Neue „Hausarzt-Funktion“

England: bei leichten Gesundheitsstörungen in die Apotheke statt zum Arzt

Remagen - 07.08.2019, 11:30 Uhr

Der NHS setzt in der Primärversorgung der Bevölkerung stark auf die Apotheken. (s / Foto: imago images / Jürgen Schwarz)

Der NHS setzt in der Primärversorgung der Bevölkerung stark auf die Apotheken. (s / Foto: imago images / Jürgen Schwarz)


In England sollen Patienten mit geringfügigen Gesundheitsstörungen möglichst nicht mehr zum Arzt, sondern direkt in die Apotheke gehen. So will es der National Health Service – und er will auch dafür zahlen. Was die englischen Apotheker in Zukunft in der Primärversorgung sonst noch alles leisten sollen, ist in dem Rahmenvertrag für die nächsten fünf Jahre nachzulesen.

Die britische Pharmazie galt schon immer als fortschrittlich, vor allem in klinischen Belangen. Nun legen die öffentlichen Apotheker noch eine Schippe drauf, im Einvernehmen mit dem National Health Service (NHS), der genau das von den Apothekern erwartet und will. Im Oktober tritt ein neuer, fünfjähriger Rahmenvertrag des Pharmaceutical Services Negotiating Committee (PSNC) mit dem NHS in Kraft. 

Wie der NHS schreibt, markiert dieser den Anfang eines „fundamentalen Shifts“ hin zur mehr klinischen Dienstleistungen der Apotheker. Nach dem Willen des NHS sollen sich die 11.500 Apotheken in England „als vollwertiger Partner in der Primärversorgung und als erste Anlaufstelle für geringfügige Gesundheitsstörungen und Gesundheitsberatung etablieren“. Der Rahmenvertrag beschreibt, für welche Aufgaben sich die öffentlichen Apotheker in diesem Sinne in den nächsten fünf Jahren rüsten sollen. 

20 Millionen Hausarztbesuche weniger

Das Herzstück ist der neue NHS Community Pharmacist Consultation Service (CPCS) für die Akutversorgung. Über die NHS Sammelnummer 111 sollen die Patienten bei geringfügigen Gesundheitsstörungen, wie Ohrenschmerzen oder Halsschmerzen, noch für denselben Tag einen Termin in der Apotheke vereinbaren können. Auch Hausärzte und Notfalleinrichtungen sollen Patienten an die Apotheken überweisen können. Dies wird bereits in einer Pilotphase erprobt und könnte schon im April 2020 flächendeckend möglich sein. Der NHS schätzt, dass mit dem Community Pharmacist Consultation Service bis zu sechs Prozent aller Hausarztbesuche in eine Offizinapotheke überführt werden könnten. Das sind bis zu 20 Millionen Termine pro Jahr, was den Druck auf den gesamten NHS verringern würde.  



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Wie schön

von Stefan Haydn am 08.08.2019 um 14:04 Uhr

dass es noch Leute gibt, die vernünftiges Sparen praktizieren, auch wenn einen der Brexit manchmal zweifeln läßt.

Bei uns hätten die Ärzte da schon lauthals geschrien und alles abgebügelt.

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Budget

von Reinhard Rodiger am 08.08.2019 um 14:03 Uhr

Ich möchte nur anmerken, dass es sich nicht um zusätzliche Mittel handelt,sondern um "eingefrorene" Vergütung über 5 Jahre. Das liefert insofern Planungssicherheit, dass es nicht wie sonst weniger wird.Aber eben bei steigenden Aufgaben auch keine Steigerung.Es ist eine Umverteilung.Dafür gibt es offizielle Integration in das Gesundheitssystem und keine stetige Ertragsdrainage.Beides ist hier nicht vorgesehen.

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass pro Bearbeitung von Engpassprodukten ein Zuschlag von 5,35 pro Produkt gewährt wird .Ein Schritt, der hier völlig fehlt.

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