Feature zur Causa Lunapharm.

Ein Jahr ist es her, dass das ARD-Magazin Kontraste erstmals über einen griechischen Arzneimittelskandal berichtete: Demnach soll eine griechische Apotheke in griechischen Kliniken gestohlene hochpreisige Arzneimittel, die überdies auf abenteuerliche Weise transportiert und gelagert wurden,  weiterverkauft haben – unter anderem an den Brandenburger Pharmahändler Lunapharm. Dieser wiederum veräußerte die Arzneimittel weiter an deutsche Apotheken und Großhändler. Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen und hatte auch einige politische Konsequenzen.

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Nun stellte sich Geschäftsführerin Susanne Krautz-Zeitel erstmals bei einem Pressegespräch den Fragen von Journalisten. Warum erst jetzt, ein Jahr nach dem Kontraste-Bericht? Das habe an der damaligen Beratungssituation gelegen, erklärte Klaus Kocks, der die Pressearbeit für Krautz-Zeitel übernommen hat. Man habe ihr in ihrer damaligen Beschuldigten-Stellung von solchen Gesprächen abgeraten. Nun sehe es aber anders aus.

Doch was hat die Geschäftsführerin des behördlich lahmgelegten Brandenburger Unternehmens nun zu sagen? Zunächst zitierte sie sich selbst, und zwar ihre Stellungnahme, die sie im vergangenen Jahr einen Tag nach der Ausstrahlung des Kontraste-Beitrags abgegeben hat. Schon hier hatte sie sich von den Vorwürfen distanziert. Zwar habe es die Geschäftsbeziehung nach Griechenland gegeben – aber alles sei ganz regulär zugegangen. Im Februar 2017 habe das zuständige Landesamt Lunapharm informiert, dass die vorgelegte Großhandelserlaubnis der griechischen Apotheke ungültig sei. „Seitdem haben wir von diesem Lieferanten keine Ware mehr bezogen“, so Krautz-Zeitel.  Vom Vorwurf gestohlener Arzneimittel wusste sie nichts – dafür habe sie den Behörden Kooperation bei der Aufklärung angeboten. Ihr damaliges Statement könne sie heute noch genauso verlesen, erklärte Krautz-Zeitel beim heutigen Pressegespräch in Potsdam. Sie sei gutgläubig gewesen, was die Handelsbefugnis ihres Geschäftspartners in Griechenland anging. Denn dieser formale Haken war aus ihrer Sicht das einzige Problem: Griechische Apotheken dürfen keinen Großhandel betreiben. Für die Geschäftsfrau ist das bis heute nicht verständlich: Jeder dürfe in Griechenland Arzneimittel in der Apotheke beziehen – warum nicht auch ein Pharmahändler wie Lunapharm? Zudem: Sie habe sich die Apotheke in Griechenland angeschaut und sich davon überzeugt, dass es sich um ein „supersauberes“ Unternehmen handelt. Krautz-Zeitel betonte auch heute immer wieder: Zu keinem Zeitpunkt seien Patienten gefährdet gewesen, alle von Lunapharm vertriebenen Arzneimittel seien von einwandfreier Qualität gewesen.  „Jedes Arzneimittel, das ich handelte, hätte ich bei mir selbst, meiner Mutter und meiner Tochter eingesetzt“. Die Vorwürfe zum Diebstahl und der Hehlerei sind noch von keinem Gericht bestätigt – die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern an.

„Es gab alle nötigen Zulassungen – auch für italienisches Herceptin“

Bekanntermaßen ist das Geschäft mit Parallelimporten im Hochpreis-Segment lukrativ – die Arzneimittel werden in günstigen Märkten eingekauft, zuweilen über verschiedene Grenzen hin- und her geschoben, bis sie am Ende möglichst gewinnträchtig verkauft werden. Krautz-Zeitel  spricht von einstigen Umsätzen von monatlich 2,5 Millionen Euro – wie viel dabei als Gewinn hänge blieb, sei dahin gestellt. Klar ist: Es handelt sich um ein Geschäftsmodell, das im europäischen Binnenmarkt ganz legal ist. Vorausgesetzt gewisse Anforderungen werden eingehalten. Und aus Sicht von der Geschäftsführerin Krautz-Zeitel lief bei Lunapharm alles rechtmäßig: Man hatte alle nötigen Zulassungen für die parallelvertriebenen Arzneimittel, sämtliche Behördenbescheinigungen. Im Übrigen auch für italienisches Herceptin. Denn dieser Vorwurf tauchte später auf: Lunapharm habe auch mit diesen Arzneimitteln gehandelt, die aber italienischen Krankenhäusern vorbehalten gewesen seien und gar nicht hätten exportiert werden dürfen.  Warum habe das keine der Behörden gesagt, als man die Anträge gestellt habe, fragt Krautz-Zeitel nun? Sie ist sich keiner Schuld bewusst.

RBB und Lunapharm streiten weiter

Beim RBB hat man weiterhin eine andere Sicht auf die Dinge, wie auf der Pressekonferenz schnell klar wurde. Man verweist auf Telefonprotokolle der griechischen Polizei, die zeigten, dass es auch nach März 2017 noch Geschäftsbeziehungen zu der griechischen Apotheke gegeben habe. Doch Kocks hält diese Dokumente für nicht authentisch, sogar für Fälschungen.  

Nun geht Lunapharm also in die Offensive, Krautz-Zeitel klagt nicht nur vor dem Verwaltungsgericht gegen Behördenbescheide, die ihr das Geschäft verbieten, sondern sie fordert auch Entschädigung. Ein Prozess ist bereits in erster Instanz entschieden: Der RBB wurde verurteilt, einige seiner Aussagen nicht mehr zu tätigen, da es sich um unzulässige Verdachtsberichterstattung handele. Schadenersatz wurde Lunapharm allerdings nicht zugesprochen. Beide Seiten haben inzwischen gegen das Urteil Berufung eingelegt. Weiterhin klagt Lunapharm vor dem Landgericht Köln gegen den Bundesgesundheitsminister– das Verfahren schwebt noch, doch das Ministerium hat bereits seine Webseite bereinigt und Äußerungen zu Lunapharm gelöscht. Wirklich dicken Schadenersatz fordert Lunapharm nun aber vom Land Brandenburg. Eine Summe von 70 Millionen Euro steht im Raum. Für Krautz-Zeitel ist es schlicht unverantwortlich, dass man ein ganzes Unternehmen „an die Wand gefahren“ habe.

Kocks nutzte diese Gelegenheit auch, um ein eigenes Projekt anzukündigen: Über die Causa Lunapharm werde nun ein Sachbuch geschrieben, aus dem sodann auch ein Drehbuch und ein TV-Feature werden soll. Man darf also gespannt sein.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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